Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#newsletter    27 | 01 | 2010

Newsletter 01/10

  1. Atomare Chaostage
  2. Skandal um Bio-Baumwolle
  3. SWIFT-Abkommen: Grüne warnen Rat vor Vertragsbruch
  4. Rücktritt Jelevas
  5. Umwelt- und Energierat
  6. Molkereien und Supermärkte verdienen auf dem Rücken der Milchbauern
  7. Sacharow-Preisträgerin Ludmila Alexeyeva unter Arrest
  8. Termine

 


Liebe Freundinnen und Freunde,


die erste Plenarsitzung des neuen Jahres ist schon wieder rum. Für mich hatte diese Woche in Kiew begonnen. Ich war zur Wahlbeobachtung dort. Der Verlauf des ersten Wahlganges war entgegen aller gegenseitigen Beschuldigungen aus den politischen Lagern fair. Gültige Regeln wurden eingehalten. Die Wahlhelferinnen - die meisten von ihnen Frauen – hatten ihre Wahlbüros fest im Griff. Es gab so gut wie keine Beanstandungen der internationalen Beobachterteams. Wir drängen jetzt als EU-Beobachter die Kandidaten Viktor Janukowitsch und Julia Timoschenko ihren Wahlkampf bis zum 7. Februar und dann die Stichwahl auch so fair zu halten wie in der ersten Runde. Wer auch immer gewinnt, wird dann Präsident oder Präsidentin eines Landes, das dringend die seit Jahren versprochenen Reformen braucht (Mehr zu diesem Thema findet ihr in meinem Blog). Ich werde am 7. Februar wieder in der Ukraine sein. Spannend wird die Wahl bestimmt. Es wird wohl ein hartes Kopf an Kopf Rennen zwischen Timoschenko und Janukowitsch geben. Mit 2,5 Millionen Stimmen hat Janukowitsch die erste Runde mit mehr als zehn Prozent Vorsprung gewonnen. Nach ukrainischen Umfragen hat Julia Timoschenko aber immer noch eine Chance, sich in der Stichwahl durchzusetzen.


Froh und erleichtert über den Demokratiegewinn und die freien Wahlen mit hoher Wahlbeteiligung in der Ukraine, bin ich dann ins Herz der EU zurück gereist. In der Plenartagung des Europäischen Parlaments spielte die Musik in dieser Woche allerdings außerhalb der Tagesordnung. Nun ist Kommissionspräsident Barroso doch ins Schleudern geraten mit seinen neuen Leuten und der Aufstellung, die er entworfen hat. Frau Jeleva aus Bulgarien hat ihren Rückzug erklärt. Unfähig in der Sache - Internationale Humanitäre Hilfe war ihr Ressort - und unkorrekt bis missverständlich bei der Erklärung ihrer finanziellen Interessen hatte sie vom zuständigen Entwicklungshilfeausschuss des Parlamentes keinen bestätigenden Brief nach ihrer Anhörung erhalten. Durch diesen Ausfall verzögert sich die mögliche Wahl der neuen Kommission mindestens bis zum 9. Februar. Und ob dann alles glatt läuft für die Kommissarsanwärter, das war die große Frage in den vergangenen Tagen. Im Feld der vorgeschlagenen Bewerber gibt es einige Politiker, die Klasse haben, aber keinen ganz großen Star.


Hedegaard, Potonik und Barnier fallen mir da sofort ein. Oettinger war für mich eher brav und hat dem Ausschuss gegeben, was der Ausschuss hören wollte. Glänzend war das nicht, eher das Ergebnis professioneller Vorbereitung. Und das ist schon mehr als die meisten anzubieten hatten. Die Regierungen der Mitgliedstaaten haben nicht unbedingt ihre besten für Brüssel auserkoren.

Das Parlament will mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon eine neue starke Ära für die EU beginnen. Die Mitgliedstaaten wollen das offenkundig nicht. Kommissionspräsident Barroso stellt sich der Entsendungspraxis nicht entgegen, sondern verschärft die Schwäche des neuen Kollegiums der Kommissare. Er wählt eine Aufstellung, die die Fähigkeiten und Qualitäten selbst gestandener Kommissare missachtet. Und er gebietet "seinen" Leuten auch noch, bloß kein erkennbares Profil zu zeigen. Langeweile war so die Hauptstimmung in den Anhörungen. Da traten designierte Kommissare auf, die eher den Charme von hohen Beamten hatten.

Am 4. Februar werden wir in der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden die Abstimmung über die neue Kommission besprechen. Die Verärgerung über das Vorgehen des Kommissionspräsidenten ist groß.

 

Verschärft wird die schlechte Laune der Abgeordneten des Europäischen Parlaments auch durch den Bruch der Regeln des Lissabonvertrages beim Swiftabkommen. Ich gehe nach der erneuten Provokation durch den Rat und nach den Reden der Fraktionsvorsitzenden im Plenum davon aus, dass es keine Mehrheit für das Swiftabkommen gibt. Es muss jetzt bis zur nächsten Plenarsitzung aber der öffentliche Druck für Bürgerrechte und Datenschutz aufrecht
erhalten werden. Die Hartnäckigkeit, mit der der Rat dem Parlament bei SWIFT seine Rechte verweigert und die Lässigkeit, mit der Barroso das laufen lässt, stärkt gerade auch die Gruppe der Abgeordneten, die der Ansicht sind, dass die für jede Legislaturperiode neu verhandelte  Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Parlament und Kommission die Rolle des Parlaments stärken muss. Wir wollen die Rolle am Katzentisch nicht. Strittig ist momentan zum Beispiel der Zugang des Parlaments zu Information auf Augenhöhe zum Rat. Der Lissabonvertrag und die größeren Rechte des Parlamentes dürfen nicht Theorie bleiben.  Zurzeit fühlt es sich so an, als ob wir unsere Rechte Stück für Stück Herrn Barroso abringen müssten.
Wir wussten schon, warum wir ihn stoppen wollten.

Soweit aus Kiew und Straßburg mit Grüßen
Rebecca

PS: Die Asse-Überraschung hat mich auch beschäftigt (Mehr zu diesem Thema in meinem Blog). In Brüssel soll im Herbst der Entwurf für eine Richtlinie für die Endlagerung von Atommüll erneut vorgelegt werden. Wir werden dann sehen, was Herr Oettinger unter höchsten Sicherheitsstandards versteht, die er in seiner Anhörung fest versprochen hat.

 

 

1. Atomare Chaostage

Die Diskussionen um Laufzeiten der Atomkraftwerke, um Geld für Erneuerbare Energien einzunehmen, ist Augenwischerei der durchsichtigsten Art: Statt verlässliche Rahmenbedingungen für die Energiewende zu schaffen, wird so versucht, den Deutschen die Atomkraft schmackhaft zu machen. Laufzeitverlängerungen sind ein Spiel mit dem Feuer, Interesse daran haben nur die Atomkonzerne.

 

Atomare Chaostage: „Die Sicherheit der Bürger wird verkauft“ (Pressemitteilung vom 25.01.10)

 

2. Grüne fordern schärfere EU-Kontrollen für Bio-Textilien aus Drittländern

Der Skandal um den Etikettenschwindel mit angeblicher Bio-Baumwolle, die sich als gentechnisch veränderte Ware herausgestellt hatte, zeigt schwere Versäumnisse von Bioverbänden und Textilienvermarktern in der Europäischen Union auf. Das indische Landwirtschaftsministerium hat den Fall bereits vor einiger Zeit aufgedeckt, doch obwohl diese Agrarbehörde gegen die europäischen Zertifizierer vorgegangen war, ist dieser Fall in der EU nicht zur Kenntnis genommen worden. Der Skandal führt auch zu einer verständlichen Vertrauenskrise bei den Verbrauchern, die nicht mehr wissen, wie weit sie sich auf Bio-Etiketten überhaupt verlassen können.

 

Grüne fordern schärfere EU-Kontrollen für Bio-Textilien aus Drittländern (Pressemitteilung vom 23.01.10)

 

3. Grüne warnen Rat vor Vertragsbruch

Der EU-Rat darf das SWIFT-Abkommen nicht in Kraft setzen, ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments einzuholen. Das Verfahren dazu muss sofort in Gang gesetzt werden. Die Grünen werden die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes beantragen, um gegen mögliche Vertragsbrüche vorzugehen.

 

Grüne warnen Rat vor Vertragsbruch (Pressemitteilung vom 20.01.10)

Meine Rede zu SWIFT vom 20. 01.10 findet sich auf meiner Website in der Rubrik „Videos“

 

4. Rückzug Jelevas ist die richtige Entscheidung

Barroso und die bulgarische Regierung müssen ihren Teil der Verantwortung für die Schwäche von Jelevas Kandidatur akzeptieren. Abgesehen von der Intransparenz in Bezug auf ihre finanziellen Interessen war Jeleva offensichtlich nicht fit für einen hohen Posten in der humanitären Hilfe und im Krisenmanagement. Barroso muss jetzt schnell und entschieden handeln, um eine hausgemachte Krise zu vermeiden. Jeleva Rückzug ist eine Chance für den Kommissionspräsidenten, sich auch über andere Fehlgriffe Gedanken zu machen, inklusive der Dossierverteilung unter den KandidatInnen.

 

Rückzug Schelewas ist die richtige Entscheidung (Pressemitteilung vom 19.01.10)

Mehr zu den Anhörungen der designierten EU-Kommissarinnen und –Kommissare in meinem Themenspecial Zukünftige EU-Kommission auf dem Prüfstand

 

5. EU muss Glaubwürdigkeit in der internationalen Klimapolitik zurückzugewinnen

Die EU-Umwelt- und Energieminister treffen sich dieses Wochenende in Sevilla. Das Ergebnis des Klimagipfels in Kopenhagen und die nächsten Schritte für die internationale Klimapolitik stehen ganz oben auf dem Programm der Minister. Vor diesem Treffen fordert die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europaparlament, Rebecca Harms, die Minister dazu auf, die EU wieder an die Spitze der Klimabewegung zu setzen.

 

EU muss Glaubwürdigkeit in der internationalen Klimapolitik zurückzugewinnen (Pressemitteilung vom 14.01.10)

 

6. Molkereien und Supermärkte verdienen auf dem Rücken der Milchbauern

In seinem Milchbericht stärkt das Bundeskartellamt die Milcherzeugergemeinschaften und erteilt damit den Forderungen der Milchbauern nach einem fairen Mindestmilchpreis eine Absage. Wir Europäischen Grünen setzen uns für eine stärkere Verhandlungsposition der Milchbauern gegenüber Molkereien und Handel ein.

 

Molkereien und Supermärkte verdienen auf dem Rücken der Milchbauern (Pressemitteilung vom 12.01.10)

 

7. Sacharow-Preisträgerin Ludmila Alexeyeva unter Arrest

Die 82-jährige Ludmila Alexeyeva – Gewinnerin des Sacharow-Preis 2009 und Vorsitzende der Moskau-Helsinki-Gruppe – war unter den 50 Demonstranten und Zuschauern, die wegen ihrer Teilnahme an einem friedlichen Protest in Moskau in der Silvesternacht für mehrere Stunden verhaftet und inhaftiert wurden. Obwohl sie wieder frei gelassen wurden, müssen die Demonstranten jetzt womöglich mit einem Verfahren rechnen.

 

Greens condemn arrest of Sakharov Prize winner Alexeyeva (Pressemitteilung vom 05.01.10, in englischer Sprache)

 

8. Termine

28. / 29. Januar: Reise einer Delegation der Grünen Gruppe im Europäischen Parlament nach Madrid

03. Februar: Workshop "Implementing the Green New Deal for Europe", Brüssel

03. Februar: Anhörung der designierten EU-Kommissarin für Internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion, Kristalina Georgieva

04. Februar: Conference "Beyond Copenhagen: Where to for international climate policy?", Brüssel

06. / 07. Februar: Wahlbeobachtung des 2. Präsidentenwahlgangs in der Ukraine

In der Woche vom 08.-11. Februar: Bestätigung der neuen EU-Kommission durch das Europäische Parlament

 

Mehr Informationen zu den Terminen unter http://rebecca-harms.de/index.php/presse/termine


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