Parlamentarische Anfrage vom 07. Mai 2009
Dem britischen Independent vom 7. April 2009 war zu entnehmen, dass in der MOX-Anlage (Anlage, in der aus Plutoniumoxid und Uranoxid ein Mischoxid-Brennstoff — MOX-Brennstoff — hergestellt wird) Sellafield in den sieben Jahren seit Inbetriebnahme insgesamt nur 6,3 Tonnen Brennstoff hergestellt wurden, obwohl sie für eine Kapazität zur Herstellung von 120 Tonnen MOX-Brennstoff pro Jahr ausgelegt war.
Die britische Labour-Regierung genehmigte diese MOX-Anlage im Oktober 2001, nur drei Wochen nach den Terroranschlägen vom 11. September in den USA. Die Kosten für Bau und Inbetriebnahme betrugen 637 Mio. GBP, und die Anlage sollte während ihrer Laufzeit einen Gewinn von 200 Mio. GBP erwirtschaften.
Aus den Zahlen, die die britische Regierung ihrem Parlament am 2. April mitteilte, geht jedoch hervor, dass die Anlage im Gegenteil einen Verlust von mindestens 626 Mio. GBP verursacht hat (Offizieller Bericht vom 2. April 2009: Rubrik 1 368 W).
Bisher wurden von der Anlage in Sellafield lediglich 12 MOX-Brennelemente erzeugt, die zwischen 2004 und 2007 für das Schweizer Kraftwerk in Beznau hergestellt und in drei Etappen (Juni/Juli 2005) geliefert wurden. 2007 wurde mit der Ausführung eines Auftrags des deutschen Kraftwerks in Grohnde begonnen, und im Sommer 2008 wurden zwei MOX-Brennelemente fertiggestellt. Seither — dies war vor neun Monaten — wurden keine weiteren Brennelemente fertiggestellt.
Paradoxerweise fordern die Beschäftigten der Anlage von Sellafield, die der Gewerkschaft Unite angehören, die britische Regierung vor dem Hintergrund dieser wirtschaftlichen Katastrophe auf, eine neue MOX-Anlage zu genehmigen. Diese soll auf Bauplänen des französischen Unternehmens AREVA basieren und neben der bestehenden Anlage errichtet werden, deren Schließung sie fordern.
Die Kommission wird um folgende Auskünfte gebeten:
1. Welche Pläne oder Vorschläge der britischen Regierung für eine neue MOX-Anlage in Sellafield liegen ihr vor?
2. Gibt es Pläne für eine künftige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei sämtlichen neuen MOX-Anlagen?
3. Welche a) unabhängigen oder b) Euratom-Studien liegen ihr zu den Zukunftsperspektiven der Verwendung in den Mitgliedstaaten hergestellter MOX-Brennstoffe in Reaktoren 1) innerhalb der Europäischen Union und 2) außerhalb der Union vor?
Antwort von Herrn Piebalgs im Namen der Europäischen Kommission:
1. Gemäß Artikel 41 des Euratom-Vertrags müssen Investitionsvorhaben in Mitgliedstaaten im Bereich der Nuklearindustrie der Kommission im Hinblick auf eine Stellungnahme mitgeteilt werden. Bisher erhielt die Kommission noch keine entsprechende Mitteilung.
2. Der Kommission liegen keine Informationen über Pläne für eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten hinsichtlich neuer MOX-Anlagen vor.
3. In Europa werden gegenwärtig in rund 30 Reaktoren MOX-Brennstoffe eingesetzt und weitere Anlagen besitzen die Zulassung für die Verwendung dieses Brennstoffes. Der Kommission sind in diesem Zusammenhang keine Studien über Zukunftsperspektiven für den Einsatz von MOX in Reaktoren innerhalb bzw. außerhalb der EU bekannt.