Die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden im Europäischen Parlament hat heute mit den Stimmen von EVP und S&D die Abstimmung des Parlaments über die Ablehnung der Komitologieentscheidung zu den neuen Abgastests für Autos um zwei Wochen verschoben. Der Umweltausschuss im Europäischen Parlament hatte im Dezember gegen die Entscheidung der Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten Einspruch eingelegt, sehr großzügige Abweichungen von den Grenzwerte bei den Abgastests für Autos zuzulassen (1). Die Abgeordneten im Umweltausschuss haben die EU-Kommission aufgefordert, bis April 2016 einen neuen Vorschlag zu den Grenzwerten vorzulegen. Nun ist der Erfolg dieses Einspruchs gefährdet, fürchtet Rebecca Harms, Vorsitzende der Grüne/EFA-Fraktion:
"Die Verschiebung der Abstimmung ist ein Zeichen für die wackelige Haltung einiger vor allem sozialdemokratischer Abgeordneter im Europäischen Parlament. Die Abgeordneten dürfen der scheinheiligen Propaganda der Industrie, dass eine Ablehnung der Entscheidung zur Verzögerung der Einführung der dringend notwendigen RDE-Tests (Testzyklus unter echten Fahrbedingungen) führen würde, nicht auf den Leim gehen. Die Ablehnung bezieht sich lediglich auf die Anwendung der hohen Konformitätsfaktoren, nicht auf die Einführung der Tests selber. Im Umweltausschuss wurde die Ablehnung noch mit großer Mehrheit angenommen und ich hoffe, dass die Fraktionen, die sich für diese Ablehnung stark gemacht haben bei dieser Haltung bleiben und nicht dem Lobbydruck der Autohersteller nachgeben.
In der EU sterben jährlich 75000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung, die größtenteils auf den Dieselverkehr zurückzuführen ist. Die Technologie zur Reduktion der Stickoxidemissionen gibt es längst, sie wird aber von den Autoherstellern nicht flächendeckend angewendet. Es wäre absurd, den Herstellern noch Jahrelang zu erlauben, die Grenzwerte um mehr als 100 Prozent zu überschreiten. Diejenigen, die sich nun dem Druck der Autoindustrie beugen, ignorieren die schweren Gesundheitsfolgen der Luftverschmutzung und führen europäische Umweltgesetzgebung ad absurdum."
(1) Die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten haben sich im Komitologieverfahren auf einen Konformitätsfaktor von 2,1 für neue Fahrzeugmodelle ab 2017 und für die Zulassung von Neuwagen ab 2019 geeinigt. Ab 2020 bzw. 2021 soll ein Faktor von 1,5 gelten. Damit können die eigentlich in der Gesetzgebung festgelegten Grenzwerte bis 2020 um mehr als das Doppelte überschritten werden. Danach noch immer um 50 Prozent.
Hinweis: Die Grünen/EFA-Fraktion wird Ende des Monats einen wissenschaftlichen Bericht vorstellen, der den Einfluss der verschiedenen politischen Akteure und Lobbygruppen auf die Gesetzgebung zu den NOX-Grenzwerten analysiert.