Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atom    07 | 05 | 2009

Hochgradig radioaktiver Abfall beim Störfall in Sellafield

 

Parlamentarische Anfrage vom 07. Mai 2009



Am Donnerstag, 2. April 2009, ereignete sich an den Lagertanks für hochgradig radioaktiven Abfall in Sellafield (Cumbia) in der Nähe des Lake-District-Nationalparks in Nordwestengland ein größerer Störfall, bei dem es nach der nicht ordnungsgemäßen Wiedereinsetzung eines von mehreren Steuerventilen, die zu Wartungszwecken abgeschaltet worden waren, an allen Lagertanks zu Kühlwasserverlusten kam.

Einige der Lagertanks weisen eine höhere Wärmebelastung (da die hochgradig radioaktiven flüssigen Abfälle sowohl physikalisch heiß als auch hoch radioaktiv sind) als andere auf, und folglich waren die Bemühungen zur Wiederinstandsetzung der Kühlwasserversorgung zunächst auf die drei Tanks mit der höchsten Wärmebelastung gerichtet. Die Kühlung wurde für den ersten dieser Tanks nach 75 Minuten und für alle drei Tanks nach drei Stunden wiederhergestellt.

Laut dem betriebsinternen Informationsblatt von Sellafield wurde die Kühlung für alle Tanks erst nach 8 Stunden wiederhergestellt, was der Frist von 10,5 Stunden gefährlich nahe kommt, die im Notfallplan für die Anlage in Sellafield vorgesehen ist.

Kann die Kommission Folgendes mitteilen:
1.     Welche Berichte von „Nuclear Management Partners“, dem für den Betrieb von Sellafield zuständigen privaten Verwaltungskonsortium, sind bei ihr zu diesem Störfall eingegangen?
2.     Wann informierte die britische Regierung die Kommission bzw. Euratom über diesen Störfall, und was berichtete das Vereinigte Königreich darüber?
3.     Welche Informationen erhielt die Kommission über die den benachbarten Mitgliedstaaten, insbesondere Irland, übermittelten Mitteilungen über diesen Störfall?
4.     Wie bewertet sie die Sicherheitsaspekte, die sich daraus ergeben, dass „Nuclear Management Partners“ sich weigert, eine Störfallversicherung abzuschließen, und sich die Firma stattdessen darauf verlässt, dass die britischen Steuerzahler die Versicherungsverbindlichkeiten in Sellafield tragen?

 

Antwort von Herrn Piebalgs im Namen der Europäischen Kommission:


1.-3. Die Kommission erfuhr von der Störung, die sich am Donnerstag, dem 2. April 2009, an den Lagertanks für hochradioaktive Abfälle in Sellafield ereignete, aus einer öffentlichen Quelle. Die britische Überwachungsbehörde für kerntechnische Anlagen untersucht derzeit die Umstände dieses Vorfalls.

Der Vorfall wurde in die Kategorie 1 der INES-Skala(1)  eingeordnet und hatte somit keine internationale Bedeutung. Die Mitteilungen darüber beschränkten sich daher auf die Behörden des Vereinigten Königreichs.

4. Das Vereinigte Königreich ist Vertragsstaat des Übereinkommens über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie vom 29. Juli 1960 (Pariser Übereinkommen)(2) . Nach dem Pariser Übereinkommen ist der Betreiber einer kerntechnischen Anlage ausschließlich und verschuldensunabhängig für Schäden und Verluste haftbar, die durch kerntechnische Vorfälle verursacht werden, wobei der Haftungsbetrag jedoch begrenzt ist(3) . Der Betreiber ist verpflichtet, eine Versicherung in der Höhe seiner Haftung abzuschließen.

 

Anmerkungen:


(1)  Die INES-Skala (Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse) dient zur schnellen und einheitlichen Information der Öffentlichkeit über die Sicherheitsrelevanz gemeldeter Vorfälle in kerntechnischen Anlagen. Die Vorfälle werden in sieben Stufen eingeteilt: Vorfälle der oberen Stufen (4−7) werden als Unfälle bezeichnet, Vorfälle der unteren Stufen (1−3) als Störfälle bzw. Störungen. Ereignisse ohne Sicherheitsrelevanz werden in die Stufe 0 eingeordnet und „Abweichungen“ genannt. (http://www.iaea.org/Publications/Factsheets/English/ines.pdf).

(2)  http://www.nea.fr/html/law/nlparis_conv.html.

(3)  Im jüngsten Protokoll zur Änderung des Pariser Übereinkommens aus dem Jahr 2004 wurde der Betrag auf 700 Mio. EUR erhöht.


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