Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#anfrage    28 | 09 | 2010

Richtlinie über radioaktive Abfälle (2 von 2)

Parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission von Rebecca Harms vom 28. September 2010

 

Die Kommission bringt derzeit eine überarbeitete Fassung eines Richtlinienvorschlags von 2004 (KOM(2004)0526 endg.) über die nukleare Sicherheit und die sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle auf den Weg und konsultiert nun Interessenvertreter zu deren Inhalt. Mit dieser Initiative sind mehrere wichtige Fragen verknüpft.

 

1. Wird die Kommission die Bereitstellung von Finanzmitteln zur Abfederung der sozialen Folgen der Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente in Erwägung ziehen?

 

2. Wird die Kommission Maßnahmen empfehlen, die von den Mitgliedstaaten ergriffen werden können, um öffentliche Subventionen zu verhindern (die das Verursacherprinzip untergraben würden)?

 

3. Hat die Kommission die Absicht, Mechanismen zu empfehlen, die gewährleisten sollen, dass im Falle von Strompreisschwankungen weiterhin ausreichende Mittel für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle vorhanden sind?

 

4. Wie wird die Kommission dafür Sorge tragen, dass die Bürger der Mitgliedstaaten Zugriff auf Informationen haben?

 

5. Wird die Kommission von den Mitgliedstaaten verlangen, dass sie die privaten Betreiber in ihrem Hoheitsbereich anweisen, Höhe und Status der Mittel für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle publik zu machen?

 

6. Falls die Mitgliedstaaten im Einvernehmen mit den privaten Betreibern Maßnahmen vorschlagen, die die Möglichkeit einer Beteiligung an den Kosten der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle beinhalten: Wie wird die Kommission in einem solchen Fall gewährleisten, dass diese Kostenbeteiligung nicht in irgendeiner Form eine vom Steuerzahler mitgetragene staatliche Beihilfe darstellt?

 

7. Falls die Mitgliedstaaten konkrete Mechanismen zur Sicherstellung von Mitteln für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle einrichten, wie wird die Kommission dann gewährleisten, dass solche Vorkehrungen offen und transparent sind?

 

8. Wie wird die Kommission die Wirksamkeit der Finanzierungsregelungen und etwaiger Aufsichtsgremien überwachen, die die Mitgliedstaaten für private Betreiber vorschreiben?

 

9. Wie wird die Kommission gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten, die für abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle direkt haftbar sind, für eine Zweckbindung und zweckentsprechende Verwendung der dafür bestimmten Finanzmittel sorgen?

 

10. In welcher Weise wird die Kommission angesichts des Risikos, dass eine „unzumutbare Belastung künftiger Generationen“ eintritt, weil in den Mitgliedstaaten keine ausreichenden Mittel für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zur Verfügung stehen (vor allem wenn man die langen Zeitspannen für die meisten Abfallbewirtschaftungsprogramme bedenkt), dafür Sorge tragen, dass die Finanzierung durch die Mitgliedstaaten bzw. durch private Betreiber aufrechterhalten bleibt?

 

11. Erwartet die Kommission von den Mitgliedstaaten oder von den privaten Betreibern in deren Hoheitsbereich Programme oder Pläne, die eine Übersicht über die Finanzvorkehrungen für die einzelnen Tätigkeitsbereiche im Gesamtspektrum der Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen vermitteln, die den kommen­den Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten erforderlich sind?

 

 

 

Antwort von Herrn Oettinger im Namen der Kommission

 

 

1. Geltendes Recht:

Was die Fragen zur Finanzierung und zur Angemessenheit finanzieller Mittel für die sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle angeht, so enthalten folgende Texte ausführliche Antworten: die bereits vorliegende Empfehlung der Kommission vom 24. Oktober 2006 für die Verwaltung der Finanzmittel für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle (2006/851/Euratom)(1) und zwei daran anschließende Texte der Kommission, und zwar ein Leitfaden zu dieser Empfehlung („Guide to the recommendation on Decommissioning Financing“)(2) und ein Fragebogen für die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Empfehlung („Questionnaire designed to establish individual Member States alignment to the Commission Recommendation on the management of financial resources for the decommissioning of nuclear installations, spent fuel and radioactive waste“).

 

Die Mitgliedstaaten wurden gebeten, bis zum 31. Dezember 2010 aktuelle Informationen zu allen in diesen Texten behandelten Themen zu liefern, so dass der dritte „Bericht über die Verwendung der finanziellen Ressourcen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle“ bis zum Sommer 2011 abgefasst werden kann. Die Mitgliedstaaten werden der Kommission Bericht erstatten, z. B. darüber, wie sie gewährleisten, dass angemessene finanzielle Mittel bereitstehen, oder über die Umsetzung des „Verursacherprinzips“. Weitere Einzelheiten können Sie den Texten entnehmen, auf die in den beiden Fußnoten verwiesen wird. Der Bericht wird dem Parlament zur Information zugesandt.

 

2. Der überarbeitete Richtlinienvorschlag:

 

Ergänzend zu diesen Bestimmungen enthält der überarbeitete Vorschlag der Kommission vom 3. November 2010 für eine Richtlinie über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle folgende wichtige Elemente:

 

— Erstens werden mit Artikel 10 des Vorschlags „Finanzmittel“ die Mitgliedstaaten verpflichtet zu gewährleisten, dass angemessene Finanzmittel für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stehen, zu dem sie benötigt werden, im Einklang mit dem Verursacherprinzip. „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass durch den nationalen Rahmen gewährleistet ist, dass angemessene Finanzmittel für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stehen, zu dem sie benötigt werden, wobei die Verantwortung der Erzeuger radioaktiver Abfälle angemessen zu berücksichtigen ist.“

 

 

— Gemäß Artikel 14 Absatz 7 des Richtlinienentwurfs über den Inhalt der nationalen Programme sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine Abschätzung der Programmkosten sowie Ausgangsbasis und Hypothesen, auf denen diese Abschätzung beruht, u. a. eine Darstellung des zeitlichen Ablaufs, in ihr Programm aufzunehmen.

 

 

— Nach Artikel 14 Absatz 8 des Richtlinienentwurfs über den Inhalt der nationalen Programme ist eine Beschreibung der geltenden Finanzregelung(en) beizufügen, mit der (denen) die Abdeckung sämtlicher Programmkosten entsprechend dem vorgesehenen Zeitplan sichergestellt werden soll.

 

 

— Nach Artikel 12 Absatz 1 des Richtlinienentwurfs über Transparenz müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass den Arbeitskräften und der Bevölkerung Informationen über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zur Verfügung gestellt werden. Zu dieser Pflicht gehört sicherzustellen, dass die zuständige Regulierungsbehörde die Öffentlichkeit in ihren Zuständigkeitsbereichen informiert.

 

 

— Nach Artikel 12 Absatz 2 des Richtlinienentwurfs über Transparenz müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben wird, sich an der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle effektiv zu beteiligen.

 

 

3. Durchsetzung und Berichterstattung:

 

Da diese nationalen Programme der Kommission vorgelegt werden müssen, werden die Dienststellen der Kommission dafür sorgen, dass alle Bestimmungen der Richtlinie eingehalten werden. Dazu gehören auch Aspekte, die die Frau Abgeordnete angesprochen hat und die in der Empfehlung behandelt werden. Die Kommissionsdienststellen werden alle erforderlichen Einzelheiten sammeln, zusammenstellen und auswerten. Anschließend werden sie dem Parlament Bericht erstatten, wie dies sowohl in der Empfehlung als auch in dem überarbeiteten Richtlinienvorschlag vorgesehen ist.

 

(1) ABl. L 330 vom 28.11.2006.

 

(2) http://ec.europa.eu/energy/nuclear/decommissioning/doc/2010_guide_decommisioning.pdf

 

 


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