Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#newsletter    24 | 04 | 2013

Newsletter 04/13


Liebe Freundinnen und Freunde,

die Abstimmung über das "backloading" letzte Woche in Straßburg war ein echter Klimaschock. Diese Notmaßnahme, zeitweise 900 Millionen Zertifikaten aus dem Markt zunehmen, scheiterte an der konservativ-liberale Mehrheit des europäischen Parlaments. Zu Recht sind nach der Abstimmung die konservativen Abgeordneten mit schweren Vorwürfen überhäuft worden. Sie haben sich darauf eingeschworen, die gemeinsame Klimapolitik einzustampfen. Gestoppt werden kann dieser Irrsinn nur noch durch verantwortungsbewusste Entscheidungen des Rates. In Brüssel fragen sich viele, ob Angela Merkel nun endlich im Rat Position bezieht. Sie könnte das Blatt wenden, wenn sie sich klar für einen funktionierenden Emissionshandel ausspricht. Viel Zeit bleibt ihr nicht. Es geht um ein europäisches Vorzeigestück. Es geht um die europäische Verantwortung für den globalen Klimaschutz.

Wieder stand in Straßburg Ungarn und die vierte Verfassungsänderung auf der Tagesordnung, mit der Viktor Orban das Land nach seinen Ideen und mit Hilfe seiner 2/3 Mehrheit umbaut. Was können wir Europäer eigentlich tun, wenn ein Mitgliedsland die europäischen Werte und die Grundrechte zunehmend aufgibt? Sind wir in der EU so hilflos, wie es aussieht? Weniger machtlos wären wir jedenfalls, wenn die EVP-Fraktion ihre schützende Hand von Victor Orban und seiner Partei nehmen würde. Leider haben die Konservativen in einer Sitzung mit Orban dem Ungarn gerade wieder applaudiert. Wir erwarten nun im Mai eine spannende Auseinandersetzung um den Bericht unseres Kollegen aus der Grünen Fraktion im zuständigen LIBE-Ausschuss, in welchem es darum geht, Instrumente zu klären, mit denen die EU auch nach Beitritt eines Landes die Beitrittsbedingungen weiter durchsetzen kann. Ungarn ist Anlass und Beispiel dafür, wie nötig wir eine Einigung darüber brauchen. Allerdings wäre es falsch die Probleme als Probleme des Ostens der EU zu sehen. Schon zu Italien hat der Rest der EU viel zu lange geschwiegen.

Was es sonst noch gab findet Ihr unten im Newsletter. Natürlich war Zypern auch wieder auf der Tagesordnung. In diesem Zusammenhang besorgt mich am meisten, dass die Bundesregierung die Bankenunion aufhält.
Auch über Gorleben und das Endlagersuchgesetz wird weiter gestritten. Ob mit oder ohne Kompromiss wird die Endlagersuche die deutsche Politik noch viele Jahrzehnte beschäftigen. Gut ist zumindest, dass das gefährliche Erbe der Atomindustrie endlich mehr Aufmerksamkeit erfährt. Mehr dazu in meinem Kommentar.

Salut. Rebecca

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1. Emissionshandel – "Backloading"
Mit der Ablehnung von Rettungsmaßnahmen für das vor dem Kollaps stehende europäische Emissionshandelssystem, bisher das Vorzeigeinstrument europäischer Klimapolitik, hat das Europäische Parlament vergangene Woche die europäische Klimapolitik in eine tiefe Krise gestürzt. Die EU-Regierungen und die EU-Kommission müssen nun mutige politische Entscheidungen treffen, um die gemeinsame europäische Klimapolitik und auch die internationale Glaubwürdigkeit der EU zu retten.

Rettung des Emissionshandels liegt nun in den Händen der EU-Umweltminister (Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 22.04.2013)
Verantwortungslose EP-Mehrheit verhindert die Rettung des Emissionshandels (Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 16.04.2013)
Grüner Appell an Merkel zur Reform des CO2-Handels (greenpeace-magazin.de, 22.04.2013)
Ein guter Tag für Dreckschleudern (taz-Artikel vom 17.04.2013)
Parlament in Straßburg stimmt gegen Verknappung von Zertifikaten (Tagesschau, 16.04.2013)
Hintergrund zum backloading auf Rebeccas Homepage
Kommissionsvorschlag zum 'backloading'

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2. Bankenregulierung
Das Europäische Parlament hat am 16.04.2013 mit breiter Mehrheit die CRD IV Regulierung (Capital Requirements Directive) verabschiedet. Eine durchgesetzte grüne Kernforderung ist ein zusätzlicher Eigenkapitalpuffer für die wichtigsten, systemrelevanten Banken. Dieser Puffer ist ein wichtiger Schritt, um zu verhindern, dass Steuerzahler die finanziellen Trümmer zusammengebrochener Großbanken schultern müssen. Zudem werden erfolgsabhängige Zahlungen und Boni von Bankern auf das maximal Zweifache des Festgehalts begrenzt. Diesen Erfolg gilt es nun auf andere Finanzmarktakteure, wie Fondsmanager, auszuweiten.

Neue Regeln für europäische Banken (Artikel von Sven Giegold auf gruene-europa.de)

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3. Verfassungsänderungen in Ungarn
Am vergangenen Mittwoch diskutierte das Europaparlament die Frage, ob Ungarns rechtskonservative Regierung mit ihren zahlreichen Verfassungsänderungen zentrale Grundrechte einschränkt. Wirksame Instrumente um rechtstaatliche Defizite in einem Mitgliedsland zu bestrafen, fehlen auf europäischer Ebene bisher. Rebecca lehnt ein Artikel Sieben-Verfahren, mit welchem Ungarn das Stimmrecht in der EU entzogen werden könnte, zum jetzigen Zeitpunkt jedoch ab.

Verfassungsänderungen in Ungarn: EU muss endlich Instrumente zur Sicherung der Grundrechte schaffen (Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 17.04.2013)
Mit "Zahnstocher oder Atombombe" gegen Ungarn? (tagesschau.de/BR-Hörfunkstudio Brüssel, 17.04.2013)
Plenarrede von Rebecca Harms vom 17.04.2013

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4. Abwracken von Schiffen
Die Europa-Abgeordneten unterstützten in Straßburg die Vorschläge des grünen Berichterstatters Carl Schlyter (Schweden), in Zukunft Schiffe nicht mehr an Stränden abzuwracken. Allerdings lehnte das Plenum das Kernstück des Vorschlags, ein Finanzinstrument zur Förderung des umweltverträglichen Recyclings von Schiffen, ab. Damit verliert die Neuregelung ihren Biss, da erst durch dieses Finanzinstrument das sichere Abwracken von Schiffen wettbewerbsfähig geworden wäre.

EU-Parlament verschärft Maßnahmen gegen illegales Schiffabwracken, lehnt aber entscheidendes Finanzinstrument ab (Pressemitteilung vom 18.04.2013)

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5. Begnadigungen in der Ukraine
Die Grüne/EFA Fraktion erkennt die besonderen Anstrengungen von Pat Cox und Alexander Kwasniewski an, die den Weg für die Begnadigungen der beiden ehemaligen ukrainischen Minister Juri Luzenko und Georgi Filiptschuk mit bereitet haben. Die Rechtsstaatlichkeit der Ukraine muss weiter im Mittelpunkt der Debatte zwischen der EU und der Ukraine stehen. Auch Julia Timoschenko muss endlich wieder in Freiheit leben können und politisch rehabilitiert werden.

Begnadigungen in der Ukraine: Präsident Janukowitsch sendet ein erstes gutes Signal - Freiheit für Timoschenko muss folgen (Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 07.04.2013)

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6. Enquetekommission Endlagersuche
Das Gesetz zur Endlagersuche macht noch keine Lösung des Atommüll-Problems. Es sichert nicht eine ergebnisoffene Suche in ganz Deutschland. Doch die zwischen Bundesrat, Bundesumweltminister und Fraktionsvorsitzenden des Bundestages beschlossene Enquetekommission bietet eine Chance, alle Fragen der Endlagerung sowie Regeln und Kriterien eines Suchverfahrens endlich öffentlich zu diskutieren und zu klären. Wer jedoch behauptet, mit dem Kompromiss sei das bereits erreicht, der macht sich etwas vor. Dieser Zweckoptimismus gefährdet den Erfolg der Kommission.

Noch kein Durchbruch (Kommentar von Rebecca Harms in der Frankfurter Rundschau, 19.04.2013)
Licht am Ende des Tunnels (Wortlautinterview mit der Lüneburger Landeszeitung, 28.03.2013)
Neue Kommission für alte Fragen (taz.de-Artikel vom 08.04.2913)

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7. Termine
10.-12. Mai 2013: EGP Spring Council, Madrid.
17. Mai: FYEG-Spring Conference: "Crisis and Growth – Where do we go, if we do not grow?", Mechelen, Belgien.


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