Rebecca Harms, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments und Türkei-Expertin der Grünen Fraktion, sagt zum Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland:
"Bevor über eine Normalisierung in den Beziehungen zur Türkei gesprochen werden kann, muss sich in der Türkei vieles wieder verändern. So sehr ich mich auch über die Freilassung deutscher Staatsbürger aus türkischen Gefängnissen freue, so besorgt bin ich weiterhin über die Situation in der Türkei. Auch nach der Beendigung des Ausnahmezustandes bleibt die Situation für die Opposition unerträglich. Gewählte Politiker wurden weggesperrt. Weiterhin sind Journalisten und Schriftsteller hinter Gittern, viele rechnen mit lebenslangen Freiheitsstrafen. Eine freie Presse gibt es nicht mehr. Statt des Friedensprozesses gibt es eine Eskalation im Südosten der Türkei und im syrischen Rojava. Zigtausende von türkischen Bürgern werden wegen angeblicher Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen verfolgt, etwa zehntausend sind hinter Gittern. Zu dieser politisch motivierten Massenverfolgung zählen auch wiederholte Entführungsfälle von Türken in anderen Ländern. Neue Opfer der staatlichen Repression sind die Samstagsmütter oder sogar streikende Flughafenbauarbeiter. Die Abkehr von Rechtsstaatlichkeit und internationalem Recht müssen in Deutschland während der Begegnungen mit Präsident Erdogan besprochen werden. Eine Normalisierung beziehungsweise die Rückkehr zu besseren wirtschaftlichen Beziehungen muss mit der Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit in der Türkei verbunden werden."