Parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission von Rebecca Harms vom 26. November 2010
Presseberichten war in dieser Woche zu entnehmen, dass die Bundesregierung Atommülltransporte nach Russland plant. Demzufolge sollen 951 Brennelemente in insgesamt 18 Castoren aus dem Zwischenlager Ahaus in das russische Atomzentrum Majak gebracht werden. Diese Brennelemente stammen aus der früheren DDR-Kernforschungsanlage Rossendorf.
Hierzu frage ich die Kommission:
1. Wurde die Kommission von diesem Vorhaben in Kenntnis gesetzt bzw. seit wann ist der Kommission der beabsichtigte Transport bekannt?
2. War die Kommission in die Entscheidung einbezogen?
3. Werden solche Transporte auch nach Inkrafttreten der jüngst vorgelegten Atommüllrichtlinie zulässig sein?
4. Welche Art von Kernbrennstoffen mit welchem Anreicherungsgrad dürfen nach Auffassung der Kommission auch zukünftig in Staaten außerhalb der EU und in andere Staaten innerhalb der EU verbracht werden?
5. Welche Kenntnisse hat die Kommission zum Umgang mit den Brennelementen in Majak?
6. Welche Kenntnisse hat die Kommission zu den Vorschriften für luftgetragene und flüssige Ableitungen aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Majak und anderen Anlagen, in denen mit den Brennelementen umgegangen werden wird?
7. Welche Kenntnisse hat die Kommission zum Umgang mit den anfallenden Wiederaufarbeitungsabfällen in der Russischen Föderation?
Antwort von Herrn Oettinger im Namen der Kommission
1. Am 15. November 2010 unterrichtete Deutschland die Europäischen Kommission auf der Grundlage von Artikel 103 Euratom-Vertrag über den Entwurf eines Abkommens über die Zusammenarbeit bei der Einfuhr von bestrahltem Kernbrennstoff aus einem Forschungsreaktor in die Russische Föderation und über die erste, ursprünglich für den 13. Dezember 2010 geplante Lieferung. Diese Lieferung steht im Einklang mit den Zielen der von den USA und Russland ergriffenen Initiative zur Verringerung der globalen Bedrohung und den auf dem Gipfeltreffen zur nuklearen Sicherheit eingegangenen Verpflichtungen, mit denen vor allem erreicht werden soll, dass bestimmte Länder hoch angereichertes Uran eliminieren und dass die Forschungsreaktoren dieser Länder von Reaktoren mit hoch angereichertem Uran auf solche mit niedrig angereichertem Uran umgestellt werden. Mit diesen Maßnahmen sollen die Risiken der Verbreitung von Kernwaffen verringert und ein Beitrag zur globalen Sicherheit geleistet werden.
2. Nein.
Am 26. November 2010 übermittelte die Europäische Kommission auf der Grundlage von Artikel 103 Euratom-Vertrag ihre Stellungnahme an Deutschland.
3. und 4. Das Verfahren für die Ausfuhr abgebrannter Brennelemente ist in der geltenden Richtlinie 2006/117/Euratom des Rates über die Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente(1) geregelt, die durch die Empfehlung 2008/956/Euratom der Kommission über Kriterien für die Ausfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente in Drittländer(2) ergänzt wird. Diese Richtlinie untersagt die Verbringung von Abfällen in AKP-Staaten und in Länder, die nach den einschlägigen Kriterien nicht über die administrativen und technischen Kapazitäten und die Regierungsstruktur verfügen, um die radioaktiven Abfälle oder abgebrannten Brennelemente im Sinne des Gemeinsamen Übereinkommens über die Behandlung radioaktiver Abfälle sicher zu entsorgen.
Die vorgeschlagene Richtlinie über die Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle sieht vor, dass radioaktiver Abfall in dem Mitgliedstaat entsorgt werden muss, in dem er entstanden ist, oder in einem anderen Mitgliedstaat, wenn dies vereinbart wurde. Verboten wäre nur die Verbringung abgebrannter Brennelemente in ein Drittland ohne Wiederaufbereitung (d. h. nuklearer Abfall).
5., 6., 7. Der Europäischen Kommission liegen keine Informationen hierüber vor. Russland ist Unterzeichner des Gemeinsamen Übereinkommens über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle.
(1) ABl. L 337 vom 5.12.2006, S. 21.
(2) ABl. L 338 vom 17.12.2008, S. 69.