Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#klima    08 | 11 | 2007

Newsletter 11/07

1. CO2-Grenzwerte für PKW
2. Konventionelle Energiequellen und Energietechnologie
3. Erst essen, dann tanken
4. Delegationsreise der Grünen nach Moskau
5. Termine

 
Liebe Freundinnen und Freunde,
 
die vergangene Straßburg-Woche hat deutlich werden lassen, wie weit wir doch von einem energiepolitischen Paradigmenwechsel entfernt sind.
 
Mit dem Reul-Bericht „Konventionelle Energiequellen und Energietechnologie“ hat das EU-Parlament am 24. Oktober eine Hymne auf den alten Energiemix verabschiedet. Die Begeisterung der Atomindustrie darüber ist groß. In dem Bericht verschwindet die Priorität für Effizienz und Einsparung hinter den Ideen von sauberer Kohle und CO2-freier Atomenergie. Die Mehrheit der Abgeordneten war nicht bereit, über Risiken auch nur zu reden. Wir müssen mit einer noch stärkeren Kampagne Pro-Atom rechnen, wenn Sarkozy die Europäische Präsidentschaft übernimmt. Für meine Fraktion arbeite ich gerade konzentriert zu den skandalösen Plänen des Konzerns ENEL, der in der Slowakei zwei Blöcke des AKW Mochovce fertig stellen will. Die Genehmigung, die dafür herangezogen wird, stammt aus dem Jahr 1985 und der damaligen Tschechoslowakei. In Rom (siehe Termine) werden wir dazu ein kurzes Gutachten vorstellen.
 
Dass gleich nach dem Hurra auf Kohle und Atom das Europaparlament auch noch jeden Ehrgeiz verlor, durch eine Regulierung für die Autoindustrie für klimafreundlichere und sparsame Autos zu sorgen, macht sehr nachdenklich. So laut auch die Bekenntnisse zum Klimaschutz vorgetragen werden, so schwach scheint die Bereitschaft für die notwendigen Veränderungen zu sorgen. Die nun vom Plenum verabschiedeten Vorgaben für die Automobilindustrie sind lasch: Der vorgesehene Zeitplan der Regulierung ist behäbiger und die Grenzwerte schwächer, als der Umweltausschuss des Europaparlaments vorgeschlagen hatte.
 
Das Parlament hat mit dieser Abstimmung über den „Davies-Bericht“ eine Chance vertan, Europas Autobauer stärker in den Klimaschutz einzubeziehen. Dies ist umso ärgerlicher, als dass eine von uns Grünen erst kürzlich in Auftrag gegebene Studie belegt, dass die Automobilindustrie technisch schon heute in der Lage ist, schadstoffärmere Fahrzeuge zu produzieren. Nun bleibt abzuwarten, ob die EU-Kommission den Vorschlägen des Parlaments folgt. Die Kommission will Anfang 2008 ihre Vorschläge zu strengeren Klimaauflagen für Autobauer vorlegen.
 
Zu Klima- und Energiepolitik haben wir mit Vertretern von russischen Nichtregierungsorganisationen auch in Moskau diskutiert. Nachdem wir große Schwierigkeiten hatten, für alle Abgeordneten unserer Fraktion und unsere nichtrussischen Gäste Visa zu bekommen, hatten wir kurzfristig das geplante Programm über den Haufen geworfen, sind mit nur 11 Abgeordneten gereist, die zum Teil aus nationalen Parlamenten kamen.
Drei Tage lang haben wir mit Vertretern der russischen Opposition gesprochen und über Lage und Perspektiven diskutiert. Das "offizielle" Russland hatte uns eh einen Korb gegeben.

Die Klimadebatte trat allerdings in den Hintergrund angesichts der schwierigen Situation, in der sich all diejenigen befinden, die nicht mit dem autoritären System Putin einverstanden sind. Parteien, die nicht kremltreu sind, haben keine Chance, registriert zu werden.  Sind sie registriert, können sie keinen Wahlkampf machen. Das Fernsehen sendet Putin und noch mal Putin. Das Verhältniswahlrecht und eine 7%-Hürde sind weitere Hindernisse, die keine kleinere neue Partei aus dem Weg räumen kann. Verfolgung und Übergriffe sind für Journalisten, die frei arbeiten wollen, normal. Wir hörten einen erschreckenden Bericht über eine Journalistin, die im Nordkaukasus lebt. Sie wurde von der Polizei abgeholt, misshandelt und in die Psychiatrie eingewiesen, wo sie bis zum Ende der Wahlen bleiben soll. Ihre Familie, ihre Kinder wagen seither nicht mehr, das Haus zu verlassen.

Ausführlichere Berichte über die sehr interessante aber auch sehr deprimierende Reise findet ihr auf unserer Fraktionsseite im Netz.
 
Viele Grüße,
Eure Rebecca
 
1. CO2-Grenzwerte für PKW
Das Europäische Parlament nahm am 24. Oktober eine Resolution für eine Gemeinschaftsstrategie zur Reduzierung von CO2-Emissionen von PKW und leichten Nutzfahrzeugen an, um Vorgaben für die zukünftige Gesetzgebung der EU-Kommission zu machen. Eine Mehrheit aus konservativen und liberalen Abgeordneten beschloss, verbindliche Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Neuwagen erst 2015 einzuführen. Der maximale Schadstoffausstoß soll dann bei 125 Gramm CO2 pro Kilometer liegen. Die Grünen stimmten gegen den Bericht, weil die darin vorgesehenen Maßnahmen nicht weit genug gehen.
PM und Studie
Plenardebatte

 
2. Konventionelle Energiequellen und Energietechnologie
Die Grünen stimmten auch gegen den Bericht zur Energietechnologie des konservativen deutschen Abgeordneten Reul. Der Bericht widmet sich ausführlich der Rolle von „sauberer Kohle“ und Atomkraft beim Klimaschutz. Die Rolle von Energieeffizienz dagegen wird nur marginal erwähnt, von der in vielen EU-Ländern noch ungeklärten Frage der atomaren Endlagerung ist in dem Bericht keine Rede.
 
3. Erst essen, dann tanken
Die europäischen Grünen arbeiten weiter an ihrer Position zu Agrartreibstoffen. Immer wichtiger erscheint uns, ein positives Konzept für die Biomasse-Nutzung insgesamt zu machen. Die globale Ernährungssicherheit darf durch die Erzeugung von Treibstoffen nicht gefährdet werden. Effizienzaspekte müssen auch bei der Biomassenutzung im Vordergrund stehen.
 
4. Delegationsreise der Grünen nach Moskau
Die Europäischen Grünen sind vom 28.-31. Oktober nach Moskau gereist, um gemeinsam mit russischen Abgeordneten, NGO-Vertretern und internationalen Experten über außenpolitische Themen, Menschenrechte und die russische Energiepolitik zu diskutieren. Rebecca moderierte ein Forum zu Klimaschutz und Kernkraft, zu dem sie russische NGO-Vertreter geladen hatte.
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5. Termine:
9.-12. November: Erweiterte Vorstandssitzung der Grünen/EFA, Rom
19.-20. November: Niedersachsen-Tour durch Hameln und Salzgitter
26.-27. November: European Nuclear Energy Forum, Bratislava
7.-16. Dezember: UN Klimakonferenz, Bali/Indonesien
13. Dezember: „Nuclear Power for Climate Protection?“, HBS-Veranstaltung, Bali/Indonesien
15.-16. Dezember: Internationale Parlamentarische Anhörung zu Erneuerbaren Energien, Bali/Indonesien


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