Hinter mir liegen eine turbulente Straßburg-Woche und eine Reise nach Athen und Syros.
Aus Griechenland bringe ich den Eindruck mit, dass für die Menschen gerade die Ungewissheit immer belastender wird. Die Unsicherheit über den Ausgang der Verhandlungen zwischen „den Institutionen“ und griechischer Regierung lähmt. Aber die sozialen Probleme wachsen.
Schlimm ist die Entwicklung der Gesundheitsversorgung: Langzeitarbeitslose fallen zunehmend aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung und die öffentlichen Krankenhäusern haben kein Geld für Instrumente und Medikamente. Die Situation ist vielerorts so prekär, dass man nicht mehr von einer Gesundheitsversorgung nach europäischen Standards sprechen kann. Unabhängig davon, wie die Verhandlungen zwischen Griechenland und Geldgebern ausgehen, sollten wir Grüne uns deshalb noch stärker als bisher in diesem Bereich engagieren. Es gibt seit längerem eine große Freiwilligeninitiative von Ärzten und Krankenschwestern, die nicht nur Umsonst-Krankenhäuser und Ambulanzen aufgebaut haben, sondern auch sehr konkrete Vorschläge für eine Gesundheitsreform erarbeitet haben. Auf diesen Vorschlägen, die nicht nur aus der Krisenzeit stammen, sondern auch Erfahrungen aus den Zeiten vor der Eurokrise bündeln, ließe sich aufbauen. Und natürlich muss unsere Fraktion zu den großen Themenfeldern Flüchtlinge und Migration und der Energiewende weiter in Brüssel und Athen Druck machen. Bei einer Konferenz auf Syros wurde deutlich, dass es für die Energiewende nicht nur Potential sondern auch starkes Interesse gibt.
Am vergangenen Sonntag haben die Bürgerinnen und Bürger der Türkei ein neues Parlament gewählt. Dass die AKP im Parlament keine Mehrheit erreicht hat und die HDP mit viel Einsatz und wenig Geld die enorme Hürde von 10% nehmen konnte, macht Hoffnung auf Veränderungen der politischen Verhältnisse in der Türkei. Unsere Erleichterung über die Entwicklung spiegelt sich auch in unserer Resolution zum Fortschrittsbericht wider, in der wir mit großer Mehrheit die Öffnung der Kapitel zu Justiz und Grundrechen fordern. Wichtig ist, dass die Europäische Union in den Verhandlungen mit der Türkei jetzt ernsthafter und zuverlässiger arbeitet. Dass sind wir den demokratischen Kräften in der Türkei schuldig.
Weniger Hoffnung machen momentan die Entwicklungen in der Ukraine und in Russland. Das Minsk Abkommen „wackelt“ und die Kämpfe im Osten der Ukraine eskalieren immer wieder. Deswegen ist es wichtig, dass wir mit großer Mehrheit sowohl die Aufrechterhaltung der Sanktionen als auch deren verbindliche Verknüpfung mit der Umsetzung von Minsk gefordert haben. Provozieren oder beleidigen wir Putin? Ich glaube, dies ist angesichts der Zerstörungen, die in der Ukraine mit russischer Unterstützung stattgefunden haben und stattfinden die falsche Frage.
Und dann die Debatte über die Verschiebung der TTIP-Debatte! Wegen Uneinigkeit in der Großen Koalition insbesondere zum Investorenschutz ISDS wurden die Abstimmung und auch die Debatte zu TTIP in allerletzter Minute vertagt. Jetzt soll Zeit gewonnen werden, um die TTIP-Rebellen insbesondere in der sozialdemokratischen Fraktion unter Kontrolle zu bekommen. Unsere Fraktion wird versuchen, TTIP-Debatte und Abstimmung noch vor der Sommerpause wieder auf die Tagesordnung zu bekommen.