Ende September/Anfang
Oktober wurden an verschiedenen Messstellen in Europa
erhöhte Ruthenium-106 Werte gemessen. Seitdem wird
über die Herkunft der radioaktiven Kontamination
spekuliert. Das französische Nuklearforschungsinstitut
IRSN hatte anhand von Wetterdaten den südlichen Ural
als wahrscheinlichen Ursprungsort berechnet. Das deckt sich
mit den Angaben des russischen Wetterdienstes Rosigdromet,
der im Dorf Argajash im Ural eine um das 986-fache
erhöhte Strahlung gemessen hat. Dieser Ort befindet
sich nur wenige Kilometer von der Atomanlage Mayak
entfernt, wo unter anderem abgebrannte Brennelemente wieder
aufgearbeitet werden. Experten vermuten, dass die Quelle
der Kontamination eine Wiederaufarbeitungsanlage ist, da
keine anderen Radionukleide nachgewiesen wurden, was bei
einem Reaktorunfall der Fall wäre.
Dennoch streitet die
für Mayak zuständige Firma Rosatom ab, dass es zu
einem Zwischenfall in einer ihrer Anlagen gekommen sei und
beklagt sich über einen gegen Russland gerichteten
Informationskrieg.
Bis heute wurde der internationalen Atomenergiebehörde
kein meldepflichtiges Ereignis in einer Atomanlage
gemeldet.
Die Forscher des IRSN gehen davon aus, dass bei einem
vergleichbaren Ereignis in Frankreich in einem Umkreis von
mehreren Kilometern hätte evakuiert werden
müssen.
Rebecca Harms, atompolitische Sprecherin
der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament, fordert
die europäischen und internationalen Behörden auf,
für Aufklärung zu sorgen:
"Offensichtlich handelt es sich um einen relevanten
atomaren Störfall. Wie gefährlich die Situation
für die Menschen vor Ort tatsächlich ist und
welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, muss
dringend geklärt werden. Deshalb fordere ich sowohl
die Europäische Kommission als auch die internationale
Atomenergiebehörde dazu auf, der Sache dringend auf
den Grund zu gehen. Wir können nicht einfach
wegschauen, schließlich landen auch nach wie vor noch
abgebrannte Brennelemente aus EU-Mitgliedsstaaten in Mayak
und europäische Atomunternehmen kooperieren mit den
russischen Atomzentren.
Klar ist aber bereits, dass die Informationspolitik des
russischen Atomunternehmens Rosatom höchst
problematisch ist. Es ist nicht akzeptabel, dass
westeuropäische Forschungszentren, russische
Nichtregierungsorganisationen und im Exil lebende russische
Wissenschaftler einzige Quellen zur Information über
den Unfall sind. Auch im eigenen Interesse muss Rosatom
seine Informationsblockade aufgeben und Angriffe gegen
internationale Medien beenden. Denn wenn der russische
Konzern gefährliche Vorgänge in den eigenen
Anlagen vertuscht, wirft das noch mehr Zweifel auf seine
Aktivitäten in EU-Mitgliedsstaaten, wie beim geplanten
Reaktorneubau im ungarischen Paks und nahe der EU-Grenze in Belarus."
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