Jetzt haben wir sie: Die neue Europäische Kommission. Die Juncker-Kommission, die die kommenden fünf Jahre die Politik der Europäischen Union mitgestalten wird. Herzlichen Glückwunsch an Jean-Claude Juncker und seine 27 Kommissarinnen und Kommissare. Wir Grüne wollen mit dieser Kommission konstruktiv zusammenarbeiten für eine nachhaltige, gerechte und demokratische Union.
Aber wir haben große Zweifel, ob das mit dieser EU-Kommission tatsächlich gelingen wird. Deshalb hat unsere Fraktion gegen dieses Kommission gestimmt. Das ist keine Ablehnung von Jean-Claude Juncker und auch kein anti-europäisches Statement gegen die europäische Institution an sich. In unserer Beurteilung der Kommissare haben wir sogar über ein Drittel positiv bewertet. Aber einer Kommission, in der Nachhaltigkeit und Klimaschutz praktisch nicht vorkommen und die mehrere Mitglieder hat, die nach unserer Meinung schwere Interessenskonflikte haben, konnten wir nicht zustimmen. Dazu kommt, dass nach wie vor zu wenige Frauen in der Kommission sitzen.
Nach wie vor halten wir Miguel Arias Canete aus Spanien für völlig ungeeignet für den Verantwortungsbereich Energie und Klimaschutz. Zu stark sind seine persönlichen Bande und die seiner Familie mit der Öl-Industrie. Wir können uns auch nicht damit anfreunden, dass Tibor Navracsics, ehemaliger Justizminister Ungarns und Hauptverantwortlicher für die Mediengesetzgebung, die praktisch jeden kritischen Journalismus im Land erstickt hat, jetzt in der Europäischen Union für Bildung und Kultur zuständig sein soll. Dass Jean-Claude Juncker sogar das negative Votum des Kulturausschusses missachtet hat, war für uns eine echte Enttäuschung.
Diese EU-Kommission ist das Ergebnis eines Deals zwischen den drei großen Parteien, Christ- und Sozialdemokraten sowie Liberalen. Die Kompetenzen und Erfahrungen der Kommissare wurden leider viel zu oft ignoriert bei der Verteilung der Posten. Wichtig war offenbar vor allem, dass die Machtverteilung zwischen diesen drei Parteien stimmte. So wurden auch die Anhörungen im Europäischen Parlament zumindest teilweise zur Farce. Wenn alles festgeschnürt ist und kein Raum für Veränderung bleibt, dann müssen sich die Abgeordneten nicht stundenlangen Fragestunden aussetzen. Auch dies war ein Grund für uns Grüne, diese Kommission abzulehnen.
Dennoch: Wir wollen die Europäische Union voran bringen. Wir werden dafür arbeiten, mit dieser Kommission unsere Projekte zu verwirklichen. Wir wollen den Vize-Präsidenten der Kommission, Frans Timmermans, der auf dem Papier auch für Nachhaltigkeit zuständig sein soll, möglichst bald in unsere Fraktion einladen, um mit ihm darüber zu reden, was das eigentlich bedeutet und wie er die Europäische Union nachhaltiger machen will. Wir werden Marianne Thyssen einladen, um sie zu fragen, was sie als Kommissarin tun will gegen die (Jugend-)Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union. Und wir arbeiten an einer grünen Version des geplanten 300-Milliarden-Investitionsprogramms, das wir demnächst der Europäischen Kommission vorstellen werden.
Es ist gut, dass die EU-Kommission nun anfangen kann zu arbeiten. Nach zehn Jahren mit José Manuel Barroso kann es eigentlich nur besser werden. Wir Grüne werden jedenfalls alles dafür tun.