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Am Montag, den 11. Januar 2010 haben die Anhörungen der designierten EU-Kommissarinnen und EU-Kommissare im Europäischen Parlament begonnen. Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen sich nun in einer ersten Feuerprobe jeweils drei Stunden lang den Fragen der Europaabgeordneten der jeweiligen Fachausschüsse stellen. Voraussichtlich wird das EU-Parlament am 26. Januar 2010 entscheiden, ob die EU-Kommission mit der von José Manuel Barroso vorgeschlagenen Besetzung ihre fünfjährige Amtszeit antreten kann.
Die designierte Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, Lady Catherine Ashton, hat sich in der Anhörung am Montag, den 11.01.2010 bereits als wahre Diplomatin gezeigt. Sie hat viel geredet ohne konkret zu werden. Wir Grünen sehen bei ihr zu wenig Engagement für eine politische Vision und auch nach der Befragung blieb unklar, was Lady Ashton in den nächsten fünf Jahren erreichen will.
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Pressemitteilung zur Anhörung von Lady Catherine Ashton: Ohne Vision für Europas Außenpolitik
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Gute Ansätze für die Entwicklungspolitik zeigte Andris Piebalgs, designierter Kommissar für Entwicklung, bei der Anhörung am Montag, den 11. Januar 2010 im Entwicklungsausschuss des Europaparlaments. Wir begrüßen, dass er die Politikkohärenz für Entwicklung als eine seiner Prioritäten sieht. Ebenfalls positiv ist die Zusage Piebalgs zu werten, die Mitgliedsstaaten dazu anzuhalten, trotz Wirtschaftskrise keine Kürzungen ihrer offiziellen Entwicklungshilfe vorzunehmen und die Finanzierung der Vermeidungs- und Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel aus zusätzlichen Mitteln zu leisten. Wir werden in den nächsten Jahren kritisch prüfen, ob Piebalgs seine Zusagen einhält.
Pressemitteilung zur Anhörung von Andris Piebalgs: Gute Ansätze für die Entwicklungspolitik
Zum Eklat kam es bei der Anhörung der designierten Kommissarin für Internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion Rumiana Jeleva am Dienstag, den 12. Januar 2010, da sie dem Parlament und der Öffentlichkeit brisante Details ihrer geschäftlichen Tätigkeiten vorenthalten zu haben scheint.
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Am Montag, den 19. Januar 2010 erklärte Jeleva ihren Rücktritt.
Barroso und die bulgarische Regierung müssen ihren Teil der Verantwortung für die Schwäche von Schelewas Kandidatur akzeptieren. Abgesehen von der Intransparenz in Bezug auf ihre finanziellen Interessen war Schelewa offensichtlich nicht fit für einen hohen Posten in der humanitären Hilfe und im Krisenmanagement. Barroso muss jetzt schnell und entschieden handeln, um eine hausgemachte Krise zu vermeiden. Schelewas Rückzug ist eine Chance für den Kommissionspräsidenten, sich auch über andere Fehlgriffe Gedanken zu machen, inklusive der Dossierverteilung unter den KandidatInnen.
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Dany Cohn-Bendit und Rebecca Harms hatten bereits am 08. Januar 2010 EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in einem Brief gefragt, ob er die Anschuldigungen, die in der deutschen und irischen Presse gegen Frau Jeleva erhoben wurden, gründlich geprüft habe und ob er versichern könne, dass weder Frau Jeleva noch eines ihrer Familienmitglieder in betrügerische oder kriminelle Aktivitäten verstrickt sei. In seiner Antwort nahm Barroso Jeleva in Schutz. Sie habe versichert, dass ihre Angaben in ihrer Erklärung über die finanziellen Interessen dem Verhaltenskodex entsprächen.
In der Anhörung machte Jeleva wenig konkrete Aussagen darüber, wie sie plant ihr Amt auszugestalten. Auf Fragen über ihr Engagement bei der Konsultingfirma Global Consult, wo sie laut bulgarischem Handelsregister Eigentümerin und Geschäftsführerin war, verweigerte sie die Antwort auf einfache Fragen. Das hat unser Vertrauen in die Offenheit und Transparenz von Frau Jeleva nicht gerade gestärkt. Die Wahrhaftigkeit der Erklärungen ihrer finanziellen Interessen als Europaabgeordnete und als designierte Kommissarin sind für das Europäische Parlament ein zentrales Element, um ihre Eignung als Kommissarin zu beurteilen. Unsere Fraktion fordert hier, die Unklarheiten aufzuklären und all ihre Tätigkeiten und Interessen transparent aufzuschlüsseln.
Pressemitteilung zur Anhörung von Rumiana Jeleva: Zweifel über Fachkompetenz und über Transparenz bei finanziellen Interessen
Pressemitteilung zum Rücktritt von Rumiana Jeleva: Rückzug Schelewas ist die richtige Entscheidung
Rebecca im Interview mit Euronews: Rumiana Jeleva ist nicht stärker oder schwächer als andere Kandidaten
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Janez PotoÄ?nik, designierter Kommissar für Umwelt hat sich in seiner Anhörung am Mittwoch, den 13. Januar 2010 als ein viel versprechender Kandidat für das Amt des Umweltkommissars gezeigt. Wir begrüßen, dass er sich verpflichtet hat die "REACH"-Gesetzgebung zu Chemikalien vollständig umzusetzen und gegenüber allen Versuchen, die Biodiversitäts-Gesetze aufzuweichen, Widerstand zu leisten. Wir begrüßen auch sein Versprechen, eine bessere Regulierung der Nanomaterialien in Angriff zu nehmen und seine Offenheit gegenüber der Einführung von Zielwerten für die effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen.
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Pressemitteilung zur Anhörung von Janez PotoÄ?nik: Gute umweltpolitische Vorsätze, die erst den Realitätstest bestehen müssen
Günter Oettinger, der Energiekommissar werden soll, hat am Donnerstag, den 14. Januar 2010 eine engagierte Rede im Europaparlament gehalten: Jetzt müssen seinen grünen Worten Taten folgen. Dabei muss er einen starken Charakter beweisen und seinen persönlichen Verbindungen nicht Vorrang vor dem europäischen Allgemeinwohl einräumen. Wir begrüßen, dass er bei der finanziellen Vorausschau Energieeffizienz und erneuerbare Energien Priorität einräumen möchte.
Wir bleiben jedoch skeptisch, ob der neue Energiekommissar das Ziel eines fairen Wettbewerbs auf den europäischen Energiemärkten ernst genug nimmt: Bisher ist unklar, ob Oettinger nicht doch dem Druck der Energieoligopolisten RWE und E.on nachgibt und eine weniger ehrgeizige Politik beim Aufbrechen der Energieoligopole verfolgen könnte.
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Pressemitteilung zur Anhörung von Günter Oettinger: Erster Etappensieg für eine ökologisch verantwortliche Energiepolitik
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Die Anhörung des estnischen Finanzökonomen Siim Kallas als Verkehrskommissar der neuen Barroso-Kommission war eine herbe Enttäuschung. Kallas ging bei den für die Grünen wichtigen Fragen zu Klimaschutz und fairen Rahmenbedingungen nicht auf die konkreten Forderungen nach Zielvereinbarungen im Verkehrssektor ein. Besonders enttäuscht aber wurden wir von seinem laschen Umgang mit der immer noch viel zu hohen Zahl an Verkehrstoten auf der Straße.
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Pressemitteilung zur Anhörung von Siim Kallas: Klimafrage bleibt bei Kallas Nebensache
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Bei der Anhörung des designierten EU-Kommissars für Landwirtschaft, Dacian Ciolos, am 14. Januar 2010 vor dem Europäischen Parlament machten seine Aussagen, dass er in Zukunft eine gerechte Verteilung des Einkommensausgleichs für Bäuerinnen und Bauern in Europa anstrebt, uns Mut. Allerdings fehlt ihm eine Vision wie auch Umweltfragen einbezogen werden können. Außerdem plant er keine Neuorientierung bei der Marktpolitik. Insgesamt gibt es jedoch Hoffnung, dass der neue Kommissar die Probleme erkannt hat und faire Lösungen anstrebt.
Pressemitteilung zur Anhörung von Dacian Ciolos: Hoffnung auf faire Problemlösungen
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Die designierte EU-Kommissarin für Klimapolitik, Connie Hedegaard, hat bei ihrer Anhörung vor dem Europäischen Parlament am Freitag, den 15. Januar bewiesen, dass sie den politischen Willen und die Vision hat eine starke erste EU-Kommissarin für Klimapolitik zu werden. Der Erfolg ihres Mandats wird dennoch davon abhängen, ob EU-Kommissionspräsident Barroso seine politische Unterstützung beisteuert und die Klimapolitik in andere Politikbereiche wie Verkehr und Landwirtschaft einbindet.
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Pressemitteilung zur Anhörung von Connie Hedegaard (nur in englischer Sprache verfügbar): Hedegaard convinces but will need Barroso's support
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MaroÅ¡ Å efÄ?oviÄ?, designierter EU-Kommissar für interinstitutionelle Beziehungen, hat in der Anhörung vor dem Europäischen Parlament am Dienstag, den 19. Januar eine enge und gute Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und eine bürgerfreundliche Umsetzung versprochen. MaroÅ¡ Å efÄ?oviÄ? hat alle ihm gestellten Fragen zur Zufriedenheit beantwortet. Der Versuch, ihn hinsichtlich seiner Haltung zu den Roma in ein schlechtes Licht zu rücken wird von uns nicht mitgemacht. Nicht nur Å efÄ?oviÄ? selbst hat seine positive Haltung zu diesem Thema vor dem Parlament zu unserer Zufriedenheit klar gemacht, auch die Verbände der Roma selbst weisen solche Vorwürfe zurück.
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Pressemitteilung zur Anhörung von MaroÅ¡ Å efÄ?oviÄ?: Å efÄ?oviÄ? widerlegt Vorwürfe wegen Roma-Zitat
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Wie entsteht eine neue EU-Kommission?
Jeder der 27 EU-Mitgliedsstaaten benennt eine Kandidatin oder einen Kandidaten für die EU-Kommission. Danach entscheidet der EU-Kommissionspräsident in Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten über die Verteilung der Ressorts und schlägt die Kandidatinnen und Kandidaten dem EU-Parlament vor. Nun muss das EU-Parlament ihre Eignung prüfen und ihrer Ernennung zustimmen. Dabei kann es sich jedoch nicht gegen einzelne Kandidatinnen oder Kandidaten aussprechen, sondern nur die gesamte neue EU-Kommission ablehnen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wurde bereits am 16. September 2009 vom EU-Parlament gewählt. Die neue EU-Kommission wurde wegen des Rücktritts von Rumiana Jeleva erst am 09. Februar vom EU-Parlament bestätigt. Der zum ursprünglich festgesetzte Termin war der 26. Januar 2010.
Linkliste:
Zum Zeitplan der Anhörungen
Zur Live-Übertragung der Anhörungen auf der Website des Europäischen Parlaments in der Rubrik Anhörungen
Falls Sie eine Live-Übertragung verpasst haben sollten, finden Sie Aufzeichnungen der Anhörungen und Zusammenfassungen auf der Website des Europarl TV
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Sonderseiten auf der Website des Europäischen Parlaments zu den Anhörungen
Kurzporträts der Kandidatinnen und Kandidaten
Lebensläufe, Erklärung über die finanziellen Interessen und weitere Dokumente
Detaillierte Informationen über die Entstehung einer neuen EU-Kommission
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Das Copyright für die in diesem Text verwendeten Fotos besitzt das Europäische Parlament. Die Bilder stammen von der Website des European Commission - Audiovisual Service.