Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atom    07 | 05 | 2009

Neubau von Atomkraftwerken ohne Abfallvorsorge

 

Parlamentarische Anfrage vom 07. Mai 2009



Der Entsorgungsbericht der Kommission (KOM(2008)0542) enthält Angaben über den Stand der Endlagerung in den EU-Mitgliedstaaten und über die weitere Entwicklung der Atomenergienutzung. Für die EU-Mitgliedstaaten Bulgarien, Litauen, Rumänien und Slowakische Republik werden der Neu- oder Fertigbau von Atomkraftwerken und für die Niederlande die Laufzeitverlängerung angegeben. Dies sorgt für eine deutliche Vergrößerung der Abfallmengen in diesen Staaten. Zur baldigen Errichtung von Endlagern für hoch radioaktive Abfälle und überwiegend auch für schwach und mittelradioaktive Abfälle werden im Entsorgungsbericht für diese Staaten keine nachhaltigen Aktivitäten angegeben.

1. Teilt die Kommission die Meinung, dass als Voraussetzung für die Genehmigung zur Inbetriebnahme bzw. Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in allen EU-Mitgliedstaaten der Nachweis eines tragfähigen Konzepts zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aller Arten sowie ein verbindlicher Zeitplan für dessen Umsetzung erforderlich sein sollten?

2. Ist die Genehmigung ohne diese Voraussetzungen, abgesehen von den Gefahren durch den Betrieb des Atomkraftwerks selber, sicherheitstechnisch verantwortbar?

3. Welche Probleme sieht die Kommission hinsichtlich ökonomischer Wettbewerbsaspekte durch das beabsichtigte Vorgehen in den genannten Mitgliedstaaten?

 

 

Antwort von Herrn Piebalgs im Namen der Europäischen Kommission:


1.    Die Kommission untersucht im Rahmen der Mitteilung gemäß Artikel 41 des Euratom-Vertrags eingehend die Bestimmungen hinsichtlich der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle sowie die entsprechende Finanzierungsregelung.
    
2007 nahm sie eine „Empfehlung für die Verwaltung der Finanzmittel für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle“(1) an.

Die Genehmigung von Inbetriebnahmen bzw. Laufzeitverlängerungen kerntechnischer Anlagen fällt jedoch in die nationale Zuständigkeit.

2.    Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Wahrnehmung ihrer nationalen Zuständigkeit und wirkt dabei fortlaufend auf Fortschritte bei der Verwirklichung von Endlagern hin, was ihrem Lagebericht über die Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennstoffe in der Europäischen Union(2) zu entnehmen ist.
 
3.      Was die Wettbewerbspolitik im Bereich der Entsorgung radioaktiver Abfälle betrifft, möchte die Kommission auf eventuelle beihilferechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Einhaltung des Verursacherprinzips verweisen. Das Verursacherprinzip sieht vor, dass auch die Kosten für die Stillegung und die Behandlung radioaktiver Abfälle von den Betreibern kerntechnischer Anlagen getragen werden. Ein Aufkommen für die Kosten seitens des Staates könnte als staatliche Beihilfe angesehen werden. Allerdings können Beihilfen, wenn bestimmte in Artikel 87 Absatz 3 des EG-Vertrags festgelegte Bedingungen erfüllt sind, durchaus als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden. In der Vergangenheit hat die Kommission in einigen Fällen – verbunden mit Auflagen – die Gewährung staatlicher Beihilfen zur Stillegung kerntechnischer Anlagen in Anwendung von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c des EG-Vertrags als mit dem Binnenmarkt vereinbar gewertet: Dabei gab den Ausschlag, dass die positiven Auswirkungen der Beihilfen für bestimmte Gemeinschaftsziele die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb aufwogen.(3)

 

 

Anmerkungen:

 

[1] ABl. L 330 vom 28.11.2006.

[2] KOM(2008) 542 endg.

[3] Zum Beispiel die britischen Verfahren hinsichtlich der Agentur für die Stillegung kerntechnischer Anlagen: Rechtsache C 39/2004 über staatliche Beihilfen, die das Vereinigte Königreich für die Einrichtung einer Agentur für die Stillegung kerntechnischer Anlagen zu gewähren plant. ABl. L 268, 27.9.2006, S. 37. Deutsche Fassung unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:268:0037:0057:DE:PDF und bezüglich British Energy:  Rechtssache C 52/2003 über die staatliche Beihilfe des Vereinigten Königreiches zugunsten von British Energy plc. ABl. L 142 vom 6.6.2005, S. 26. Deutsche Fassung unter:

 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:142:0026:0080:DE:PDF. 

 


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