Dass Barack Obama und Wladimir Putin gerade noch die Kurve bekommen und einen Militärschlag verhindert haben ist gut. Denn auch wenn das Elend der Menschen in Syrien unerträglich ist, bin ich überzeugt, dass alles, was die Region zusätzlich militarisiert, die Katastrophe verschärfen kann. Die EU sollte statt über militärisches Eingreifen nachzudenken, lieber endlich aufhören, Waffen in engere und weitere Regionen zu liefern. Unerträglich sind die Spekulationen und Informationen über die verschiedenen Lieferanten von chemischen Kampfstoffen. Es ist überfällig, dass die Europäer endlich ihrer Verantwortung für die syrischen Flüchtlinge nachkommen.
Seit Ausbruch des Bürgerkrieges sind bereits über zwei Millionen Menschen ins Ausland geflohen. Bis Ende des Jahres rechnet der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge mit 3,5 Millionen syrischen Flüchtlingen. Angesichts dieser Zahlen dürfen wir nicht zögern: die Menschen brauchen eine sichere und menschenwürdige Bleibe und die Möglichkeit, sich dort wo sie sind, frei zu bewegen! Die Ankündigung der deutschen Bundesregierung, 5.000 Syrier – und auch nur unter strengen Bedingungen – aufzunehmen, ist angesichts dieser Zahlen eine Schande! Innenminister Friedrich feierte letzte Woche die Ankunft der ersten 110 syrischen Flüchtlinge in Hannover als wären es 10.000. Es wäre sehr zu wünschen, dass noch viel mehr Menschen aufgenommen werden. Zwar haben sich einige Bundesländer bereit erklärt, darüber hinaus weitere Syrer willkommen zu heißen, die Verwandte in Deutschland haben. Aber nur, wenn diese für ihren Unterhalt und für ihre Einreise sorgen können. Das ist doch ein Unding! Ich frage mich, warum gerade das wirtschaftlich starke Deutschland nicht mehr zu leisten in der Lage ist. Immerhin Baden-Württemberg hat von dieser Regelung Abstand genommen!
Die meisten Flüchtlinge werden von den Nachbarländern Syriens aufgenommen, welche deshalb wirtschaftlich und gesellschaftlich unter extremem Druck stehen. Die EU muss diese Länder mit Hilfslieferungen unterstützen. Nur ein Bruchteil aller Flüchtlinge landet überhaupt in Europa. Laut UNHCR haben seit Beginn des Krieges gerade 45.000 syrische Staatsbürger Asylanträge in Europa gestellt. Sie werden nicht mit offenen Armen empfangen wie die ausgewählten 5.000 aus dem UN-Flüchtlingsprogramm. Sie müssen das oft langwierige Asylverfahren durchlaufen. Dürfen wir in Deutschland Flüchtlinge wirklich in erste und zweite Klasse unterteilen?
Immerhin: Es gibt auch positive Signale: Die von der schwedischen Regierung kürzlich signalisierte Bereitschaft, ihr Land ab sofort unbegrenzt für syrische Flüchtlinge zu öffnen und auch Angehörige von bereits in Schweden lebenden Syrern aufzunehmen, lässt mich hoffen, dass auch andere EU-Länder diesem Beispiel folgen werden.
Die EU muss jetzt als Ganzes handeln, mehr syrischen Flüchtlingen Schutz gewähren und die Nachbarländer Syriens aktiver unterstützen. Wir sind verantwortlich, für die grosse humanitäre Katstrophe entlang der syrischen Grenzen!