Anfrage vom 25.Juli 2008:
Wird die Europäische Kommission angesichts der weitverbreiteten Besorgnis über die Schlussfolgerung der KiKK-Studie, dass zwischen der Wohnnähe zu Kernreaktoren und einer Zunahme von Krebserkrankungen ein direkter Zusammenhang besteht:
1. eine eigene Überprüfung der KiKK-Studie vornehmen,
2. eine wissenschaftliche Konferenz zur KiKK-Studie einberufen,
3. formell die gesamten Daten der KiKK-Studie anfordern, um sie der Öffentlichkeit bereitzustellen,
4. eine Studie zur Untersuchung der möglichen Ursachen für die Zunahme von Leukämiefällen bei in der Nähe von Kernkraftwerken lebenden Personen in Auftrag geben,
5. eine Studie zu den veröffentlichten jährlichen Emissionen und Ableitungen der einzelnen deutschen Kernkraftwerke in Auftrag geben, um feststellen zu lassen, ob ein möglicher Zusammenhang mit der erhöhten Anzahl von Leukämieerkrankungen bei in Atomkraftwerknähe wohnenden Kindern besteht,
6. für alle deutschen Kernkraftwerke ein Verzeichnis der in den letzten 20 Jahren erfolgten größten Radionuklidemissionen in die Luft und in Flüsse veröffentlichen,
7. den Mitgliedstaaten empfehlen, Personen in der Umgebung von Kernreaktoren (durch Warnschilder) auf das mögliche Leukämierisiko hinzuweisen, das durch den Verzehr von Obst und Gemüse von Märkten unter freiem Himmel in der Nähe von Kernkraftwerken sowie durch den Verzehr von in der Nähe dieser Anlagen wachsenden Wild- und Gartenfrüchten besteht,
8. eine Übersetzung des Berichts des Greiser-Überprüfungsausschusses zur KiKK-Studie in die Gemeinschaftssprachen veranlassen,
9. auflisten, welche weiteren wissenschaftlichen Überprüfungen der KiKK-Studie gegenwärtig in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden,
10. erwägen, eine EU-weite Studie mit der gleichen Methodik wie bei der KiKK-Studie, d. h. eine Fall-Kontroll-Studie, in der der Abstand zwischen dem Auftreten von Leukämiefällen und sämtlichen Kernkraftanlagen gemessen wird, in Auftrag zu geben,
11. erwägen, eine Metaanalyse der vorhandenen veröffentlichten epidemiologischen Studien zu Leukämie bei Kindern in der Umgebung von Kernkraftwerken in der EU in Auftrag zu geben, um die statistische Zuverlässigkeit eines möglichen Zusammenhangs zu erhöhen?
Wird die Europäische Kommission, da die Radionuklidemissionen aus Kernkraftwerken während des Brennelementwechsels am höchsten sind und diese Emissionen bei in Kernkraftwerknähe lebenden Schwangeren zur radioaktiven Markierung von Embryos und Föten führen kann:
12. für den Zeitraum der letzten 20 Jahre eine Aufstellung der Tage veröffentlichen, an denen in den einzelnen deutschen Kernkraftwerken jeweils ein Brennelementwechsel erfolgte,
13. den Mitgliedstaaten empfehlen, Schwangere durch Warnhinweise auf das mögliche Leukämierisiko durch das Wohnen in der Nähe von Kernkraftwerken aufmerksam zu machen?
Antwort von Herrn Piebalgs im Namen der Kommission:
Der Kommission ist die epidemiologische Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken bekannt. Sie erörterte dieses Thema mit der Arbeitsgruppe für Auswirkungen der Forschung auf Gesundheits- und Sicherheitsnormen der in Artikel 31 Euratom-Vertrag genannten Sachverständigengruppe, mit dem Ziel, einen Überblick über den derzeitigen Wissensstand zu Kinderkrebs und -leukämie in der Umgebung von Kernkraftwerken zu erlangen und etwaige Folgen für politische Maßnahmen oder Rechtsvorschriften zu ermitteln.
Anlässlich der Sitzung der Sachverständigengruppe vom 11. und 12. Juni 2008 berichtete die Arbeitsgruppe, ihr sei mitgeteilt worden, dass die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) eine eigene Arbeitsgruppe aus SSK-Mitgliedern und weiteren Experten in diesem Bereich eingesetzt habe, um zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Die Erklärung der SSK soll im September 2008 veröffentlicht werden.
Angesichts der Tatsache, dass der Schutz der Arbeitnehmer in kerntechnischen Anlagen, der Bevölkerung insgesamt und natürlich auch der Kinder in der Umgebung von Kernkraftwerken in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, und angesichts der Zuständigkeit der SSK in diesem Bereich empfahl die gemäß Artikel 31 EAG eingesetzte Arbeitsgruppe, die Stellungnahme der SSK abzuwarten und einen Vertreter dieser Kommission zu bitten, der Sachverständigengruppe nach Artikel 31 EAG im November 2008 auf deren nächster Sitzung die Ergebnisse der Kommission vorzustellen.
Die Kommission hat ebenfalls Kenntnis von mehreren epidemiologischen Studien zu Kinderkrebs in anderen Ländern. Die Sachverständigengruppe nach Artikel 31 EAG und ihre Arbeitsgruppe für Auswirkungen der Forschung auf Gesundheits- und Sicherheitsnormen werden bei ihrer Analyse die Ergebnisse dieser Studien ebenfalls berücksichtigen.
Die Kommission ist bereit, das Europäische Parlament und den Rat über die Ergebnisse der genannten Konsultation der Sachverständigengruppe zu unterrichten.
Nach Veröffentlichung bzw. Eingang der Stellungnahmen der SKK und der Sachverständigengruppe nach Artikel 31 EAG könnte die Kommission der Frau Abgeordneten eine detailliertere Antwort zu den einzelnen Punkten ihrer Frage zukommen lassen.