- AKW-Laufzeitverlängerung
- Grundsatzrede zum Lage der Europäischen Union
- Roma Abschiebung
- Faire Einkommen für Landwirte
- Neue Tierversuchsrichtlinie: Mehrheit des EP hat kein Herz für Tiere
- ACTA
- Finanztransaktionssteuer
- Demo: Atomkraft - Schluß jetzt!
- "Republik Freies Wendland – Reaktiviert“
- Rebecca im Porträt
- Termine
Liebe Freunde,
nach den Betriebsferien im August hat das Europäische Parlament nun seine Arbeit wieder aufgenommen. Im September finden zwei Plenarsitzungswochen in Straßburg statt.
In der vergangenen Woche schlugen gleich die emotionalen Wellen hoch. Zum ersten Mal stand eine Debatte zum "State of the Union", zur Lage der Europäischen Union, auf der Tagesordnung. Kommissionspräsident José Manuel Barroso machte seinem Ruf, einer der langweiligsten Redner zu sein, alle Ehre. Statt die Entwicklungen des Sommers, die innereuropäischen Spannungen wegen der Eurokrise, die wachsenden Zweifel der Bürgerinnen und Bürger an der EU zum Thema zu machen, referierte er erneut zum Arbeitsprogramm und der Strategie 2020. Jede Reflektion seiner Arbeit, jede Analyse ist ihm fremd. Die Weltklimakonferenz in Cancun kam in seiner Rede nicht vor. Die Kritik an Sarkozys harten Aktionen gegen die Roma in Frankreich blieb anonym. Und die Erwähnung des EU- Haushaltes und eigener Einnahmen war zwar richtig, aber angesichts der politischen schwäche des Redners wenig überzeugend. Diese erste Debatte zum "State of the Union" hat eines gezeigt: das Parlament ist unter den Brüsseler Institutionen die treibende Kraft der gemeinsamen Politik. (Link zum Press Briefing vom 07.09.10)
Ansonsten hat die Woche Erfolge und auch eine wirklich schmerzhafte Niederlage gebracht. Der Bericht zu gerechten Einnahmen für Landwirte in der EU von José Bové ging so gut wie einstimmig durch. Eine gute Basis für die Grünen in der Auseinandersetzung um die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik. Die Regulierung der Finanzmärkte und die Rolle der Aufsicht ist auch durch die Arbeit von Sven Giegold in einem Kompromiss ein gutes Stück weiter gekommen. Keiner der Fraktionsvorsitzenden war mit Sarkozys aggressiver Abschiebung der Roma aus Frankreich einverstanden. In einer Resolution zur Lage der Roma und zur Freizügigkeit in der Europäischen Union hat am Ende eine breite Mehrheit gegen rechte und konservative französische Politik ausdrücklich scharfe Kritik an der Regierung Sarkozy geübt.
Verloren haben wir in der Entscheidung zur Richtlinie zum „Schutz von Versuchstieren zu wissenschaftlichen Zwecken“, der Tierversuchsrichtlinie. Wir haben bis zuletzt versucht, die Abstimmung zu verhindern. Leider war es der Berichterstatterin Elisabeth Jeggle (EVP) geglückt, die negativen Folgen ihrer Linie zu verschleiern. Dank dieser Richtlinie wird es in Zukunft mehr Tierversuche und auch mehr Forschung mit Primaten geben. Und den Mitgliedstaaten soll es nicht möglich sein, eigene bessere Bestimmungen zu erlassen. Dagegen müssen wir erneut angehen.
Viel Interesse fand am Rande die deutsche Entscheidung, den Atomausstieg aufzugeben. Eines fanden alle unsere europäischen Atomgegner interessant: dass in Deutschland niemand wagt, den Neubau eines Atomkraftwerkes anzugehen. Und die Laufzeitverlängerung ist noch längst nicht durch. Ich hoffe auf massenhaften Protest am Sonnabend in Berlin und im Herbst in meiner wendländischen Heimat.
Nucleaire non merci!
Rebecca
PS: Die Diskussion um die Debattenkultur des Europäischen Parlamentes, die letzte Woche Schlagzeilen gemacht hat, ist nicht vorbei. Der Parlamentspräsident arbeitet mit einer Gruppe von Abgeordneten an einem Vorschlag. Im Vorfeld der Rede zum „State of the Union“ hatte es intern und öffentlich Streit um die Anwesenheit der Abgeordneten bei Debatten im EP gegeben. Der führte dann zu einer guten Präsenz. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Ein Parlament, das mehr Sichtbarkeit will und braucht, muss sich eben auch mal vollständig versammeln.
Anders als tausendfach angekündigt sind die Laufzeitverlängerungen nicht Teil eines umfassenden Energiekonzepts. Die Energiestrategie für Deutschland wird also um die Entscheidung, der Atomkraft eine längere Zukunft zu geben, herum gestrickt werden.
Dieser Entscheidung liegen keine nachvollziehbaren Überlegungen zu Grunde, wie man Deutschland schnellstmöglich mit sauberer und sicherer Energie versorgen kann. Die Jahreszahlen zur Verlängerung der Laufzeiten sind willkürlich gegriffen. Eine notwendige Analyse der Sicherheit der Anlagen als Basis für eine solche Entscheidung fehlt. Ignoriert wird auch, dass die Endlagerfrage ungelöst ist und der Entsorgungsvorsorgenachweis, der Grundlage für den Betrieb deutscher AKWs ist, nicht erbracht werden kann. Mit der Entscheidung, an Gorleben und der Endlagerung in Salz trotz des Desasters in der Asse festzuhalten, verweigert die Bundesregierung endlich verantwortlich mit der Vorsorge umzugehen.
2. Grundsatzrede zum Lage der Europäischen Union
Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union hielt der Kommissionspräsident eine Rede zum "State of the Union" vor dem Europäischen Parlament. In seiner Rede über die Lage der Europäischen Union und die Herausforderungen der kommenden zwölf Monate bewies José Manuel Barroso nicht den Mut drängende Themen anzusprechen. Im Anschluss fand eine Debatte statt, in der die einzelnen Fraktionen des Parlaments zu Wort kamen.
Das Europäische Parlament hat am 09. September 2010 ein starkes Signal gegen die Aufweichung von Minderheitenrechten in Europa und gegen populistische Ausgrenzungspolitiken gegeben. Wir begrüßen, dass der Versuch der EVP, Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy ungeschoren zu lassen, gescheitert ist. Eine klare Mehrheit der Europaabgeordneten sagte deutlich: Wir schützen Minderheiten, aber nicht Sarkozy.
4. Faire Einkommen für Landwirte
Faire Einkommen für Landwirte und dringende Maßnahmen gegen Konzentrationsprozesse in der Nahrungsmittelkette hat das Europäische Parlament am 07.09.2010 gefordert. Der Bericht des grünen Berichterstatters José Bové (Frankreich) fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Bekämpfung der Marktverzerrungen und des Missbrauchs von marktbeherrschenden Stellungen in der Nahrungsmittelkette zu ergreifen. Damit sollen gerechtere Einkommen für die Landwirte und faire Preise für die Verbraucher erreicht werden.
5. Tierversuchsrichtlinie: Mehrheit des EP hat kein Herz für Tiere
In zweiter Lesung befasste sich das Europäische Parlament mit dem Kompromissvorschlag zur Neufassung der Richtlinie über den Schutz von Versuchstieren (Richtlinie 86/609/EEC). Marginale Verbesserungen des Tierschutzes, wie eine regelmäßige Kontrolle der Einrichtungen oder eine Klassifizierung von Experimenten mit einer (theoretischen) oberen Schmerzgrenze, konnten bereits in den Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament erreicht werden. Dennoch bleibt der Kompromissvorschlag in Sachen Tierschutz insgesamt sogar hinter dem ersten Vorschlag der Kommission von 2008 zurück. Denn Tierversuche können weiterhin nahezu ungebremst durchgeführt werden und national strengere Regeln, wie sie im ersten Vorschlag vorgesehen waren, sind sogar verboten.
Ein trauriger Tag für die Versuchstiere, die weiter leiden müssen - obwohl es alternative Testmethoden gibt. Da ihre Zulassung durch die neue Richtlinie nicht erleichtert wird, hat die Industrie auch wenig Anreiz nach neuen tierversuchsfreien Testmethoden zu forschen. Wir Grünen haben alles versucht um diese Richtlinie scheitern zu lassen: im Ausschuss gekämpft, Änderungsanträge eingebracht und zuletzt noch versucht die Richtlinie zur Überarbeitung zurück in den Agrarausschuss zu schicken. Als dies nicht gelang, haben wir gegen den Bericht gestimmt. Leider konnten wir trotzdem nicht verhindern, dass die Mehrheit der Abgeordneten mehr Herz für die Industrie als für Tiere zeigte und der Richtlinie zugestimmt hat.
Die EU-Kommission hat einen Bericht über den Verhandlungsstand zum Anti-Produktpiraterie-Abkommen ACTA abgeliefert. Darin zeigt sich, dass der Protest des Europäischen Parlaments und die Hartnäckigkeit der Grünen erste Wirkung zeigt, z. B. bei Sanktionsmaßnahmen und Strafrechtsbestimmungen. Besonders kritikwürdig bleiben das umstrittene Internetkapitel und die immer noch fehlenden Bestimmungen zum Schutz von VerbraucherInnen- und Menschenrechten. Auch die Verhandlungen selbst geben Anlaß zur Kritik - sie bleiben intransparent und werden nicht von einer parlamentarischen und öffentlichen Debatte begleitet. Die Mehrheit der ParlamentarierInnen nahm eine schriftliche Erklärung an, die die Kritik an ACTA nochmals unterstreicht.
Auf dem ECOFIN am 07. September 2010 ist es vor allem wegen des Widerstands des englischen Finanzministers Osborne nicht zu einer gemeinsamen Initiative für eine europäische Finanztransaktionssteuer gekommen. In der Eurogruppe muss wegen der Dringlichkeit nach Alternativwegen gesucht werden. Um aus der Krise zu kommen, ist eine europäische Finanztransaktionssteuer notwendig. Sie kann große Summen neuer Einnahmen generieren. Außerdem sorgt sie dafür, dass die Finanzindustrie einen angemessenen Anteil an den Kosten der Krise trägt.
8. Demo: Atomkraft - Schluss jetzt!
Am 18. September 2010 findet ab 13 Uhr die Großdemo "Atomkraft: Schluss jetzt!" mit Umzingelung des Regierungsviertels in Berlin statt. Mehr Infos und eine Busbörse finden sich unter http://www.gruene.de/themen/atomkraft-schluss-jetzt.html. Kommt alle!
9. "Republik Freies Wendland – Reaktiviert“
Mitten auf dem Ballhofplatz in Hannover bauen die Künstler vom Schauspiel Hannover ein Hüttendorf auf und werden neun Tage dort leben, streiten, tanzen, spielen, klettern, clownen, pflanzen und kochen. Jeden Abend gibt's Programm, am Sonntag, dem 19. September 2010, wird Rebecca um 20 Uhr an einem Zeitzeugengespräch zum Gorlebenwiderstand unter dem Motto: "Jeden Tag `ne gute Tat, wir scheissen auf den Sprecherrat - Geschichten aus dem Wendland von den Erzählenden selbst erlebt und selbst erzählt!" teilnehmen.
Im August erschienen zwei lesenswerte Porträts über Rebecca. Die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung titelte: "Auf einmal blubbert's wieder" und die European Voice bezeichnete Rebecca als "Grown- up anarchist".
17.- 26. September: "Republik Freies Wendland – Reaktiviert“. Hannover
18. September: Demo: "Atomkraft: Schluss jetzt!"
19. September: Zeitzeugengespräch zum Gorlebenwiderstand. Motto: Jeden Tag `ne gute Tat, wir scheissen auf den Sprecherrat - Geschichten aus dem Wendland von den Erzählenden selbst erlebt und selbst erzählt! Hannover
23. September: Grün geschaut - europäische gedacht: Gegen die Massentierhaltung und Massenschlachtung! Rothkötter stoppen!
Celle
24. September: 50 Jahre St. Petri-Kirchengemeinde in Uelzen. Uelzen
29. September: Verleihung des Petra-Kelly-Preises. Berlin
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