Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#hollande    12 | 10 | 2015
Blog

Besuch Merkel/Hollande im Europäischen Parlament

Der gemeinsame Auftritt von Angela Merkel und Francois Hollande stand im Mittelpunkt der vergangenen Straßburgwoche. Politik braucht Symbole. Und angesichts der wachsenden Verunsicherung der Bürger der Europäischen Union ist es zuerst mal ein gutes Zeichen, dass die beiden gemeinsam versuchen, Vertrauen in die europäische Handlungsfähigkeit zurück zu gewinnen.

Der Flüchtlingskrise und dem Eindruck einer regelrechten Völkerwanderung in Teilen der Welt sollten wir mit verantwortlichen europäischen Antworten begegnen.

Es war richtig, dass sich Angela Merkel angesichts der Not, in die zig Tausende von Flüchtlingen in Ungarn geraten waren, auf die europäische Werte- und die Menschenrechte besonnen hat, und die deutschen Grenzen für Flüchtlinge aus Ungarn geöffnet hat. Die Aufgaben in Deutschland wachsen seither täglich. Zwar können wir viel mehr Flüchtlinge aufnehmen als bisher. Aber das gilt auch für die anderen EU Staaten. Nach der mit Mehrheit erzwungenen EU-weiten Verteilung von 160.000 Menschen, die in Italien, Ungarn und Griechenland gestrandet waren, muss jetzt der weitere gemeinsame Weg der Flüchtlings- und Asylpolitik in Europa bestimmt werden. So wie in Deutschland wird es auch bei den Einigungen in Brüssel darum gehen, zunächst die akute Situation zu bewältigen.

Aber gleichzeitig müssen auch grundsätzlich neue brauchbare Regeln gefunden werden, die das Dublin-System ersetzen. In allen Bereichen sollten uns dabei unsere Werte und Menschenrechte leiten. Schlepperkriminalität muss bekämpft werden, dass kann aber nicht bedeuten, dass wir statt auf verantwortliche Kontrollen und Ordnung an den Außengrenzen auf Militarisierung und Abschreckung setzen. Mit dem türkischen Präsidenten Erdogan über besseren Schutz und Verbesserung der Lage für Flüchtlinge in der Türkei zu reden ist richtig. Aber wenn die EU die Eskalation innerhalb der Türkei gegen Kurden, Opposition und Medien toleriert, dann wird es nicht zu einer Verbesserung der Lage kommen. Gerade hat die kurdische Politikerin und Sakharov-Preisträgerin Leyla Zana, die uns auf meinen Wunsch hin in Straßburg besucht hat, erneut an alle Beteiligten in der Türkei appelliert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Denn nur ein gewaltfreier demokratischer Prozess kann der Türkei Frieden bringen.

Das Vertrauen der Bürger in die Köpfe der Europäischen Union wird nicht gerade dadurch gestärkt, dass wir uns von einer Krise zur nächsten hangeln. Wir lassen einfach zu vieles unerledigt liegen. Die innere Stabilität der EU, ein neues Grundvertrauen der Bürger, können wir erst gewinnen, wenn der Euro stabil gemacht wird. Wir müssen die Lehren aus der Eurokrise ziehen: Frankreich muss über seinen Schatten springen in Sachen Souveränität. Und Deutschland muss sich lösen von der alleinigen Fixierung auf die Schulden. Eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik kann nicht funktionieren. Erst wenn wir stabiler nach innen werden, werden wir in der Lage sein, auf die Krisen zu reagieren wie es unserer europäischen Stärke und den berechtigten internationalen Erwartungen an uns entspricht.


#hollande   #merkel   #eurokrise   #flüchtlingspolitik