Als hätte er Angst vor den Protesten: Kurz vor dem europaweiten Aktionstag gegen das US-EU-Freihandelsabkommen TTIP macht der Noch-Handelskommissar in Brüssel die Überraschung perfekt und kündigt an, das Verhandlungsmandat, das er seit Monaten geheim hält, nun doch zu veröffentlichen. Das ist klar ein Erfolg der Bürgerproteste und auch grüner Mobilisierung in den vergangenen Monaten. De Gucht scheint nun doch nicht mehr so unbeeindruckt und gibt nach.
Aber es ist eben auch eine geschickte PR-Aktion des Handelskommissars, denn wir Grüne haben schon vor knapp einem halben Jahr eine geleakte Version der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. http://www.ttip-leak.eu/
Und nur weil de Gucht jetzt einen auf Transparenz macht, lösen sich unsere grundsätzlichen Bedenken gegen TTIP nicht auf. Deshalb gilt: Mitmachen an diesem Samstag gegen TTIP!
http://www.ttip-unfairhandelbar.de/start/aktionstag/
Nicht oft genug kann man sagen, worum es eigentlich geht: Mit TTIP sollen sogenannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut sowie Investitionsschiedsgerichte (ISDS) systematisch eingeführt werden. An dem soeben fertig verhandelten Abkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) kann man ablesen, was uns mit TTIP droht:
CETA zielt in der kommunalen Daseinsvorsorge auf eine komplette Liberalisierung des Dienstleistungsbereichs - außer für Bereiche, die explizit aufgelistet sind. Alles was in Zukunft dazu kommt, wird liberalisiert werden. Kein Parlament kann da Einspruch erheben. Eine Rekommunalisierung ist ebenfalls ausgeschlossen.
Mit CETA bekommen Unternehmen Klagerechte gegen die Entscheidungen von nationalen Parlamenten und Regierungen. Und genau so soll es auch in TTIP verankert werden. Für solche Klagen gibt es bereits jetzt Beispiele. So verklagt der schwedische Konzern Vattenfall Deutschland auf 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz wegen des Ausstiegs aus der Atomenergie. Auf das Urteil wird noch gewartet.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel äußerte zwar öffentlich Skepsis hinsichtlich des ISDS-Verfahrens. Aber darauf verlassen, dass er solche Systeme tatsächlich verhindert würde, kann man sich nicht. Eine von ihm vorgelegte Studie deutet vielmehr darauf hin, dass er alles für eine spätere Zustimmung vorbereitet.
Dazu kommen neue Meldungen aus den laufenden TTIP-Verhandlungen: De Gucht fordert offen, die Anerkennung von genmodifizierten Pflanzen aus den USA in der Europäischen Union zu beschleunigen. Denn während in der EU lediglich eine gentechnische veränderte Pflanze zugelassen ist, so sind es in den USA bereits 96. Würde De Guchts Wunsch umgesetzt, könnten wir bald viel mehr genmodifizierte Pflanzen auf unseren Äckern und auch in unseren Lebensmitteln finden.
Ende dieses Mandats wechselt die Europäische Kommission in Brüssel. Die kommende Handelskommissarin Malmström hat sich in den Anhörungen im EU-Parlament zu TTIP bekannt. Deshalb müssen wir weiter Druck machen – beim Aktionstag und bei unserer Arbeit in Brüssel.