Liebe Freundinnen und Freunde,
bitte entschuldigt die Verspätung des Newsletters. Aber die Konferenz zum 1. Jahrestag von Fukushima, eine kurzfristig geplante Reise nach Athen, unser Versuch, die Reform der Fischereipolitik der EU zum besseren zu wenden und obendrein die Verhandlungen zu einem Endlagersuchgesetz haben mir zum ohnehin vollen Terminkalender einiges abverlangt. Aber nun hier der kurze Überblick über die Straßburger und Brüsseler Plenarsitzungen - gebündelt und aus meiner Sicht.
Die Debatte um Schulden- und Eurokrise geht weiter. Auch wenn der letzte Gipfel das Signal setzen sollte, dass das Schlimmste nun im Griff sei: Weder der Fiskalpakt noch die Ausstattung des ESM werden die Probleme, in denen wir stecken, lösen. Griechenland, nach dem freiwilligen Haircut und dem härtesten Schuldenabbau-Programm, das je ein EU-Land durchgeführt hat, krankt weiter. Zusammen mit meinem Kollegen Dany Cohn-Bendit und dem grünen EP-Abgeordneten Nikos Chrysogelos bin ich nach Athen gereist, um Ansätze für einen Aufbruch in Griechenland auszuloten. Die Politik lahmt auch wegen der "technischen" Regierung. Bis zu den Neuwahlen kann man nicht mit glaubhaften Impulsen rechnen. Umso erfreulicher war es, dass wir in einer von Nikos vorbereiteten Anhörung dutzende von Unternehmern aus allen Bereichen der Wirtschaft getroffen haben. Der Wunsch, jetzt Verantwortung zu übernehmen und etwas aufzubauen, war Ihnen anzumerken. Zum ersten Mal haben wir jenseits der Klagen über die EU und den IWF Vorschläge für die Belebung der Wirtschaft und einen Neuaufbau des öffentlichen Sektors gehört. Wir werden in Brüssel intensiv an grünen Ideen gegen die Rezession arbeiten. Das Solarprojekt Helios, das wenn überhaupt erst mittelfristig Erträge liefern wird und dessen Strom zudem nur für den Export Griechenlands bestimmt ist, gehört sicher nicht zu den Projekten, die Griechenlands Wirtschaft aus der Krise führen können.
Die Konferenz, die wir Anfang März anlässlich des 1. Jahrestages von Fukushima veranstaltet haben, war ein großer Erfolg. Das war auch der Verdienst der japanischen Delegation. Ich bin sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, unseren japanischen Freunden hier in Europa Gehör zu verschaffen. Wir werden weiter zusammenarbeiten. Aus Japan kam gerade die Meldung, dass sich der Bürgermeister von Kyoto strikt weigert, seine Zustimmung zum Wiederanfahren des AKW Oi zu geben. Die Ablehnung der Atomkraft durch Japaner liegt nach japanischen Meinungsumfragen derzeit bei 80%. Dass RWE und EON aus den atomaren Neubauplänen in Großbritannien ausgestiegen sind, das war nach der Meldung, dass die Bulgarische Regierung das AKW Belene aufgibt, das dickste Osterei für das gesamte Büro Harms.
Noch nicht glücklich bin ich über die Entwicklungen der Verhandlungen für das Endlagersuchgesetz. Der bisherige Entwurf aus dem Hause Röttgen zeigt in vielen Punkten (Auswahlverfahren, Öffentlichkeitsbeteiligung, Betroffenenrechte, Sachzwänge in Gorleben usw.), dass bisher im BMU nicht an einen fairen und ergebnisoffenen Neubeginn der Suche gearbeitet wird. Im Gegenteil: Gorleben ist Referenzstandort und ob und wann und wie viele andere Standorte welcher Geologie je tief erkundet werden, steht bisher noch in den Sternen über der Stuttgarter Staatskanzlei. Für mich ist aber klar, dass diejenigen, die Gorleben trotz aller Mängel auf der weißen Landkarte einzeichnen wollen, dafür sorgen müssen, dass es ein faires Verfahren gibt.
Der Kongress zur Fischerei in Hamburg war das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit zwischen unseren Fraktionen im EP, im Bundestag und in Hamburg. Es ist überfällig, dass wir als Grüne uns der systematischen Ausplünderung der Meere, der Vernichtung von Meeresumwelt und globalen Ressourcen widersetzen. Wenn diese ganze Vernichtung an Land stattfinden würde, wenn nicht Seepferdchen sondern Kaninchen betroffen wären, dann gäbe es Volksaufstände. Ich kann die Bücher meiner schwedischen Kollegin Isabella Lövin und auch immer wieder "Tiere essen" von Jonathan Safran Foer nur empfehlen. Weil Isabella eine so gute Meeresschützerin ist, werde ich jetzt auf Zeit als stellvertretendes Mitglied des Fischereiausschusses arbeiten. Die Reform der EU-Fischereipolitik ist für die nächsten zehn Jahre ein wichtiger Hebel, die zerstörerische Fischerei anzuhalten oder einzudämmen. Deutschland ist viel zu lange Helfershelfer für die großen spanischen Interessen gewesen. Aber die Ausplünderung der Meere stößt an Grenzen. Wenn es so weiter geht, dann wird für nächste Generationen kaum noch Fisch übrig bleiben.
Zu Ostern bekommen wir Wendländer Besuch von Atomkraftgegnern aus Frankreich und werden mit ihnen dann den Geburtstag von Marianne Fritzen angemessen feiern.
Frohe Ostern!
Rebecca
1. Grüne Delegationsreise nach Athen
Seit Beginn der Schuldenkrise haben die Grünen die einseitige Sparpolitik durch Mitte-Rechts-Regierungen in Europa kritisiert. Dass ein europäisches Investitionsprogramm ohne eine grundlegende Verwaltungsreform und den Mut zu Veränderungen in Griechenland aber auch wenig Sinn macht, dass bestätigte die Reise von Rebecca, Dany und Nikos Chrysogelos. In Athen sprachen sie Ende März mit mit NGO-Vertretern, Unternehmern, den griechischen Grünen und weiteren Politikern, sowie mit Premierminister Papademos, Außenminister Dimas und dem Gouverneur der Bank von Griechenland über Alternativen zum verordneten Sparkurs. Griechenland hat enormes Potential für Investitionen rund um erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die Chancen müssen nur richtig genutzt werden.
Grüne Troika in Athen (Bericht über die Delegationsreise auf der Greens/EFA Homepage)
Helios wäre der dritte Schritt vor dem ersten - Griechenland braucht angepassten Einstieg ins Solarzeitalter (Pressemitteilung vom 03.04.2012)
Die Schuldenkrise ist mit der Aufstockung des Rettungsschirms, der Einigung auf das zweite Hilfspaket für Griechenland und der Unterzeichnung des Fiskalpakts noch lange nicht überstanden. Zu gemeinsamen Wachstumsstrategien produzierte der Frühjahrsgipfel nur Sprechblasen. Was wir brauchen, sind konkrete Vorschläge zur Stabilisierung und Wiederbelebung der Wirtschaften in den Krisenländern.
Aufstockung des Rettungsschirms richtig, aber wie immer: zu wenig, zu spät (Pressemitteilung vom 30.03.2012) Ratlosigkeit angesichts von Rezession - "Wachstumsstrategien" nichts als Sprechblasen (Pressemitteilung vom 02.03.12) Rebecca Harms zu den Ergebnissen des EU-Frühjahrsgipfels (Video vom 01.03.12) Auch neues Hilfspaket löst alte Probleme nicht (Pressemitteilung vom 21.03.12)Etwas mehr als ein Jahr nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat die bulgarische Regierung das Atomneubauprojekt in der bulgarischen Erdbebenregion von Belene für gestorben erklärt. Das ist ein großer Erfolg für die Anti-Atom-Bewegung, die seit 25 Jahren gegen dieses Projekt gekämpft hat. Auch EoN und RWE verkündeten, dass sie ihre Pläne zum Bau von Atomkraftwerken in Großbritannien aufgeben.
Atomfans proben den Ausstieg (Pressemitteilung vom 29.03.2012)
Das Europäische Parlament hat den Bericht über den Kommissionsvorschlag zum Klima-Fahrplan bis 2050 verabschiedet. Die Abstimmung hat gezeigt, dass eine Mehrheit aus konservativen und liberalen Europaabgeordneten in Sachen Klimawandel den Sinn für Dringlichkeit verloren hat. Sie sind scheinbar nicht bereit, konkrete Maßnahmen für die Bekämpfung des Klimawandels mitzutragen. Dadurch wird das Ziel, die CO2-Emmissionen bis 2020 um 20% zu senken mutwillig verspielt.
Mehr Einsatz für Atomkraft als für konsequenten Klimaschutz (Pressemitteilung vom 15.03.12) Press Briefing vom 13.03.12 (Video vom 13.03.12)Wir Grünen fordern schon seit langem eine Überprüfung von ACTA durch den Europäischen Gerichtshof. Bisher hielt die Kommission diesen Schritt nicht für notwendig. Dass sie nun plötzlich umschwenkt, weckt Zweifel an den wahren Motiven, sowohl was den Zeitpunkt als auch das Verfahren betrifft. Wir fordern daher Kommissionspräsident Barroso auf, die Haltung der Kommission klarzustellen.
Cohn-Bendit und Harms an Barroso: Zweifel am Timing der Anrufung des EuGH (Pressemitteilung vom 29.02.12) Rebecca Harms in EuroparlTV über ACTA (Video vom 01.03.12) „Say No to ACTA“-Aktion der Grüne/EFA Fraktion vom 14.2.2012 in StraßburgACTA zu Fall bringen! (Beschluss des grünen Bundesvorstands vom 6.2.2012)
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Die EU-Kommission hat gegenüber der ungarischen Regierung Rückgrat gezeigt. Mit der Entscheidung, die Vertragsverletzungsverfahren wegen Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz und der Datenschutzbehörde fortzusetzen, verteidigt sie die europäischen Grundwerte, wie es ihrer Rolle als Hüterin der Verträge entspricht.
Grüne begrüßen Entscheidung der EU-Kommission zu Vertragsverletzungsverfahren (Pressemitteilung vom 07.03.12) ^Ein glaubwürdiger Neuanfang in der Endlagersuche sieht anders aus. Der Vorschlag des AK-End für ein Auswahlverfahren wird von denen, die für Norbert Röttgen das Gesetz schreiben, weitgehend ignoriert und damit fallen international anerkannte Ansätze für eine kriterienbasierte Auswahl unter den Tisch.
Endlagersuchgesetz hält nicht, was Norbert Röttgen verspricht (Pressemitteilung vom 01.03.12) Neues Bundesinstitut vereint viel Macht mit wenig demokratischer Kontrolle (Pressemitteilung vom 23.03.12)Unter dem Motto „Was tun, wenn der Fisch knapp wird?“ diskutierten Grüne aus Hamburg, Berlin und Brüssel am 24. März mit Experten über die bevorstehende Fischereireform der EU. Die Referenten machten deutlich, dass eine gemeinsame Fischereipolitik, die ökologisch ausgewogen, bestandserhaltend und zukunftsfähig sein soll, nicht länger nur auf möglichst viel und möglichst günstigen Fisch für Europa zielen darf. Sie appellierten an Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, sich in den Reformverhandlungen für den Schutz der Meere und der Fischbestände stark machen, statt weiterhin zu hohe Fangquoten mitzutragen.
Überfischung an der Einkaufstheke stoppen (Gemeinsame Pressemitteilung vom 25.03.2012)
Planschen im Plastik-Meer (Taz-Hamburg Artikel vom 25.03.2012)
Was tun, wenn der Fisch knapp wird (Dokumentation der Konferenz)
Am 11. März jährte sich die dreifache Katastrophe von Fukushima zum ersten Mal. Anlässlich dieses Jahrestages versammelten sich auf Einladung der Grünen im Europäischen Parlament zahlreiche Atomkraftgegner, um mit Expertinnen und Experten und Bürgerinnen und Bürgern aus Japan über die Folgen und die heutige Lage zu beraten.
Konferenz Fukushima - Ein Jahr nach 03/11 (Video der Konferenz vom 08.03.12) One year after 3/11 (Dokumentation der Konferenz) Rede zum Fukushima-Jahrestag (Video vom 13.03.12) Gastbeitrag von Rebecca Harms zum Jahrestag der Fukushima-Katastrophe Atomkraft ein Jahr nach Fukushima - Rebecca Harms im EuroparlTV-Interview (Video vom 08.03.12) DOSSIER: Fukushima+1 Nach Hilferuf aus Japan: Grüne fordern internationale Hilfe für Fukushima (Pressemitteilung vom 09.03.12)
23. April: Lunch Event "Tims Fish Fight - Kampagne", Berlin
28. April: Grüner Länderrat 2012, Lübeck
11. Mai: EGP Council in Copenhagen
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