Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#anfrage    14 | 09 | 2010

Auskreuzung und dauerhafte Etablierung von GVO

Parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission von Rebecca Harms vom 14. September 2010

 

In North Dakota, USA, führte ein Team von Wissenschaftlern eine systematische Untersuchung von Rapspflanzen an Straßenrändern durch (http://eco.confex.com/eco/2010/techprogram/P27199.HTM). 86 % der eingesammelten Rapsproben wiesen Herbizidresistenzen auf und konnten so als gentechnisch verändert identifiziert werden. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts belegen, dass sich in den USA Populationen gentechnisch veränderter Organismen dauerhaft außerhalb von landwirtschaftlichen Anbauflächen etablieren konnten.

 

Zwei der Rapsproben wiesen Toleranz gegenüber zwei Herbiziden auf. Bisher wurde in den USA jedoch keine Rapssorte mit multiplen transgenen Eigenschaften zum kommerziellen Anbau zugelassen. Dieser Fund lässt somit den Rückschluss zu, dass gentechnisch veränderte Rapspflanzen mit anderen Arten auskreuzen und sich auch diese neuen Arten im Freiland ausbreiten.

 

1. Wie beurteilt die Kommission die Gefahr einer unbeabsichtigten Ausbreitung, Auskreuzung und Etablierung der GVO, die nach der Richtlinie 2001/18/EG(1) in den Verkehr gebracht wurden? Auf welchen Daten gründet die Kommission ihre Einschätzung?

 

2. Liegen der Kommission Erkenntnisse vor, inwiefern sich GVO in den Mitgliedstaaten bereits jenseits der gemeldeten Anbauflächen (inkl. Feldversuche) ausgebreitet haben? Wenn keine Erkenntnisse vorliegen, plant die Kommission Forschungsprojekte, in denen dies eruiert werden soll?

 

3. Welche Änderungen bestehender EU-Regulierungen hält die Kommission im Lichte der Erkenntnisse der o. g. Untersuchung für geeignet, die Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologischer Kulturen dauerhaft zu sichern?

 

(1) ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1.

 

 

Antwort von Herrn Dalli im Namen der Kommission

 

1. Vor der in der Richtlinie 2001/18/EG(1) geforderten Zulassung eines GVO muss eine Bewertung der potenziellen Risiken für die Umwelt vorgenommen werden; dazu gehört auch die Bewertung des poten­ziellen Risikos des Gentransfers, der zu einer Etablierung des eingeführten genetischen Materials in natürlichen Populationen führen kann.

Außerdem ist nach Zulassung der GVO ein allgemeiner Umweltüberwachungsplan vorzulegen und zu beachten. Wurde ein poten­zielles Risiko für die Umwelt festgestellt, so kann in dem Zulassungsbeschluss eine fallspezifische Überwachungsmaßnahme verfügt werden.

 

2. Im Jahr 2008 hat die Kommission eine Studie über die Durchführung von Feldversuchen in den Mitgliedstaaten und zur Verhinderung des unbeabsichtigten Inverkehrbringens von GVO in Auftrag gegeben. Gemäß der Studie handelten die EU‑Mitgliedstaaten und die Anmelder verantwortungsbewusst und stellten sicher, dass in Feldversuchen eingesetztes genetisch verändertes Material nicht zufällig in den Verkehr gelangte. Die Umsetzung der Richtlinie 2001/18/EG ist Gegenstand der regelmäßigen Gespräche mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten.

 

3. Die Koexistenzmaßnahmen sollen in Gegenden, in denen GVO angebaut werden, verhindern, dass zugelassene GVO unbeabsichtigt in anderen Produkten auftauchen, und dass es zu wirtschaftlichen Einbußen infolge der Vermischung von genetisch veränderten und genetisch nicht veränderten (einschließlich ökologisch angebauten) Nutzpflanzen kommt. Die Zuständigkeit für Koexistenzvorschriften liegt bei den Mitgliedstaaten. Koexistenzvorschriften werden somit auf nationaler Ebene festgelegt. Bisher ist in der EU weder ein genetisch veränderter Raps zum Anbau zugelassen noch ein Zulassungsantrag anhängig, so dass keine spezifischen Koexistenzmaßnahmen erforderlich sind.

Wie die Frau Abgeordnete sicher weiß, entwickelt das Europäische Büro für Koexistenz(2) derzeit Leitlinien für pflanzenspezifische technische Koexistenzmaßnahmen. Die Leitlinien zum Anbau von Mais wurden am 27. September 2010 veröffentlicht. Dieses Papier enthält die Ergebnisse, zu denen das Europäische Büro für Koexistenz bei der Untersuchung der möglichen Quellen der Vermischung gelangt ist, sowie eine Reihe vereinbarter, guter Verfahren für die Landwirtschaft, durch die die Koexistenz und gleichzeitig die wirtschaftliche und agronomische Effizienz des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebs gewährleistet werden. Sollte ein Antrag auf Zulassung des Anbaus von genetisch veränderter Rapsölsaat in der EU gestellt werden, so wird das Europäische Büro für Koexistenz ins Auge fassen, ein Papier mit bewährten Verfahren für den Anbau dieser Nutzpflanzen zusammenzustellen und dabei die aktuellen Kenntnisse über die Wahrscheinlichkeit und die Quellen der Vermischung berücksichtigen.

 

(1) ABl. L 106 vom 17.4.2001.

 

(2) 2006 ersuchte der Rat die Kommission, weitere Arbeiten zur Koexistenz durchzuführen, um bewährte Verfahren für technische Trennverfahren zu ermitteln und pflanzenspezifische Koexistenzleitlinien festzulegen. Die Kommission richtete 2008 das Europäische Büro für Koexistenz ein, in dem von den betroffenen Mitgliedstaaten benannte Sachverständige und ein vom Gemeinsamen Forschungszentrum eingerichtetes Sekretariat zusammenarbeiten.

 

 


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