1. ENEF: European Nuclear Energy Forum
2. Piebalgs diskutiert Atomkraft „ohne Tabus“
3. Zwischenbericht über die „Fakten des Klimawandels“
4. UN-Biodiversitätskonferenz
5. Gen-Maisanbau im Elbetal
6. Termine
Liebe Freundinnen und Freunde,
Ende Mai war ich in Prag. Leider nicht um mit Milan Horacek über den Prager Frühling zu diskutieren. Ich war beim ENEF. Dieses Kürzel steht für „European Nuclear Energy Forum“. Dahinter steckt die Europäische Kommission. Und hinter der steckt die Atomindustrie Europas. Gemeinsam und dabei unterstützt von einigen EU-Staaten hatte man sich im Herbst 2007 vorgenommen, einen vorurteilsfreien und enttabuisierten Dialog um die Zukunft der Atomenergie zu organisieren. Selbst Kritiker der Atomspaltung sollten in diesem Forum zu Wort kommen. Tatsächlich befanden sich unter den ca. 200 Teilnehmern auch zwei Vertreter von Anti-AKW Gruppen. Zählt man mich dazu, dann waren wir schon drei. Nach zwei großen ENEF-Veranstaltungen in Bratislava und in der letzten Woche in Prag und etlichen Sitzungen in Arbeitsgruppen kann ich eines festhalten: Ich bekenne, meine (Vor)-Urteile bestehen fort.
Die Sprecher der Atomwirtschaft, die in Prag aufgetreten sind, halten die fehlende Akzeptanz für die Atomkraft für das größte atomare Risiko. Sie fürchten weder große Unfälle, noch sehen sie ein größeres Problem in der Endlagerung von Atommüll. Sie ignorieren oder relativieren Gefahren durch Terrorismus („Aber liebe Frau Harms, Al Qaida könnte doch auch ein Chemiewerk angreifen!“) Und gegen die Bombe in den falschen Händen – also gegen Proliferation – hat man ja Muhammed El Barradei und den Nichtweiterverbreitungspakt. Und weil der bisher Lücken hatte (man denke an Nordkorea) oder Widersprüche (z.B. in Sachen Iran), weil es einfach gar nicht gut lief, will man sich jetzt bessern. Dazu gelobten Kommissionspräsident Barroso und El Barradei jüngst, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um in Entwicklungsländern die Grundlagen für Atomkraft zu schaffen. Überall da wo es bisher weder institutionelle noch rechtliche Grundlagen für die Atomkraftnutzung gibt, wollen EU und IAEA helfen. Denn die Verbreitung der Atomkraft in der Welt ist das gemeinsame Ziel.
Besonders drängt es den tschechischen Ministerpräsidenten Topolanek an die Pro-Atom-Front. Er fordert die verstärkte Zusammenarbeit der Pro-Atom-Mitgliedstaaten. Mir schien, er würde am liebsten eigenhändig anpacken in Temelin. Aber bevor es dort um den nächsten Block gehen wird, wird es wohl aus Brüssel grünes Licht für Mochovce geben. Beim ENEF wurde hier und da gemunkelt, dass ENEL wegen revidierter Kostenkalkulationen Abstand nimmt von diesem verrükten Plan, Reaktoren ohne Containment zu bauen. Unter vier Augen wurde auch schon mal von dem einen oder anderen aus der deutschen Atomwirtschaft die Belene- oder Mochovce-Strategie der Konkurrenz kritisiert. Auf dem Podium und vor Publikum wird darüber vornehm geschwiegen. Diskussion ohne Tabus eben.
Nachts auf der Moldau war es schöner. Bei Greenpeace im Boot hatte ich nicht nur die großen Projektionen gegen den atomaren Wahn im Blick. Ich konnte auch sehen, wie Hunderte Passanten auf der Karlsbrücke fasziniert die Demonstration beobachteten und immer wieder applaudierten. Das Endspiel um die Atomkraft hat begonnen. Noch sind wir stark aufgestellt. Und das ENEF ist viel zu hermetisch und selbstreferenziell, um überzeugend zu sein. Die Folgen des Erdbebens in China auf dortige Atomanlagen kamen nicht vor. Der jüngste schwere Störfall in Spanien: No comment. Und dass Areva in Flamanville ähnlich große Probleme am Bau hat, wie in Finnland, dass erfuhren wir erst Tage später aus der Presse. Überhaupt war das ENEF in Prag eine sehr französische Veranstaltung. Ein Vorgeschmack auf die französische Ratspräsidentschaft. Allons enfants…
Beste Grüße.
Eure Rebecca
1. ENEF: European Nuclear Energy Forum
Rebecca reiste am 22. und 23. Mai nach Prag, um am 2. Teil des „Europäischen Atomenergie-Forums“ teilzunehmen. Die Treffen in Bratislava und Prag ähnelten exklusiven PR-Kampagnen für einen Ausbau der Atomindustrie weltweit. Rebecca war in Prag die einzige Rednerin, die der Atomindustrie die Stirn bot und an die Zahlen und Fakten erinnerte. An die hohen Risiken und Kosten der Atomkraft, sowie an die mehrheitliche Ablehnung der EU-Bürger gegenüber dieser Form der Energiegewinnung.
Rebeccas Rede
Greenpeace Bericht
2. Piebalgs diskutiert Atomkraft „ohne Tabus“
Kommissar Piebalgs lud anlässlich des Atomenergie-Forums (siehe oben), die Bürgerinnen und Bürger in seinem Blog dazu ein, über die Nutzung von Atomenergie „ohne Tabus“ zu diskutieren. In seinem Beitrag schwärmt der Energie-Kommissar vom Beitrag der Atomkraft zu Wettbewerb (trotz der hohen Subventionen und Bürgschaften?), Versorgungssicherheit (mit einer Uran-Einfuhrquote Europas von knapp 100%?), und Nachhaltigkeit (trotz explodierender Kosten für Neubau und Entsorgung?). Die enormen Risiken und die Einstellung der EU-Bürger gegenüber dieser Form der Energiegewinnung finden keinerlei Erwähnung durch den Energie-Kommissar. Es ist zu hoffen, dass ihn die 180 Reaktionen auf seinen Blog-Eintrag daran erinnern mögen, welche Themen im Zusammenhang mit Atomkraft tatsächlich enttabuisiert gehören…
Piebalgs-Blog
3. Zwischenbericht über die „Fakten des Klimawandels“
Der am 21. Mai vom Umweltausschuss verabschiedete „Zwischenbericht des Klimaausschusses über die wissenschaftlichen Fakten des Klimawandels“ bekennt, dass die bisherigen Klimaziele zu schwach sind, um die negativen Auswirkungen der Erderwärmung abzumildern. Mit diesem Eingeständnis verdeutlicht der Bericht allerdings auch, dass der europäischen Klimapolitik der echte gemeinsame politische Wille fehlt, Worten Taten folgen zu lassen.
mehr
4. UN-Biodiversitätskonferenz
Rebecca fuhr am 29. und 30. Mai als offizielles Mitglied der Delegation des Europaparlaments auf die Biodiversitäts-Konferenz nach Bonn. Wer konkrete Lösungen zum Schutz der Artenvielfalt erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht. Die Vertragsstaaten konnten sich trotz wachsender Kritik an Agrotreibstoff-Strategien auf keine konkreten Beschlüsse zum umwelt- und sozialverträglichen Anbau von Pflanzentreibstoffen einigen. Die Eindrücke einiger Teilnehmer aus den Reihen der NGOs, der Grünen und der Kommission wurden in Videos vom Greens/EFA Team festgehalten.
Videos
PM
5. Gen-Maisanbau im Elbetal
In der wendländischen Gemeinde Langendorf wurde trotz anhaltender Proteste mit der Aussaat von MON810, einer gentechnisch veränderten Maissorte, begonnen. Die Anbauflächen liegen im Deichvorland des Biosphärenreservats Elbetal. Als FFH- und Vogelschutzgebiete stehen sie unter besonderem Schutz durch das EU-Recht. Rebecca befürchtet, dass die EU-Kommission und das Land Niedersachsen sich beim Naturschutz durch das Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten vor der Verantwortung drücken und hat zum Thema bei der Kommission angefragt. Auf der Homepage von MdL Christian Meyer, naturschutz- und agrarpolitischer Sprecher der niedersächsischen Grünen, kann ein Rechtsgutachten der GBD sowie ein Fraktionsantrag zum Thema abgerufen werden.
PM und Schriftliche Anfrage von Rebecca Harms
Homepage Christian Meyer
6. Termine
7. Juni: Klimawandel-Debatte am Tag der Offenen Tür des Europaparlaments, Brüssel
11. Juni: Lunch Debate “Climate change and security: Can Copenhagen 2009 lead to a global deal?”, Brüssel
12. Juni: “KLIMA: Analysen, Lösungen, Mobilisierungen“, AGORA Citoyenne, Brüssel
22. Juni: „Remarque-Lecture“, Erich Maria Remarques militanter Pazifismus und die deutsche bzw. deutsch-europäische Friedenspolitik heute, Osnabrück
4.-7. Juli: „Campo Verde“, Potshausen/Ostfriesland
28.-31. August: Sommeruniversität der Europäischen Grünen, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder und Slubice
8.-12. Dezember: UN Klimakonferenz, Poznan, Polen