Die Debatte um die Regulierung
der CO2-Emissionen von Autos und kleinen Nutzfahrzeugen hat sich in den letzten
Monaten immer weiter hochgeschaukelt. Kurz vor der Sommerpause trafen sich die
zuständigen Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen, um Kompromisse zu
finden.
Was mich besonders umtreibt in dieser Debatte ist, wie mit Interessen der Beschäftigten in der Autoindustrie umgegangen wird. Es zeichnet sich ab, dass neue Technologien und Entwicklungen im Automobilsektor Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze haben werden. Darauf müssen wir Antworten finden und wir brauchen dringend begleitende Maßnahmen für die Transformation des Sektors, um Schocks für Beschäftigte und Regionen zu verhindern. Den Ehrgeiz beim Klimaschutz runterzuschrauben, wäre aber eine sehr kurzsichtige und auch die falsche Reaktion.
Ich teile die Sorge um die Zukunft der Jobs in der Autoindustrie. Aber ich finde die Debatte zum Teil äußerst unehrlich. Denn wenn man sich die Zahlen mal anschaut, bspw. die der ELAB 2.0-Studie, fällt einem auf, dass zentrale Ergebnisse nicht ganz zusammen passen mit den alarmistischen Schlagzeilen, die es bisher dazu gab. So ist durch Produktivitätssteigerungen allein - ganz ohne einen Umstieg auf Elektromotoren - mit einem Rückgang der Beschäftigung in der Antriebsfertigung von 27% bis 2030 zu rechnen. Dieser Effekt überwiegt in fast allen betrachteten Szenarien. Erst beim ehrgeizigsten Szenario, das von 80% batterieelektrischen Neuwagen in 2030 ausgeht, ist der Effekt der Elektrifizierung stärker als der der Produktivitätssteigerung - und dieses Szenario ist zugegebenermaßen nicht nur extrem ehrgeizig, sondern auch unrealistisch.
Die böseste Zuspitzung dazu war jüngst die Frage, ob es eigentlich in Zukunft eine Rolle spielt, ob ein Roboter ein Elektroauto oder ein Auto mit Verbrennungsmotor zusammenschraubt.
Ein weiterer Effekt, der in der Studie ELAB 2.0 Studie der IG Metall nicht betrachtet wird (da diese sich nur mit der Beschäftigung in der Antriebsfertigung befasst), sind die Arbeitsplatzeffekte der Digitalisierung beispielsweise durch autonomes Fahren. Sollten Jobs für Lastwagenfahrer, Taxifahrer und Busfahrer wegfallen, wären davon Millionen Arbeitsplätze in der EU betroffen.
Dennoch stellt niemand in Frage, dass Automatisierung und Digitalisierung Fortschritt bedeuten und deshalb verfolgt werden müssen. Neue Technologie, die dem Klimaschutz dient, wird mit anderer Elle gemessen. Das darf nicht sein.
Wir können es uns nicht leisten klimafreundliche Technologien, die anwendungsreif sind, nicht zu nutzen. Es wäre mit den Zielen von Paris nicht zu vereinbaren. Noch dazu wird die europäische Industrie den internationalen Wettbewerb bei der Elektromobilität verlieren. Was dies langfristig für die Beschäftigung in Europa bedeuten würde, ist Spekulation. Gut wäre es aber sicherlich nicht. Schon heute investieren europäische Unternehmen sieben Mal mehr in Elektromobilität in China als in der EU. Das liegt daran, dass China den Herstellern Vorgaben zur Produktion von Elektrofahrzeugen macht - die EU bislang nicht. Die neuen Arbeitsplätze entstehen jetzt in China.
Wir brauchen eine umfassendere Verständigung darüber, wie die Mobilität der Zukunft aussehen kann, die sicherstellt, dass die positiven Effekte durch technologische Erneuerung genutzt werden, und die negativen Effekte möglichst vermieden werden. Verantwortliche Entscheidungen müssen auf Technikfolgenabschätzungen beruhen, nicht nur für elektrische Antriebe, sondern auch für Digitalisierung und Automatisierung im Allgemeinen.
Einen ersten Aufschlag dazu machten unabhängige Experten mit dem von mir in Auftrag gegebenen Bericht A CALL FOR NEW EUROPEAN MOBILITY POLICIES. Die Richtlinie zu CO2 Emissionen von PKW und leichten Lastkraftwagen wird im September im Umweltausschuss und im Oktober im Europäischen Parlament abgestimmt werden.