Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atom    24 | 11 | 2009

Wiederanreicherung von Uran aus Mitgliedstaaten der EU in Russland

Parlamentarische Anfrage vom 24. November 2009


Von Unternehmen der Republik Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland wird abgereichertes Uran in Form von Uranhexafluorid (UF6) nach Russland zur Wiederanreicherung geschickt. Von dort wird dann lediglich das angereicherte Uran zurückgenommen. Die weiter abgereicherte Fraktion des UF6 verbleibt in Russland und wird dort auf unabsehbare Zeit unter freiem Himmel in zunehmend alten Behältern gelagert.

 

1. Aus welchen EU-Mitgliedstaaten — außer Frankreich und Deutschland — wird nach Kenntnis der Kommission Uran in Russland angereichert?

 

2. Wie viel UF6 ist nach Kenntnis der Kommission aus Mitgliedstaaten bisher in Russland angereichert worden?

 

3. Welche Gründe sind der Kommission für die Anreicherung in Russland bekannt?

 

4. Welche Kontrollfunktionen übt die Euratom bei den Anreicherungsgeschäften ihrer Mitgliedstaaten mit Nichtmitgliedstaaten aus?

 

5. Welche Bedingungen enthalten nach Kenntnis der Kommission die Verträge hinsichtlich Umgang und Verbleib der bei der Anreicherung in Russland anfallenden Produkte und Abfälle?

 

6. Mit welchen Anreicherungsgraden wird das UF6 aus Russland zurückgenommen?

 

7. Wie beurteilt die Kommission den langfristigen Umgang mit abgereichertem Uran aus EU-Mitgliedstaaten in Russland aus sicherheitstechnischer Sicht?

 

 

Antwort von Herrn Piebalgs im Namen der Kommission

 

1. Abgereichertes Uran fällt vor allem bei der Anreicherung an und wird daher an den Standorten der Anreicherungsanlagen in der EU erzeugt (Areva in Frankreich sowie Urenco in Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich). Dieses (oft als „Tails“ bezeichnete) abgereicherte Material gehört den jeweiligen Anreicherungsunternehmen, kann jedoch in Abhängigkeit von dem zwischen dem Anreicherungsunternehmen und dem Kernkraftwerksbetreiber geschlossenen Liefervertrag auch Eigentum des Kraftwerksbetreibers sein.

 

2. Die Euratom-Versorgungsagentur (ESA) veröffentlicht in ihren Jahresberichten Angaben zur Menge der wiederangereicherten „Tails“, die als Brennstoffquelle an Elektrizitätsversorger in der EU geliefert werden(1). In den letzten Jahren entfielen auf diese Versorgungsquelle etwa 4 % aller Uranlieferungen an Elektrizitätsversorgungsunternehmen in der EU.

 

3. Die Verträge über die Wiederanreicherung von abgereichertem Uran in Russland werden zwischen europäischen und russischen Unternehmen geschlossen; somit besteht auf beiden Seiten ein wirtschaftliches Interesse.

 

4. Lieferungen von Ausgangsmaterial (einschließlich abgereicherten Urans) und besonderem spaltbaren Material aus und in EU-Staaten sind der Kommission gemäß der Verordnung (Euratom) Nr. 302/2005 der Kommission über die Anwendung der Euratom-Sicherungsmaßnahmen(2) vorab anzuzeigen, damit diese das Kernmaterial vor der Lieferung bzw. nach Erhalt prüfen kann. Nach der Übergabe erhält die Kommission Buchungsmeldungen. Verträge über Anreicherungsleistungen, an denen ein Vertragspartner aus EU-Mitgliedstaaten beteiligt ist, werden der ESA gemäß Artikel 75 des Euratom-Vertrags angezeigt, während Verträge über die Lieferung von angereichertem Uran gemäß Artikel 52 des Vertrags von der Agentur (als Mitunterzeichner) geschlossen werden. Verträge über die Wiederanreicherung von abgereichertem Uran gelten als Dienstleistungsverträge.

 

5. Es ist in allen Branchen üblich, in Geschäftsverträgen zwischen Privatunternehmen Klauseln über die Vertraulichkeit der Vertragsbestimmungen und -bedingungen zu vereinbaren. Da Verträge über die Wiederanreicherung von abgereichertem Uran als Dienstleistungsverträge gelten und lediglich der ESA anzuzeigen sind, liegen weder der Kommission noch der ESA Informationen über diese besonderen Vertragsbestimmungen vor.

 

6. Das zurückgenommene UF6 kann auf den Anreicherungsgrad von natürlichem oder schwach angereichertem Uran angereichert werden, hat jedoch in jedem Fall einen U235-Gehalt von unter 5 %.

 

7. Abgereichertes Uran wird in allen Ländern gelagert, in denen sich Anreicherungsanlagen befinden, gilt jedoch nicht als radioaktiver Abfall. Der Kommission liegen keine konkreten Informationen über die Lagerungsbedingungen in Russland vor.

 

(1) http://ec.europa.eu/euratom/ar/last.pdf.

(2) Verordnung (Euratom) Nr. 302/2005 der Kommission vom 8. Februar 2005 zur Anwendung der Bestimmungen der Euratom-Sicherungsmaßnahmen (ABl. L 54 vom 28.2.2005).


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