Koordinierung der EU-Wirtschaftspolitik
Zur heute von Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn vorgestellten Mitteilung der Kommission über eine Verstärkung der wirtschaftspolitischen Koordination in der EU erklärt Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Die Euro-Krise zeigt erneut, wie notwendig eine gemeinsame Wirtschafts- und Haushaltspolitik in der EU wäre. Den heutigen Vorschlägen der EU-Kommission fehlt jedoch weiter der Mut und die Konsequenz.
Es ist richtig die nationalen Haushalte europäisch zu koordinieren und zu kontrollieren. Die Eskalation der Verschuldung muss beendet werden. Die Koordinierung der Hauhaltspolitik muss ein Baustein für die unverzichtbare gemeinsame Wirtschaftspolitik werden. Bei der Diskussion und Entscheidung über die zukünftige Wirtschaftspolitik darf das Europäische Parlament nicht außen vor bleiben. Wir Grüne wollen nicht weiter hinnehmen, dass die Van Rompuy-Arbeitsgruppe das Parlament völlig ausschließt. Auch die Kommission muss, anders als in ihrer Mitteilung vorgesehen, die im Lissabon-Vertrag garantierten Mitentscheidungsrechte des EP in der Wirtschaftspolitik respektieren.
Die Grünen mahnen auch zur Vorsicht bei der jetzt herrschenden Euphorie für Einsparungspläne und Defizitabbau. Diese sind zwar nötig, müssen aber sozial ausgewogen und dürfen nicht zu steigender Arbeitslosigkeit führen."
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament erklärt dazu:
"Dem Konzept der EU-Kommission fehlen entscheidende Elemente einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik, ohne die ein verstärkter Wachstums- und Stabilitätspakt ins Leere läuft:
Der Krisenmechanismus, der am Wochenende mit heißer Nadel gestrickt wurde, darf nicht nur drei Jahre gelten, sondern muss dauerhaft angelegt werden. Allerdings muss endlich der intergouvernmentale Ansatz überwunden werden und endlich die Finanzierung über die Ausgabe von Eurobonds erlaubt werden und das nicht nur ausnahmsweise in Krisenzeiten.
Es ist skandalös, dass gegenüber einer früheren Fassung der Mitteilung die Forderung, dass nicht nur die Defizitländer zur Verantwortung gezogen werden müssen, einfach gestrichen wurde. Auch Überschussländer wie Deutschland, die auf eine Exportstrategie zu Lasten anderer setzten, müssen Anpassungsleistungen erbringen. Deutschland hat seine Löhne und Abgaben über Jahre systematisch gesenkt. Die Bundesregierung darf sich daher nicht weiter nach dem Motto “nur die anderen sind Schuld an der Krise” verweigern, sie muss die Binnennachfrage stärken und den Exportüberschuss abbauen.
Fast völlig fehlt auch die Steuerpolitik. Nur eine echte Koordinierung, die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips und Minimalharmonisierung in der Steuerpolitik bringen uns voran. Darüber hinaus sind diverse Steuermaßnahmen wettbewerbsrechtlich fraglich und müssten daher Untersuchungen und Beihilfeverfahren nach sich ziehen. Eine europäische Wirtschaftspolitik ohne gemeinsame Steuerpolitik wird nicht funktionieren."