Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#paris    01 | 12 | 2015

Newsletter 08/2015

Liebe Freundinnen und Freunde!

Es ist gut, dass die französische Regierung an der Ausrichtung der Weltklimakonferenz festgehalten hat. Die COP21 kann zwar nicht direkt zur Bewältigung der Herausforderungen durch den Terror dienen. Aber die Vereinten Nationen, aus deren Mitte so viele Staaten ihre Solidarität mit den Menschen in Paris, Beirut und Ankara bekundet haben, könnten mit einem erfolgreichen Abschluss der Klimaverhandlungen zeigen, dass sie ihren Ankündigungen endlich folgen. Es wäre ein Signal der Hoffnung, wenn in diesen Tagen der großen Verunsicherung in Paris eine Vereinbarung erreicht wird,  die den Aufbruch in eine klimafreundliche, nachhaltige und damit gerechtere Entwicklung markiert. Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern darf dabei nicht nur ein Bekenntnis bleiben. Selten war so sichtbar, dass die Dekarbonisierung nicht nur dem Klima dient, sondern die Welt auch sicherer machen könnte.

Diese Klimakonferenz wurde gut vorbereitet, die Unterhändler und die UNO haben aus  Kopenhagen gelernt. Noch nie hatten so viele Staaten - inzwischen sind es über 150 - eigene nationale Aktionspläne für den Klimaschutz. Dieser bottom-up-Ansatz ist das eigentlich Neue der UN-Strategie. Als Grüne wollen wir, dass diese Aktionspläne möglichst verbindlich gemacht werden. In einem Pariser Übereinkommen müssen dafür kurzfristige Evaluierungen und Anpassungsrythmen  festgelegt und Zahlungen in den Klimafonds großzügig und zuverlässig garantiert werden. Und auf keinen Fall sollten wir den Fehler begehen zu glauben, dass das, was in den nationalen Plänen verankert ist, schon ausreicht um das 2-Grad-Ziel zu schaffen.  Beyond Paris - das war eine der Leitideen in den Jahren der Vorbereitung der Klimakonferenz. Für die Grünen in aller Welt  sehe ich darin eine unserer entscheidenden Aufgaben.

Der neue Ansatz der Klimaverhandlungen hat mich in den letzten Monaten recht positiv gestimmt. Es überrascht wohl niemanden, dass das  für andere Felder der europäischen oder globalen Politik nicht gilt. Es scheint klar, dass der IS nicht ohne militärische Mittel bekämpft werden kann. Doch zu viele Fragen sind offen. Wie kann eine große Allianz mit UN Mandat aussehen? Es wird viel geredet von Putin und Assad in einem möglichen Bündnis. Aber welches sind die regionalen Akteure, die unbedingt dabei sein müssen? Welche Ziele jenseits einer Waffenruhe muss eine solche Allianz verfolgen für Syrien und die Region? Welche Leistungen müssen die zukünftigen Alliierten bereit sein dort für wie lange zu garantieren?  Und wie überwindet man all den Hass auf die nicht islamische Welt, der den IS und die Bereitschaft zum Terror außer dem vielen Geld auch speist?  Und was sind unsere nichtmilitärischen Antworten, die wir nicht nur finden sondern wahr machen müssen in unseren europäischen Ländern. Nicht nur weil die Terroristen wieder europäische Pässe hatten, sondern weil wir ohnehin wissen, dass die Banlieue in Frankreich oder Molenbeek in Belgien Beispiele für Orte des Scheiterns unserer Gesellschaften sind.

Viele Menschen fragen mich in den letzten Tagen, ob ich für ein Bündnis mit Putin bin. Einerseits führt daran kein Weg vorbei. Andererseits verfolgt der russische Einsatz ja bisher nicht schwerpunktmäßig den Kampf gegen den IS, sondern viel mehr die Stabilisierung des Assad-Regimes. Gerade der Abschuss des russischen Militärjets durch die türkische Luftwaffe hat gezeigt, wie gefährlich das Nebeneinander der verschiedenen militärischen Einsätze in der Region  ist. Die Türkei und Russland sind neu zu  Feinden geworden. Ähnliche Vorfälle und Eskalationen  können nicht ausgeschlossen werden. Deshalb kann man sich nur wünschen, dass es zu einer Zusammenarbeit kommt. Doch sollten europäische Forderungen und Sanktionen gegenüber Russland wegen Syrien aufgegeben werden, dann werden die Ukrainer und die Europäer dafür einen hohen Preis zahlen.

In den letzten Wochen wurden über Brüssel und Berlin auch die Beziehungen zur Türkei wiederbelebt. Die Flüchtlinge, die ins Herz der EU gewandert sind und  die bisherige Abschottung der EU überwinden konnten, machten das möglich. Wir können nur begrüßen, dass endlich mehr für Flüchtlinge  in allen Nachbarländern Syriens getan wird. Die EU gibt der Türkei für eine bessere Flüchtlingsstrategie nicht nur Geld, sondern öffnet neue Kapitel der Beitrittsverhandlungen und bereitet ein einfaches Visaregime vor. Gegen all das spricht nichts. Doch es ist unverantwortlich, von Präsident Erdogan nicht eine sofortige Rückkehr zum Friedensprozess mit den Kurden zu fordern. Und es verschlägt einem die Sprache, dass die systematische Verfolgung kritischer Journalisten und Medien keinen nachvollziehbaren Niederschlag in den Gesprächen der EU mit der Türkei findet. Wer ein ernsthaftes Interesse an einer demokratischen Türkei hat, der muss von Präsident Erdogan und der Regierung Davutoglu fordern, dass sie ihre neu gewonnene Macht nicht länger zur Unterdrückung jeder Opposition missbrauchen.

In Brüssel wird uns bis Weihnachten weiter die Flüchtlingspolitik beschäftigten. Schweden hat einen neuen Kurs eingeschlagen. Eine Erklärung der schwedischen Grünen Kollegen dazu, wie schwer diese Entscheidung war, findet sich > hier.

Die Grüne/EFA Fraktion arbeitet an Ideen zu einer verstärkten Zusammenarbeit der progressiven EU Länder, die ihrer Verantwortung für die Menschen, die sich vor Krieg und Verfolgung zu uns auf den Weg machen, gerecht werden wollen. Wir suchen auch nach Wegen, diesen Ländern eine finanzielle Unterstützung aus dem EU-Etat zur Verfügung zu stellen. Und natürlich machen wir Druck, dass alle EU-Staaten ihren Zusagen für UN-Programme, das Resettlement und die innereuropäische Verteilung von Flüchtlingen nachkommen. Wir waren schon immer dafür, dass die EU Staaten feste Zusagen für große Kontingente von Flüchtlingen im Rahmen der UN Resettlement-Programme machen. Die Frage bleibt, wie das Recht auf Asyl über diese Programme hinaus gewährleistet werden kann.

Eure Rebecca

PS: Der VW-und der Abgas-Skandal bleiben auf der Tagesordnung. Die Veröffentlichungen in der > Wirtschaftswoche zeigen, dass die Informationen über Softwaremanipulationen zum Austricksen aller relevanten Tests schon seit 2012 in Brüssel vorlagen. Das Europäische Parlament wird sich auf einen Untersuchungsausschuss einigen, da offensichtlich in der EU Kommission auch wegen der eigenen Mitwisserschaft die Kraft zur umfassenden Aufklärung fehlt. Mehr dazu nach der nächsten Plenarwoche.

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1. Terroranschläge von Paris
Nach den schrecklichen Anschlägen in Paris hat die Suche nach politischen Antworten begonnen. Forderungen nach mehr Überwachung und einem EU-weiten Fluggastdatensystem werden laut. Wir Grüne setzen statt auf EU-weite Generalüberwachung auf einen verbesserten Austausch vorhandener Informationen und eine engere Kooperation von Polizei und Sicherheitsbehörden, ermöglicht auch durch gemeinsame und finanziell besser ausgestattete Ermittlungsteams unter Europol und Eurojust. Darüber hinaus müssen die Regierungen Waffenschmuggel effizient bekämpfen und Geldströme austrocknen, die in den Terrorismus fließen.
EURANET: EU Parliament under pressure of member states after Paris attacks, 25th November 2015
„Steinmeier ruft zu syrischer Koalition gegen IS auf“, ZEIT ONLINE, 22.11.2015

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2. EU-Türkei-Gipfel
Der Chefredakteur und der Haupstadtbüroleiter der Zeitung Cumhüriyet, Can Dündar und Erdem Gül, sind wegen Vorwürfen der vermeintlichen Spionage, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Verbreitung von Staatsgeheimnissen Ende vergangener Woche angeklagt und verhaftet worden. Der Vorfall reiht sich ein in eine Serie anhaltender Repressalien und systematischer Einschüchterung der freien Presse in der Türkei, in Rückschritte auf dem Gebiet der Bürgerrechte, der Unabhängigkeit der Justiz und der Gewaltenteilung – wie jüngst auch im EU-Fortschrittbericht kritisiert wurde. Angesichts des EU-Türkei-Gipfels forderte Rebecca die Staats- und Regierungschefs der EU auf, keinen blinden Deal unter dem Motto "Geld und Visa für die Türkei und dafür weniger Flüchtlinge für die EU" einzugehen.
Türkei: Presse- und Meinungsfreiheit erneut kalkuliert mit Füßen getreten, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 27.11.2015
EU veröffentlicht Türkei-Bericht, SZ-online, 10.11.2015
Türkei-Fortschrittsbericht - Späte Kritik am System Erdogan, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 10.11.2015

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3. UN-Klimagipfel
Gestern hat die 21. Weltklimakonferenz (COP21) in Paris mit einem Treffen von Staats- und Regierungschefs aus aller Welt begonnen. Die Grünen/EFA fordern, dass sich die EU nicht hinter dem unzureichenden G7-Ziel versteckt, dass nur eine Minderung der weltweiten Emissionen um 40 bis 70 Prozent bis 2050 vorsieht. Wenn wir den unaufhaltsamen Klimawandel verhindern wollen, müssen wir die weltweiten CO2-Emissionen bis 2050 beenden.
UN Klimagipfel: EU muss sich für ehrgeiziges Klimaabkommen einsetzen, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 27.11.2015
„Deutschlands Klimaziele zur COP21: Gewinn oder Gefahr für die Wirtschaft?“, EuraActiv, 27.11.2015
UNFCCC Live Webcasts Paris COP 21

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4. VW
Das Wochenmagazin Wirtschaftswoche hat aufgedeckt, dass die EU-Kommission bereits 2012 vom Einsatz von Manipulations-Software bei den Abgastests wusste. Die EU-Binnenmarktskommissarin Bienkowska hatte jüngst vor dem Europäischen Parlament erklärt, die EU-Kommission hätte nichts von einem solchem Betrug gewusst. Die Grüne/EFA Fraktion fordert einen Untersuchungsausschuss im Europäischen Parlament, der klären soll, warum die EU Kommission trotz schwerer Vorwürfe untätig blieb und wie es Volkswagen möglich war, ungehindert jahrelang gegen die Regeln der Abgastests zu verstoßen. Die Sozialdemokraten haben sich dem Grünen Vorstoß bereits angeschlossen. Außerdem wird die Grüne/EFA Fraktion einen formellen Einspruch gegen die Einigung zur Einführung des RDE-Verfahrens beantragen. Es kann nicht sein, dass auch nach Einführung des neuen Testverfahrens Fahrzeuge zugelassen werden sollen, die die europäischen Grenzwerte um das Doppelte überschreiten.
Abgasskandal: Durchbruch für Untersuchungsausschuss, Pressemitteilung von Rebecca Harms vom 26.11.2015
Was die EU-Kommission 2012 über Abgasmanipulationen wusste, Wirtschaftswoche, 26.11.2015
Abgasskandal: VW droht Untersuchungsausschuss im EU-Parlament, EurActiv, 27.11.2015
„Lehren aus dem VW-Skandal“, FR-Gastbeitrag von Rebecca Harms, 17.11.2015
VW-Enthüllungen „Wir kennen nur die Spitze des Eisbergs“, FAZ.NET, 04.11.2015

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5. Doel3 und Tihange2
Am 17. November gab die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC grünes Licht, die beiden belgischen Reaktoren Doel3 und Tihange2 wieder anzufahren. Beide Reaktoren standen wiederholt still nachdem im Reaktordruckbehälter tausende Fehler entdeckt wurden. Aus Grüner Sicht ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar. Noch immer ist nicht klar, wie sich der Betrieb der Reaktoren auf die Fehler im Stahl auswirken wird.
Umstrittene belgische Reaktoren dürfen wieder ans Netz, Westdeutsche Zeitung, 17.11.2015

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6. Besuch der Notunterkünfte im Wendland
Rebecca besuchte Anfang November die Flüchtlingsunterkünfte in Woltersdorf, Lüchow und Dannenberg und lud anschließend in den Dannenberger Ostbahnhof, um ihre Eindrücke zu schildern, die EU Flüchtlingspolitik zu erläutern und um sich mit den Helferinnen und Helfern in der Region auszutauschen.
„Wir lieben Deutschland“, wendland-net, 31.10.2015

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7. Termine
2. Dezember: Paneldiskussion mit niederländischen Grünen zum Referendum über EU-Ukraine Abkommen, Utrecht.
3. Dezember: 9. Europäischer Mediengipfel: "Verliert Europa an Wert und Werten?“, Lech Zürs am Arlberg.
13. Dezember: Gansessen mit Flüchtlingen in Diepholz.
15. Dezember: "Europa und Flüchtlinge - wie weiter?", Grüner KV Freiburg.
16. Dezember: "Zwischen Himmel und Eis" – Filmvorführung und Diskussion mit dem Grünen KV Baden-Baden.

Mehr Infos zu den Terminen unter http://rebecca-harms.de/index.php/presse/termine


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