Liebe Freundinnen und Freunde,
die Proteste in der Ukraine eskalieren, es gibt Tote und Verletzte. Der Präsident hat Notstandsgesetze durch das Parlament gewunken während die meisten Parlamentarier nicht anwesend waren. Seither dürfen Richter und ihre Familienangehörigen Waffen tragen, Versammlungen sind verboten, Beamtenbeleidigung kann mit Gefängnis geahndet werden. Mein Freund Juri Andruchowytsch, Schriftsteller aus der Ukraine, beschreibt die Situation folgendermaßen: "In der Ukraine sind Verbrechen gegen Menschlichkeit im vollen Gange, für die die heutige Macht verantwortlich ist. Wenn es in dieser Situation auch wirklich Extremisten gibt, so ist das die Spitze des Staates." (Brief von Juri Andruchowytsch zur Situation in der Ukraine) Zur verwirrenden Lage empfehle ich auch diese Fotoreportage.
Die EU steht mit dem Assoziierungsabkommen für alle Hoffnungen von immer mehr Menschen in der Ukraine. Die Menschen kämpfen gegen Korruption und Willkür, und für Demokratie, Freiheit und eine unabhängige Justiz. Wir müssen uns klarmachen: Wir stehen für die Hoffnung derjenigen, die jetzt in der Ukraine streiken und bei Protesten ihr Leben riskieren. Selbstverständlich sind wir parteiisch. Die EU muss mit allen Mitteln darauf drängen, dass die Gewalt beendet wird, dass das Gesetzespaket der Regierung zurückgenommen wird und am Verhandlungstisch ernsthaft Konsequenzen beraten werden. Die Folgen anhaltender europäischer Sprachlosigkeit wären fatal.
Ich fliege heute Woche wieder nach Kiew, um am Dienstag an den politischen Gesprächen der offiziellen Delegation des Europäischen Parlaments teilzunehmen. Letzte Nachrichten zeigen, dass Viktor Janukowitsch jetzt auch im eigenen Lager an Zustimmung verliert. Dank des Mutes der Euromaidanbewegung.
Der Streit in der EU-Kommission über die Zukunft der europäischen Klimapolitik zog sich lange hin und war heftig. Das Ergebnis des wochenlangen Tauziehens um die Klimaziele der EU für 2030 ist die Abkehr von systematischer Klimaschutzpolitik und die Rückkehr zu Kohle und Atom. Nach den Plänen der Kommission soll der CO2 -Ausstoß bis 2030 um 40% gegenüber 1990 verringert werden. Wenn man die überschüssigen Zertifikate mit einberechnet, die sich im Emissionshandelssystem befinden, sinkt das Minderungsziel auf etwa 33%. Um den Klimawandel auf 2 Grad Celsius zu begrenzen ist dagegen eine Reduktion von über 50% bis 2040 nötig. Auch die Vorgabe für die Erneuerbaren fällt enttäuschend aus. Sie sollen 2030 mindestens 27% der Gesamtenergieerzeugung ausmachen - doch nur im EU-Durchschnitt, nicht in jedem einzelnen Mitgliedsstaat. Damit erhalten Großbritannien und Polen, die auf Kernkraft bzw. Kohle setzen, viel Spielraum. Auf eine Vorgabe für Energieeffizienz hat die Kommission in ihrem Vorschlag für 2030 gleich ganz verzichtet.
Über die Energie- und Klimaziele entscheiden letztendlich die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel im März. Ich hoffe, dass sich bis dahin die Große Koalition in Berlin soweit gefunden hat, dass sie in Sachen Klimaschutz wieder mit einer Stimme spricht und auch die Diskussion um steigende Strompreise von der Zieldiskussion entkoppelt hat. Wir im Europäischen Parlament werden jedenfalls gegenhalten!
Und zum Schluss liebe Leute, wieder der Hinweis an alle, die noch nicht bei der Green Primary mitgemacht haben: JETZT für mich abstimmen! Und weitersagen! Bis zum 28. Januar 18:00 MEZ kann jeder ab 16 mitmachen - nicht nur Grüne! Da es manchmal bei der Technik hakt, haben wir eine Anleitung verfasst.
Eure Rebecca.
1. Eskalation in der Ukraine
Das Parlament in Kiew hat Gesetze verabschiedet, die Nichtregierungsorganisationen als „ausländische Agenten“ pauschalisieren, sie dürfen zum Beispiel keine Finanzierung aus dem Ausland mehr annehmen. Auch friedliche Proteste werden erschwert. Zeitgleich nehmen die Auseinandersetzungen an Gewalt zu, die Angst vor einem Bürgerkrieg wächst. Die EU muss darauf drängen, dass die Gewalt beendet wird und die von Präsident Janukowitsch angekündigten Gespräche mit der Opposition moderieren.
"Eskalation geht systematisch von Regierung aus" (DLF-Interview mit Rebecca Harms vom 23.01.2014) „Europa muss jetzt vermitteln“ (Interview mit Rebecca Harms in der Berliner Zeitung, 24.01.2014)
"Janukowitsch hat die Ausschreitungen gewollt" (Interview mit Rebecca Harms auf stern.de, 22.01.2014)
2. Energie- und Klimaziele für 2030
Die EU-Kommission stellte am Mittwoch ihre Vorschläge für die EU-Klima- und Energiepolitik für 2030 vor. Die anvisierten Ziele werden die Entwicklung der Erneuerbaren zum Erliegen bringen und bleiben weit hinter dem zurück, was für den Klimaschutz notwendig ist. Insbesondere wenn man die überschüssigen Zertifikate mit einberechnet, die sich im Emissionshandelssystem befinden, sinkt das Minderungsziel auf etwa 33%. Die letzte Entscheidung über die Energie- und Klimaziele liegt aber nicht bei der Kommission, sondern bei den Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel im März. Zusammen mit den zehn EU-Mitgliedstaaten, die Ziele im Bereich der Erneuerbaren Energien fordern, werden wir gegenhalten.
Das Grünbuch zu den 2013 Zielen
„Es gibt keine Energiewende“ (taz.de vom 22.01.2013)
„EU-Kommission erntet viel Kritik für Klimapläne“ (FAZ.de vom 22.01.2014)
3. Schiefergasförderung (Fracking)
Die EU-Kommission legte ebenfalls am Mittwoch (unverbindliche) Empfehlungen zur Förderung unkonventioneller fossiler Ressourcen, wie Schiefergas, vor. Angesichts der längst vorliegenden Erkenntnisse zu den Umwelt- und Gesundheitsrisiken und des wachsenden Widerstands in der Bevölkerung sollte Fracking in der EU unserer Ansicht nach grundsätzlich verboten werden. Die Gefahr der Belastung des Grundwassers durch die Anwendung giftiger Chemikalien ist mittlerweile gut dokumentiert. Dass die Kommission nun die Hände in den Schoß legt und gar keine verbindlichen Vorgaben macht ist eine Pflichtverletzung mit möglicherweise katastrophalen Folgen.
Barroso - Frack off! (Green Corner Interview mit Rebecca Harms)
„Brüssel will Treibhausgase um 40 Prozent senken“ (Handelsblatt.de vom 22.01.2014)
4. CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS)
Die Grüne/EFA Fraktion konnte vergangene Woche einem umstrittenen Initiativbericht zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) des britischen Liberalen Chris Davies nicht zustimmen. In dem Bericht werden unter anderem Ausbauziele für CCS für 2030 gefordert und behauptet, dass die Bevölkerung hinter dieser Technologie stünde. Unsere Fraktion hatte verschiedene Änderungsanträge eingebracht, die jedoch keine Mehrheit fanden.
Der verabschiedete Davies-Bericht
„Das Kartell der Klimaretter“ (taz.de vom 14.01.2014)
5. Personenfreizügigkeit in der EU
Seit dem 1. Januar 2014 gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU auch für Rumänien und Bulgarien. Das Europäische Parlament nahm vergangene Woche eine Resolution an, in der sich die Mehrheit der Abgeordneten noch einmal klar für dieses Grundrecht der EU-Bürger ausgesprochen hat. Die Grünen begrüßen die Entschließung, da sie gegen eine Zweiklassengesellschaft in der EU sind, die Bürgern aus unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Rechte gewährt. Deutschland hat bislang sehr profitiert von osteuropäischen Arbeitern, die oft illegal auf dem Bau oder in der Pflege gearbeitet haben. Durch die Freizügigkeit können diese Arbeitsverhältnisse jetzt legalisiert werden, was allen, die in Deutschland arbeiten, eine Garantie auf soziale Sicherheit verschafft.
Arbeitnehmerfreizügigkeit - Recht für alle (Green Corner Interview mit Rebecca Harms)
Plenarrede von Rebecca Harms
EU-Parlament will Freizügigkeit schützen (DW-Artikel vom 15.01.2014)
6. Plastikmüll
Das Europäische Parlament hat vergangene Woche einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan: In einem Initiativbericht forderten die EU-Abgeordneten die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, der Flut von Plastikmüll endlich ein Ende zu bereiten. Unter anderem sprachen sich die Abgeordneten für eine radikale Minderung des Verbrauchs von Einwegplastiktüten sowie die Beendigung der Nutzung von sogenanntem oxo-biologisch abbaubarem Plastik und von gefährlichen Plastikmaterialien und Zusatzstoffen in der EU aus.
7. CO2-Emissionen leichter Nutzfahrzeuge
Wir haben erneut eine Chance verpasst dafür zu sorgen, dass Vans in Zukunft sauberer und effizienter werden. In der Einigung mit dem Rat, über die das Plenum des Europaparlaments vergangene Woche abstimmte, wird der wenig ehrgeizige Grenzwert von 2011 bestätigt und nicht entsprechend der tatsächlichen Lage angeschärft. Es wurde zudem versäumt, längerfristige Ziele über 2020 hinaus festzulegen. Außerdem können Superkredite für Fahrzeuge mit geringem Schadstoffausstoß die ohnehin schon nicht sehr ehrgeizigen Grenzwerte weiter schwächen.
Lieferwagen werden etwas umweltfreundlicher (DNR EU-Koordination, 16.01.2014)
8. Keine Castoren mehr nach Gorleben!
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat ein Kurzgutachten vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass das novellierte Atomgesetz eine Lücke enthält: Die Einlagerung der nächsten La Hague-Transporte in Gorleben ist für fünf Castoren nicht auszuschließen. Das steht im Widerspruch zu dem politischen Bekenntnis, dass keine weiteren Transporte nach Gorleben gehen sollen. Deshalb muss das Atomgesetz schleunigst nachgebessert werden. Dabei geht es nicht zuletzt auch um einen Vertrauensbeweis. Denn die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Neuanfangs der Endlagersuche wachsen.
„Schlupfloch für Castoren“ (taz.de vom 16.01.2014)
9. Endspurt Green Primary
Jetzt gilt's: Nur noch bis zum 28. Januar, 18:00 MEZ könnt Ihr mich zur Spitzenkandidatin der europäischen Grünen machen. JEDER ab 16 kann mitmachen – nicht nur Grüne. Also: ABSTIMMEN und WEITERSAGEN! Manchmal hakt es bei der Technik, deshalb haben wir eine Anleitung verfasst.
WAHLANLEITUNG zur Green Primary
10. Termine
29. Januar: Green Primary Ergebnis Bekanntgabe, Brüssel.
14. Februar: Kongress "Erneuerbare Energie bewegt", St Virgil, Salzburg.
20. Februar: Körber-Forum "Europe@Debate: Wie viel Protest braucht Europa?" Brüssel.
21/22. Februar: EGP Council in Brüssel mit Vorstellung des Wahlprogramms. Brüssel.