Die Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament hat am heutigen Mittwoch den Einspruch gegen die laschen Grenzwerte für die Abgastests für Autos abgelehnt.
Damit gilt die Entscheidung aus dem Komitologie-Verfahren, die es erlaubt, die eigentlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Stickoxid noch jahrelang um ein Vielfaches zu überschreiten (1). Die Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion, Rebecca Harms, kritisiert die Entscheidung scharf:
"Die Mehrheit aus konservativen und auch einigen sozialdemokratischen Abgeordneten hat sich von der Autolobby einlullen lassen. Sie machen damit das Prinzip der Grenzwertüberschreitung zum Gesetz. Die Interessen der Automobilindustrie scheinen letztendlich mehr zu wiegen als die Gesundheit der Menschen. Das scheinheilige Argument der Industrie, dass eine Ablehnung der Grenzwerte die Einführung der besseren Testverfahren verzögern würde, ist schlichtweg falsch. Die Tests hätten auch nach dem Einspruch unverzüglich wie geplant zur Datenerhebung eingeführt werden können. Für alle neu zugelassen Fahrzeuge sollen sie sowieso erst ab 2019 gelten. Zeit für eine bessere Einigung hätte es gegeben.
Die Abgeordneten haben mit ihrer Entscheidung im Nachhinein das Verhalten der Autoindustrie legalisiert, die seit Jahren nichts dafür tut, die Grenzwerte zu erreichen, sondern weiter macht wie bisher oder sogar gezielt betrügt. Das gefährdet die Zukunftsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie, die wichtige Umweltinnovationen verschläft.
Sogar die Aufrufe einiger Bürgermeister von Großstädten wie Paris, Kopenhagen, Madrid und Neapel, diese Aufweichung zu verhindern, haben die Abgeordneten ignoriert. Sie scheren sich nicht darum, dass viele Städte gerade in diesem Winter unter Smogalarm leiden.
Die Mehrheit der Abgeordneten hat einer Entscheidung zugestimmt, die der Rechtsausschuss des Parlaments vor wenigen Tagen für rechtswidrig erklärt hat, weil die EU-Kommission im Komitologie-Verfahren ihre Kompetenzen überschritten hat. Die Abgeordneten haben sich damit selbst ihrer gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit beraubt."
(1) Die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten haben sich im Komitologieverfahren auf einen Konformitätsfaktor von 2,1 für neue Fahrzeugmodelle ab 2017 und für die Zulassung von Neuwagen ab 2019 geeinigt. Ab 2020 bzw. 2021 soll ein Faktor von 1,5 gelten. Damit können die eigentlich in der Gesetzgebung festgelegten Grenzwerte bis 2020 um mehr als das Doppelte überschritten werden. Danach noch immer um 50 Prozent. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hatte gegen diese Entscheidung im Dezember vergangenen Jahres Einspruch eingelegt.