Das Europäische Parlament hat heute mit sehr großer Mehrheit die vom Wirtschaftsausschuss beschlossene Position zum gemeinsamen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM - Abwicklungsbehörde und Fonds) bestätigt. Der SRM ist ein Teil der Europäischen Bankenunion, ohne den die negative Spirale zwischen Bankenkrisen und Staatsschulden nicht gebrochen werden kann. Die Positionen zur Ausgestaltung des Bankenabwicklungsmechanismus liegen weit auseinander. Die Verhandlungen zwischen dem Rat der Mitgliedsländer und dem Europaparlament sind daher bislang ergebnislos verlaufen. Die Verhandlungsdelegation hat sich deshalb entschieden, den Druck durch eine Abstimmung der Parlamentsposition im Plenum zu erhöhen.
Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Sven Giegold, Grüner Schattenberichterstatter zum Bankenabwicklungsmechanismus kommentieren die Parlamentsposition:
“Das Europaparlament geht mit diesem Beschluss parteiübergreifend auf Kollisionskurs mit der Großen Koalition in Berlin. Die Vertreter der Mitgliedsstaaten und allen voran Finanzminister Schäuble wollen ein unverantwortlich langwieriges Verfahren zwischen den Mitgliedsländern, um über die Abwicklung von Finanzinstituten zu entscheiden. Der angestrebte intergouvernementale Entscheidungsmechanismus ist bürokratisch und vollkommen ungeeignet, mit Krisensituationen umzugehen und die Steuerzahler vor neuen Bankenpleiten zu schützen. Er steht in direktem Gegensatz zu den demokratischen Grundprinzipien der Europäischen Union und zur versprochenen Bankenunion.
Daher fordert das Europäische Parlament, dass die Entscheidung, ob ein Institut abgewickelt werden soll, von einem überwiegend mit europäischen Vertretern besetzten Gremium vorbereitet wird. Es muss sichergestellt werden, dass die Abgeordneten des Europaparlaments bei der Ernennung des Entscheidungsgremiums ein Mitentscheidungsrecht haben. Nur so ist gewährleistet, dass die Entscheidungsträger demokratisch kontrolliert und dem gemeinsamen Wohle Europas verpflichtet sind.
Das Europaparlament will zudem einen wirklich einheitlichen Europäischen Abwicklungsfonds schaffen. Nur ein einheitlicher Fonds komplettiert den Europäischen Abwicklungsmechanismus und ermöglicht, dass in Zukunft der Bankensektor für seine Rechnungen selbst bezahlen muss. Dagegen will die Bundesregierung für weitere zehn Jahre neue nationale Sparprogramme für offene Rechnungen aus Bankenkrisen. Wir freuen uns darüber, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion nun in einem Brief auf die Seite des Europaparlaments geschlagen hat. Jetzt wird es höchste Zeit, dass die Bundesregierung nachzieht.
Mit dem Auslagern eines Teil der Verordnung in einen zwischenstaatlichen Vertrag verletzt der Rat das in den EU Verträgen angelegte Prinzip der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaftsinstitutionen. Die Europäische Kommission kuscht vor dem Rat, anstatt ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht zu werden. Einzig die Bundesregierung ist der Auffassung dieser zwischenstaatliche Vertrag sei notwendig. Bundesfinanzminister Schäuble weigert sich seit Wochen, diese Mindermeinung mit einem soliden Rechtsgutachten zu untermauern. Die im Rahmen der intergouvernementalen Konferenz geführten Verhandlungen müssen Teil der ordentlichen Trilogverhandlungen zwischen Rat, EP und Kommission werden."
Unsere Illustration zur bürokratischen Struktur des SRM (Ratsposition): http://www.sven-giegold.de/2014/bankenrettung-leicht-gemacht/
Vergleich zwischen Rats- und Parlamentsposition: http://www.sven-giegold.de/2014/wer-macht-gute-gesetzgebung-rat-oder-europaparlament/
Grünes Rechtsgutachten zur Ratsposition des SRM: http://www.sven-giegold.de/2014/sz-verstos-gegen-eu-recht-tagesspiegel-eu-parlamentarier-gegen-zwischenstaatlichen-vertrag/