Die zuständige Kommissarin Viviane Reding wird heute Abend ihren Vorschlag für die Neufassung der europäischen Telekommunikations-Richtlinien im Telekom-Paket vorlegen (1). Die grünen Europa-Abgeordneten Helga Trüpel, stellvertretende Vorsitzende des Kultur- und Medienausschusses des Europäischen Parlaments und Rebecca Harms, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA, kritisierten heute, dass dieser Vorschlag über das Ziel einer Anpassung der EU-Richtlinien an die Veränderungen im Telekomsektor hinausschieße und sich zu sehr an Marktinteressen orientiere.
Helga Trüpel, stellvertretende Vorsitzende des Kultur- und Medienausschusses des Europäischen Parlaments, erklärte dazu:
"Der Kommissionsvorschlag schafft keinen gelungenen Ausgleich zwischen Marktinteressen und dem dualen Rundfunksystem. Gerade bei jungen Menschen sind starke Veränderungen in der Mediennutzung unübersehbar: Klassische und neue Medien wachsen zusammen, die Internet- und Mobilkommunikation wird auch für die öffentliche Meinungsbildung immer wichtiger. Daher müssen wir bei der Neufassung der europäischen Telekom-Richtlinien insbesondere auch darauf achten, dass die mediale und kulturelle Vielfalt auf sämtlichen relevanten Übertragungswegen sichergestellt und gefördert wird: Dazu zählt ein bezahlbarer Breitbandanschluss für die gesamte Bevölkerung genauso wie die freie Verbreitung öffentlich-rechtlicher Sender und von Bürgermedien wie Offenen Kanälen und Freien Radios. Es darf zu keiner Gefährdung des Rundfunks als Kulturgut kommen.“
Rebecca Harms, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA erklärt zum im Telekompaket vorgesehenen Frequenzhandel:
„Den von der Kommission im neuen Telekompaket vorgeschlagenen kommerziellen Handel mit Funkfrequenzen lehnen wir in dieser Form ab. Funkfrequenzen dürfen keineswegs einseitig Marktinteressen geopfert werden. Die zukünftige Verteilung von Funkfrequenzen spielt eine entscheidende Funktion bei der Reform der Telekom-Vorschriften. Sie sind keine Ware wie jede andere, sondern vielmehr so etwas wie eine Schlüsselressource. Sie gewährleisten die Sicherheit des Luftverkehrs genauso wie den Empfang von Rundfunkprogrammen. Erst wenn für meinungsbildende Dienste wie dem Rundfunk ausreichende Frequenzbänder zur Verfügung stehen, kann über die Verteilung freistehender Kapazitäten verhandelt werden. Hier überschätzt die Kommission das Potential, weil sie von Marktinteressen geleitet wird. “
Anmerkungen:
1) Das Paket besteht aus der Neufassung einzelner Vorschriften – wie der Rahmen- und der Universaldienstrichtlinie – die in Deutschland die Grundlage für das Telekommunikationsgesetz (TKG) bilden. Aufgrund der rasanten Digitalisierung und Medienkonvergenz stehen bei der Neufassung der Telekom-Richtlinien längst nicht mehr Telefondienste im Mittelpunkt – sondern die Übertragung von Rundfunkangeboten und neue Dienste wie Handyfernsehen oder mobiles Internet sind in den Vorschlägen erfasst.