Anlässlich der bevorstehenden Beschlussfassung über die Neufassung der europäischen Telekommunikationsrichtlinien erklären Rebecca Harms, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA und Helga Trüpel, Vizepräsidentin des Medien- und Kulturausschusses:
"Bei der morgigen Abstimmung über das so genannte Telekom-Paket 1) stellt das Europäische Parlament die Weichen für den Schlüsselsektor der modernen Informationsgesellschaft neu.
Auf dem Spiel steht unter anderem die Zukunft des europäischen Rundfunks. Es gilt in der Abstimmung die in den federführenden Ausschüssen auch von den Grünen durchgesetzten Beschlüsse zu verteidigen. Wir wollen eine vielfältige europäische Medienlandschaft garantieren. Deshalb müssen Funkfrequenzen öffentliches Gut und in den Händen der Mitgliedstaaten bleiben.
Ein zentrales Anliegen des Telekompakets ist die Durchsetzung wichtiger Verbraucherrechte, die für ein digitales Europa unerlässlich sind. Dazu zählen die Mitnahme von Rufnummern bei Betreiberwechseln, kürzere Vertragslaufzeiten, mehr Rechte für behinderte Nutzerinnen und Nutzer. Durch die Regulierung soll auch ein fairer Wettbewerb zwischen Netz- und Dienstebetreibern gesichert werden.
Ein anderes umstrittenes Thema ist der Umgang mit dem Schutz der Privatheit im Netz. Insbesondere konservative und liberale Abgeordnete wollen das Problem von Urheberrechtsverletzungen durch die Hintertür des Telekommunikationsrechts lösen. Wir wollen Probleme um illegale Downloads keinesfalls klein reden, doch dieses Thema hat im Telekompaket nichts zu suchen. Viel zu groß ist die Gefahr von tiefgreifenden Einschnitten in die Privatsphäre und den Datenschutz der europäischen VerbraucherInnen.
Die Grünen lehnen das französische Modell, nach zwei Aufforderungen zur Unterlassung illegaler Downloads das Internet zu sperren als unverhältnismäßig ab. Wir brauchen vielmehr ein neues pauschales Vergütungssystem, so dass Künstler auch mittelfristig eine Zukunft haben. Nur so wird kreativer Kontent in Zukunft noch nachhaltig produzierbar sein.
Das muss aber in einer neuen Direktive geregelt werden und nicht im Telekompaket. Auch der Markt entwickelt sich in eine solche Richtung: Die Anzahl werbefinanzierter Downloadangebote und die Nutzung von Pauschaltarifen steigt kontinuierlich an. Eine stärkere Überwachung der europäischen InternetnutzerInnen wäre ein Rückschritt."
Anmerkungen:
1) darunter die Rahmen- und Universaldienstrichtlinie sowie die Beschlussfassung über eine neue EU-Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation