Anfrage vom 18.Juni 2008:
Am 27. März drang eine KGB-Einheit aus Witebsk gewaltsam in die Räumlichkeiten der Nichtregierungsorganisation „Nasch Dom“ ein. Dem „Economist“ vom 3. April 2008 zufolge führten die KGB-Beamten eine sechsstündige Durchsuchung durch und beschlagnahmten EDV-Geräte, Speichermaterialien und einen Fotokopierer sowie den Ausweis von Olga Karatsch, einer lokalen Politikerin. Darüber hinaus nahmen die KGB-Beamten und Polizisten den Menschenrechtsaktivisten der NRO, Pawel Lewinow, fest, der sich seitdem in Haft befindet. „Nasch Dom“ ist im Bereich Menschenrechte, Gesundheit, Soziales und Umwelt tätig. Sie ist eine der wenigen NRO, die NRO außerhalb des Landes wie Greenpeace und Friends of the Earth kontaktieren und Informationen über die belarussische Regierung übermitteln konnte, die ansonsten nicht außer Landes hätten gelangen können.
1. Wie aus einer Pressemitteilung von Kommissionsmitglied Benita Ferrero-Waldner vom 26. März 2008 hervorgeht, weiß die Kommission von den jüngsten Razzien und Verhaftungen Oppositioneller in Minsk. Sind ihr auch die KGB-Durchsuchungen in der Region Witebsk bekannt?
2. Welche Maßnahmen ergreift die Europäische Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass Belarus gegen die Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstößt und daher kein Vollmitglied der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) ist, um die Menschenrechtsverletzungen in Belarus zu unterbinden? Hat sie die konkreten Zwischenfälle in der Region Witebsk bei den belarussischen Behörden zur Sprache gebracht? Was unternimmt sie noch zur Unterstützung der Menschen in Belarus?
3. Wird sie Schritte zum Schutz der Aktivisten von „Nasch Dom“ in Witebsk einleiten?
4. Wie werden sich die Möglichkeiten der Kommission bezüglich der Achtung der Menschenrechte mit der Eröffnung einer Kommissionsdelegation in Minsk ändern? Glaubt sie, dass diese Delegation wirklich eingerichtet wird? Wann genau kann mit der Eröffnung der Delegation gerechnet werden?
Antwort von Frau Ferrero-Waldner im Namen der Kommission:
Die Kommission ist über die Razzien, Festnahmen, Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Pressefreiheit in Zusammenhang mit den Demonstrationen vom 25. März 2008 informiert und verurteilt diese Maßnahmen.
Sie teilt die Ansicht des Herrn Abgeordneten, dass das Vorgehen von Belarus gegen regionale Vertreter von NRO und unabhängige Medien genau beobachtet werden muss und wird diesen Punkt auch bei künftigen Treffen mit der Regierung von Belarus ansprechen.
Was die Delegation der Kommission in Minsk anbetrifft, so hat diese nach ihrer Eröffnung am 2. April 2008 die Arbeit aufgenommen. Durch diese Delegation kann die Kommission vor Ort engere Kontakte zur Zivilgesellschaft knüpfen, auf der mittleren Verwaltungsebene dem Thema „Was die EU Belarus bringen könnte“ mehr Geltung verschaffen und die Erwartungen der EU, die sich auf die Stärkung von Demokratie, Achtung der Menschenrechte und der Rechtstaatlichkeit richten, mit Nachdruck vertreten.
Generell wird die Kommission ihre Unterstützung der Zivilgesellschaft in Belarus im Rahmen von Hilfsprogrammen für lokale NRO und lokale Medien fortsetzen.