- Elektroschrott
- Ölkatastrophe am Golf von Mexiko
- Gemeinsame EU-Wirtschaftspolitik
- Resolution zu dem israelischen Militäreinsatz gegen den humanitären Schiffsverband und der Blockade des Gaza-Streifens
- Rotes Licht für Ampelkennzeichnung
- Agro-Treibstoffe
- Unterstützung für Joachim Gauck
- Termine
Liebe Freundinnen und Freunde,
nach einer Plenarsitzungswoche und unmittelbar nach dem Europäischen Gipfel ist es nicht ganz leicht zu bilanzieren, wie weit wir Europäer geeint und gut abgestimmt gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise und die Schuldenprobleme etlicher Mitgliedstaaten vorgehen werden. Für das Plenum in Straßburg hatten sich die Fraktionen der Europäischen Volkspartei, der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Grünen auf zwei gemeinsame Resolutionen verständigt, die Vorschläge zur wirtschaftspolitischen Steuerung und zur Strategie EU 2020 enthalten.
So breit getragene Anträge sind natürlich Kompromisse. Wesentlich war für uns, dass mit diesen Anträgen ein größtmöglicher Druck für mehr gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik verbunden wurde. In einer gemeinsamen Pressekonferenz der vier Fraktionsvorsitzenden - einmalig in der Geschichte des Europäischen Parlaments - wurde der unbedingte Wille der großen Mehrheit des Europäischen Parlamentes betont, die "Methode Communautaire", die Gemeinschaftsmethode, zu stärken. Aus der Krise führt nur mehr gemeinsame Politik und nicht mehr zwischenstaatliches oder konkurrierendes Handeln. Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, hatte uns darin bestärkt, dass in den bestehenden Strukturen und auf der Grundlage der gültigen Verträge viel mehr "europäische Wirtschaftsregierung" möglich ist als die Staats- und Regierungschefs bereit sind zuzulassen. Handlungsfähigkeit und demokratische Legitimation lassen sich gewährleisten. Es braucht keine neuen Institutionen und auch keine extra task force des Europäischen Rates um den neuen Ratspräsidenten Herman van Rompuy. Der Ecofin (der Rat der Europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister) müsste häufiger tagen.
Die Vorlagen für die Gestaltung neuer gemeinsamer Regeln oder Instrumente zur Durchsetzung auch der weitgehend unverbindlichen Ziele von EU 2020 müssten von der Europäischen Kommission gemacht werden. Das Europäische Parlament müsste vor Entscheidungen von der EU-Kommission und die nationalen Parlamente von der Ministern des Ecofin konsultiert werden. Die Eurogruppe, deren Mitgliedstaaten ja schon durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt tiefer integriert sind, kann und muss eine konstruktive Vorreiterrolle für die Integration der Wirtschaftspolitiken spielen. Aber auch hier gilt: die demokratische Legitimation und Transparenz müssen ein echtes Anliegen werden. Die weitere politische Integration der EU wird scheitern, wenn sie nur in den Dunkelkammern Brüssels gesucht wird. Herman van Rompuy – der erste nicht rotierende Ratspräsident der EU - hat sich mit der Einsetzung seiner task force und seinem bisherigen agieren gegen Transparenz und gegen echte Zusammenarbeit mit dem EP als Mann des Rates gezeigt.
Immer peinlicher und schädlicher wird das deutsch-französische Europa-Theater mit Angela Merkel und Nicolas Sarkozy in den tragenden Rollen. Gemeinsam haben die beiden zur Zeit, dass sie auf dem absteigenden Ast sitzen. Und dass ihre Treffen zu Europa am Ende nur entscheiden, wer von beiden seine Nase ein Stück weiter vorn hat. Das führt dann zu solch absonderlichen Ergebnissen wie in der letzten Woche. Erst wird ihr tête á tête abgesagt. Dann findet es doch statt. Dann einigt man sich: Die Wirtschaftsregierung ist eine gute Idee, wird gebraucht und soll beschlossen werden. Schon am nächsten Tag beim Gipfel, ist der gemeinsame Auftritt vergessen. Man weiß nicht mehr, worüber man sich einig war. So wächst nicht nur die Verunsicherung der Bürger. So erreicht man auch nicht die Stabilisierung des Euro, sondern konterkariert die eigenen Maßnahmen in der Krise.
Bemerkenswert schien vielen Journalisten die Einigung auf die Finanztransaktionssteuer und der Anlauf, sie in Toronto auf die Tagesordnung zu setzen. Man wird sehen, wie ernst es Merkel und Sarkozy damit ist. Er pflegt wohl doch eher seine Idee der Bankenabgabe. Und sie könnte mit dem Warten auf die Entscheidung im Rahmen der G 20 auch auf das Scheitern setzen. Zur Einführung der Finanztransaktionssteuer wäre der Weg über die Eurogruppe der beste. Eine solche Entscheidung würde mehr Druck auf den Rest der G 20 machen als der Beschluss des EU-Gipfels.
Was es sonst noch gab in Straßburg und Brüssel, findet sich wie immer im Anhang!
Grüße, Rebecca
P.S. Ein dominantes Thema in den Debatten und auf den Fluren Brüssels ist die Frage, ob die bisherige Strategie zum Abbau der Überschuldung der Mitgliedstaaten nicht zu einseitig auf das große Sparen konzentriert ist. Keine Frage: Kein Staat kann und soll über seine Verhältnisse leben. Griechenland muss seinen öffentlichen Haushalt vom Kopf auf die Füße stellen. Und trotzdem darf auch dort die Gerechtigkeit nicht vernachlässigt werden. Ob die Sanierung drei oder fünf Jahre dauert ist nicht wichtiger als dass am Ende ein funktionierender Staat steht, den die Griechen als "ihren" Staat sehen.
Sparen ja! Aber an der richtigen Stelle! Nicht nur in Deutschland muss es darum gehen, die "schädlichen" Subventionen zu kassieren. Allein der Widerspruch zwischen Klimazielen und der fortgesetzten Subventionierung der Kohle spricht Bände. Auch die Befürchtung, die EU könne in eine Deflation geraten, wird von Vielen diskutiert. Im EP dominiert die Einschätzung, dass Länder, die besser dastehen, auch ihre Binnennachfrage stärken sollten. Deutschland fällt ziemlich auf, weil es selbst im Aufschwung Niedriglohnpolitik betreibt.
Der Umweltausschuss des Europaparlaments hat am 22. Juni über die Neufassung der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte abgestimmt. Der Ausschuss hat sich klar für das ambitionierte und sinnvolle Ziel ausgesprochen 85% des tatsächlich anfallenden Elektroschrotts einzusammeln anstatt sich mit Abschätzungen theoretisch anfallenden Abfalls zu behelfen. So kann das gleiche Ziel für alle Mitgliedsstaaten gelten, auch wenn das Konsumniveau sich in den Ländern deutlich unterscheidet.
Pressemitteilung vom 22.06.10: Umweltausschuss für effektives Sammeln und umfassende Verwertung von Altgeräten
2. Ölkatastrophe am Golf von Mexiko
Auf einer Pressekonferenz im Europaparlament haben wir am 22. Juni davor gewarnt, dass eine Katastrophe, wie sie sich zurzeit im Golf von Mexiko abspielt, auch für die Nordsee nicht ausgeschlossen ist. Auch die europäische Gesetzgebung hat im Umgang mit den Risiken, die mit Ölbohrungen in der Nordsee verbunden sind, erhebliche Lücken. Wir forderten nicht zuletzt deshalb den Stopp weiterer Öl- und Gas-Explorationen in immer riskanteren Gebieten.
Die Fragestunde mit Kommissionspräsident Barroso am 15. Juni habe ich genutzt, um die Kommission dazu aufzurufen, vorsorgend die geplante Öl- und Gasförderung in der nördlichen Nordsee und in der Arktis zu verbieten. Außerdem wollte ich wissen, ob er tatsächlich glaubt, dass uns die Regelungen, die wir in der Europäischen Union für die Öl- und Gasförderung haben, vor der Wiederholung solcher Katastrophen schützen.
Pressemitteilung vom 22.06.2010: Grüne fordern Stopp für neue Ölbohrungen wegen Lücken in der EU-Gesetzgebung
Videos vom 15.06.2010:Fragestunde im EP: Ölkatastrophe Mexiko, Zweite Frage zur Ölkatastrophe
3. Gemeinsame EU- Wirtschaftspolitik
Während die EU-Staats- und Regierungschefs am 17. Juni lange über Stresstests für Banken diskutierten, haben sie dem Stress selber nicht standgehalten: Eine Strategie zur Verwirklichung einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik in der EU ist trotz der Ankündigungen von Merkel und Sarkozy in Berlin nicht erkennbar.
Pressemitteilung vom 17.06.2010: EU-Staats- und Regierungschefs versagen im Stresstest
Interview im ZDF Morgenmagazin am 17.06.2010: EU-Hilfskriterien im Dunkel
Pressemitteilung vom 16.06.2010: Europäische Wirtschaftsregierung durchsetzen
Video vom 16.06.2010: Plenarrede zur Vorbereitung des Europäischen Rates im Juni
Video vom 15.06.2010:gemeinsame Pressekonferenz von Joseph Daul, EPP-Vorsitzender, Martin Schulz, S&D-Vorsitzender, President and Guy Verhofstadt, ALDE-Vorsitzender und Rebecca Harms, Grüne/EFA-Vorsitzende
Pressemitteilung vom 07.06.201: Eine Europäische Wirtschaftsregierung ist die Voraussetzung für zukünftige deutsche Erfolge
4. Resolution zu dem israelischen Militäreinsatz gegen den humanitären Schiffsverband und der Blockade des Gaza-Streifens
Am 17. Juni hat das Europäisches Parlament eine Resolution zu dem israelischen Militäreinsatz gegen den humanitären Schiffsverband und der Blockade des Gaza-Streifens verabschiedet. Darin wird eine internationale und unparteiische Untersuchung des Angriffs auf die humanitäre Flotte, die Öffnung aller Grenzübergänge nach und aus Gaza und ein sofortiges Ende der Blockade von Gaza gefordert. Wir Parlamentarier haben uns in der Resolution zudem für eine Neugestaltung der Nahostpolitik der EU ausgesprochen.
Resolution vom 17.06.10: Israelische Militäroperation gegen die humanitäre Flotte und Blockade des Gaza-Streifens
Video vom 15.06.10: Presse-Briefing mit Rebecca Harms und Dany Cohn-Bendit
Pressemitteilung von Dany Cohn-Bendit, Hélène Flautre und Eva Joly (nur in französischer Sprache verfügbar) vom 16.06.10: Résolution du Parlement européen sur Gaza: L'Union européenne doit faire des propositions concrètes pour la levée du blocus
5. Rotes Licht für Ampelkennzeichnung
Das Europäische Parlament hat sich am 16. Juni für mehr Verbraucherschutz ausgesprochen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Chance für den großen Wurf wurde jedoch verpasst. Mit der Ablehnung der Ampelkennzeichnung1 hat sich das Parlament gegen leicht verständliche Verbraucherinformationen und für Industrieinteressen entschieden.
Dennoch bringt die neue Gesetzgebung einige Fortschritte für die Verbraucher: Die Hersteller müssen nun Angaben zu Energie-, Salz-, Zucker- und Fettgehalt sowie zu Süßstoffen auf der Vorderseite der Verpackung machen. Es ist auch ein großer Erfolg, dass die Herkunft von Fleisch, Fisch, Geflügel und Milchprodukten erstmals angegeben werden muss. Zukünftig wird es zudem eine Kennzeichnung von Transfetten, Appetitanregern und Nanofood geben.
1 Die Ampelkennzeichnung hätte zur Folge gehabt, dass auf der Vorderseite der Verpackung eines Produktes die Gehalte an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz einheitlich pro 100 Gramm bzw. 100 Milliliter hätten angegeben werden müssen. Diese Werte wären mit den Ampelfarben Rot (für einen hohen Gehalt), Gelb (mittel) und Grün (niedrig) hinterlegt worden. So hätten Verbraucher verschiedene Produkte einfach auf einen Blick miteinander vergleichen können.
Pressemitteilung vom 16.06.2010: Parlament gegen Ampelkennzeichnung für Lebensmittel
Interview mit radioeins vom 16.06.10: Die Kennzeichnung von Lebensmitteln
Video vom 15.06.10: Presse-Briefing mit Rebecca Harms und Dany Cohn-Bendit
Günther Oettingers Vorschlag für die Anwendung der Nachhaltigkeitskriterien für Agro-Treibstoffe ist alles andere als nachhaltig. Anstatt einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, wird die Agrarsprit-Politik des deutschen EU-Kommissars das Problem eher noch verschärfen.
Pressemitteilung vom 10.06.2010: Nachhaltigkeitskriterien werden zum Öko-Schwindel
7. Unterstützung für Joachim Gauck
Bündnis 90/Die Grünen haben gemeinsam mit der SPD eine Kampagnenwebsite für Joachim Gauck ins Leben gerufen, auf der jede/r sein/ihr Foto hochladen kann, um seine/ihre Unterstützung deutlich zu machen.
Der Anklang der Aktion ist groß: innerhalb von zwei Tagen haben sich bereits rund 850 UnterstützerInnen gefunden. Hier könnt Ihr mitmachen: http://www.mein-praesident.de/dein-gesicht-fuer-joachim-gauck/
Falls Ihr eine Website habt, könnt ihr auch einen Button, der für die Seite wirbt, zum Einbauen runterladen:
http://www.gruene.de/themen/downloads.html
01. Juli: BDEW Kongress 2010
02. Juli: Konferenz der deutschen Grünen Gruppe im Europäischen Parlament und der BAG Europa zum Thema "Wo steht Europa?" 3. Juli: BAG Europa. Rebecca spricht und diskutiert mit der BAG zum Thema „Die Grünen als Europapartei“