Nun ist es also durch. Das Gesetz, das das Verfahren zur Suche nach einem neuen Endlager regeln soll, ist von Bundestag und Bundesrat in den vergangenen Wochen verabschiedet worden. Die Grundlage für diese Überarbeitung des Standortauswahlgesetzes (StandAG) von 2013 waren die Empfehlungen der Endlagerkommission, welche wiederum als Kompromiss aus der Bund-Länder-Einigung zum StandAG von 2013 hervorging.
Das überarbeitete StandAG ist nicht der große Durchbruch. 40 Jahre nach den ersten Versuchen einer Standortauswahl für ein atomares Endlager in Deutschland ist eine ergebnisoffene, neue Suche in sämtlichen infrage kommenden Gesteinsformationen nicht gesichert, bleibt der ungeeignete Standort Gorleben noch auf Jahrzehnte im Verfahren, gab es keine breite, öffentliche Debatte über unsere große, nationale Verantwortung. 40 Jahre nach der Standortentscheidung Gorleben sind wir immer noch am Anfang der Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen das gigantische Problem der Endlagerung von Atommüll zu lösen.
Und dennoch. Angesichts des Jahrhundertproblems, vor dem wir stehen, haben wir doch gelernt. Der Atomausstieg hat eine neue Verständigung über ein verantwortbares Vorgehen ermöglicht.
Wir haben mit den neuen Behörden – dem Nationalen Begleitgremium NBG, dem Bundesamt für Entsorgungssicherheit BfE und der Bundesgesellschaft für Endlagerung BGE – nicht nur neue Strukturen, sondern auch klarere Zuständigkeiten für Öffentlichkeitsbeteiligung, Standortsuche, Auswahlprozess und Endlagerbau bekommen. Das BfE kann künftig deutschlandweit eine Veränderungssperre für alle geologischen Formationen anordnen, die für eine Endlagerung geeignet scheinen. Es gibt endlich eine Bilanz für die verschiedenen Arten von Atommüll in Deutschland, auch wenn diese, natürlich, noch ausbaufähig ist. Und, zumindest steht es so auf dem Papier: Es soll nun in allen geeigneten Gesteinsformationen nach einem potentiellen Endlager-Standort gesucht werden.
Bis dieses Endlager gesucht, gefunden und gebaut werden wird, wird noch viel Zeit vergehen. Die zulässige Dauer der Zwischenlagerung von bestrahlten Brennelementen und hochradioaktiven Abfällen ist jedoch auf 40 Jahre begrenzt. Worauf es nun also parallel zur Endlagersuche für hochradioaktiven Müll ankommt, sicherheitstechnisch, aber auch gesellschaftspolitisch, ist zum einen der sorgsame Umgang mit der Zwischenlagerung sowohl für hochradioaktiven als auch für schwach- und mittelradioaktiven Abfall. Zum anderen hat die im Rahmen des Napro erstellte Abfallbilanz gezeigt, dass wir für den geborgenen Müll aus der Asse und den Müll aus Gronau, selbst wenn Schacht Konrad in Betrieb geht, ein weiteres Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll brauchen. Die noch zu entwickelnden Zwischen- und Endlagerkonzepte für die verschiedenen Arten des deutschen Atommülls müssen eng aufeinander abgestimmt werden. Für alle bestehenden Zwischenlagerstandorte sind die sicherheitstechnischen Anforderungen zu prüfen, die Öffentlichkeit zu beteiligen und neue Sicherheitsnachweise auch für die Behälter zu erbringen. Auch braucht es heiße Zellen an den Zwischenlagerstandorten. Und da es auch bei Schacht Konrad viel länger dauert als gedacht, die Sicherheitsnachweise bei der geplanten Inbetriebnahme 2022/2023 mehr als 30 Jahre alt wären, ist zu prüfen, ob das ehemalige Bergwerk überhaupt noch dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und den damit verbundenen Sicherheitsanforderungen genügt. Themen wie Rückholbarkeit und Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges sind für Konrad bisher nicht bewertet worden.
Es gibt also noch immer viel zu tun. Es wird weiter den enormen Einsatz aller Beteiligten brauchen, damit das auf den Weg gebrachte Verfahren tatsächlich ein faires und offenes wird, das dem Anspruch gerecht wird, dass es ein lernendes Verfahren sein soll. Für alle diejenigen, die sich wie ich über vier Jahrzehnte mit der Endlagerung von Atommüll rumschlagen geht es jetzt auch darum, Wissen und Erfahrungen an die nächste Generation weiterzugeben. Denn die endgültigen Entscheidungen über die Endlagerung werden wir wohl nicht mehr treffen.