Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#newsletter    24 | 11 | 2016

Newsletter November II 2016

Es ist höchste Zeit, dass wir uns mit dem „Krieg um Informationen“ beschäftigen. In einem in Straßburg verabschiedeten Initiativbericht benennt das Europäische Parlament Propaganda und Desinformation als strategische Herausforderung für Frieden und Stabilität in der EU. In Straßburg haben wir auch mit großer Mehrheit eine Resolution verabschiedet, die das Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vorsieht. Trotzdem sollten wir nicht aufhören, den Dialog und die Verständigung mit der Türkei zu suchen. Am letzten Tag der Plenarwoche gab Martin Schulz seinen Abschied von uns und seinen Einstieg in die Bundespolitik bekannt.  Ich erwarte, dass er mit uns und anderen die Europäische Orientierung Deutschlands stärken wird.
  1. Türkei
  2. Fotyga-Bericht
  3. Ungarn/Paks II
  4. #FreeInterrail
  5. Ukraine-Reise
  6. Termine

Liebe Freundinnen und Freunde,

das Europäische Parlament hat sich zur Notwendigkeit bekannt, die Verantwortlichen des Putsches in der Türkei nach rechtsstaatlichen Verfahren zur Verantwortung zu ziehen. Für uns ist jedoch nicht zumutbar, dass wir Massenverfolgung und Massenverhaftungen gegen kurdische Politiker, gegen jeden, der in der Nähe der Gülen-Bewegung steht, gegen Richter, Journalisten und Schriftsteller in der Türkei als Teil der Aufklärung akzeptieren. Was derzeit in der Türkei passiert, ist völlig unverhältnismäßig und hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun.

Deswegen hat sich bei der Mehrheit der Europaabgeordneten die Auffassung durchgesetzt, dass von Seiten der Europäischen Union das Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei die angemessene Reaktion ist (Resolutionstext in Kürze >hier).

Wir sollten jedoch nicht aufhören, den Dialog und die Verständigung mit der Türkei zu suchen. Es würde mich nicht nur sehr traurig machen, wenn wir nach zwölf Jahren Engagement in der Türkeipolitik sämtliche Brücken in die Türkei verlieren würden. Es entspräche auch nicht den Wünschen der Menschen, die ich bei meinen letzten Besuchen in der Türkei getroffen habe (>mein Türkei-Interview in der NOZ).

Ebenso in Straßburg haben wir einen Initiativbericht verabschiedet, indem Propaganda und Desinformation als strategische Herausforderung für Frieden und Stabilität in der Union benannt werden. Es ist höchste Zeit, dass wir uns mit Propaganda wie etwa der des russischen Kreml beschäftigen. Die russische Regierung unterstützt rechtsextreme, populistische und europafeindliche Parteien innerhalb der EU. Russia Today und die sozialen Netzwerke sind weitere Instrumente die eingesetzt werden, um innerhalb der EU den Zusammenhalt zu schwächen.

Wir müssen endlich besser darin werden, Falschmeldungen im Internet zu entlarven und ihnen und ihrer Verbreitung etwas entgegensetzen. Die Antwort der EU auf Propaganda darf jedoch nicht eigene Propaganda, sondern muss unabhängiger Qualitätsjournalismus sein.

In Brüssel hat die EU-Kommission in der vergangenen Woche leider die Ermittlungen zur Auftragsvergabe für die Erweiterung des ungarischen Atomkraftwerks Paks (Paks II) eingestellt. Seltsam ist, dass die EU-Kommission der Behauptung der ungarischen Regierung gefolgt ist, dass allein der russische Atomkonzern Rosatom in der Lage sei, in Paks zwei neue Reaktoren zu bauen. Auch bleibt die Rolle von EU-Kommissar Günther Oettinger in der Sache fraglich. Oettinger hat sich während seiner gesamten Karriere für die Atomindustrie stark gemacht. Seine häufigen Treffen mit dem ungarischen Premierminister Victor Orban und seine Verbindungen zum Kreml Lobbyisten Mangold sind in diesem Zusammenhang zumindest verdächtig. Wir Grünen wollten Oettinger auch deswegen gerne im Europäischen Parlament zur Rede stellen und hatten anlässlich seines Ressortwechsels eine ordentliche Anhörung gefordert, sind bei den anderen Fraktionsvorsitzenden aber leider nicht durchgekommen. Oettinger soll zum Jahresende ausgerechnet die Bereiche Haushalt und Personal der Europäischen Kommission übernehmen. Wir hätten gerne seine persönliche Eignung für diese Aufgabe zur Abstimmung gebracht.

Alles hat seine Zeit. Ich schreibe euch heute zum letzten Mal als eine der Vorsitzenden der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament. In der zweiten Hälfte dieser Legislatur werde ich mich noch mehr in Osteuropa engagieren.

Am letzten Tag dieser Plenarwoche gab Martin Schulz seinen Abschied von uns und seinen Einstieg in die Bundespolitik bekannt. Ich habe die Zusammenarbeit mit ihm sehr geschätzt, auch wenn es manchmal gekracht hat. Trotz der Meinungsverschiedenheiten ist es denke ich sein großer Verdienst, dass das Europäische Parlament sichtbarer wurde und an Profil gewonnen hat. Und ich erwarte, dass er mit uns und anderen die Europäische Orientierung Deutschlands stärken wird. Auch wir müssen die Europäische Politik und das Wiedererlangen des Vertrauens in die Europäische Union zu einem unserer großen Themen im Wahljahr machen.

Eure Rebecca

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1. Türkei
Das Europaparlament hat mit großer Mehrheit ein Einfrieren der EU-Beitrittsgespräche auf Zeit gefordert - mit der Perspektive, sie wiederaufzunehmen, wenn die Türkei zur Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit zurückkehrt. Sollte Erdogan allerdings die Todesstrafe wieder einführen, werden die Verhandlungen sofort beendet. Trotzdem wollen wir Grüne die Gesprächskanäle in die Türkei offenhalten.
Beitrittsverhandlungen einfrieren, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 22.11.2016
„Die EU sollte ihre Zahlungen an die Türkei hinterfragen“, NOZ-Interview, 23.11.2016
EU-Abgeordnete wollen Pause, taz online, 23.11.2016
Plenarrede Rebecca Harms zu den Beziehungen der EU mit der Türkei am 22.11.16 

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2. Fotyga-Bericht
In einem in Straßburg verabschiedeten Initiativbericht benennt das Europäische Parlament Propaganda und Desinformation als strategische Herausforderung für Frieden und Stabilität in der EU. Es höchste Zeit ist, sich mit dem „Krieg um Informationen“ zu beschäftigen. Wir müssen Lügen und deren systematische Verbreitung besser erkennen und ihnen mit Aufklärung durch unabhängigen Qualitätsjournalismus begegnen.
Europaparlament fordert strategische Antwort auf russische Propaganda, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 23.11.2016
Plenarrede Rebecca Harms zum Report über Anti-EU Propaganda am 22.11.2016

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3. Ungarn/Paks II
Die EU-Kommission sieht im Fehlen öffentlicher Ausschreibungen für das ungarische Reaktorprojekt Paks II offenbar kein Problem. Sie hat die Ermittlungen eingestellt und ist der Behauptung der ungarischen Regierung gefolgt, dass allein der russische Atomkonzern Rosatom in der Lage sei, in Paks zwei neue Reaktoren zu bauen. Ein weiteres Verfahren zu dem ungarischen Milliardenprojekt, das mögliche illegale Subventionen untersucht, ist noch nicht abgeschlossen. Es bleibt zu hoffen, dass sich hier nicht auch die alten Atomfans durchsetzen werden.
Verfahren gegen das ungarische Reaktorprojekt Paks II, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 18.11.2016
Oettinger flog gratis in "Mr Russlands" Privatjet, Spiegel online, 16.11.2016 

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4. #FreeInterrail
Die EU Kommission plant zur Idee kostenloser Interrail-Tickets für junge Europäer 2017 einen Pilotversuch. Dazu soll das  Erasmus-Plus-Programm um 50 Millionen Euro aufgestockt werden, 10.000 Gutscheine, so wird diskutiert, sollen über Schulen verteilt werden. Die Kernpunkte der Idee von Herr & Speer waren jedoch gerade: einfacher Zugang und universale Anwendung. Deswegen arbeiten wir weiter an der Idee des bedingungslosen Zugangs für alle.
#FreeInterrail vor dem Durchbruch, ZEIT online, 22.11.2016
Interseite von Herr & Speer

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5. Ukraine-Reise
Rebecca reist am Donnerstag zu einer Konferenz und zu Gesprächen in die Ukraine. Angesichts des EU-Ukraine Gipfels, welcher im Zeichen der Visaliberalisierung, der Reformagenda, dem Krieg im Osten des Landes und dem Minsk Abkommen steht, bietet der Besuch pünktlich zum dritten Jahrestag des Beginn des Euromaidans besonderen Anlass die Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU zu besprechen.
Rebeccas Rede auf dem Euromaidan vom 3. Dezember 2013
Rebecca reist in die Ukraine, 24.-26. Dezember 2016 

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6. Termine
25. November: „11th Conference of Ukrainian School of Political Studies“, Kyiv.
26.-28. November: Reise nach Istanbul, Türkei.
29. November: Conference “The War in Ukraine’s East: The Military Conflict, Diplomacy and the Humanitarian Crisis, Brussels.
9. Dezember: Jahresversammlung des Dachverbands der ukrainischen Organisationen in Deutschland, Berlin.  


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