EU-Gipfel
Zum Ergebnis des EU-Gipfels erklärt Rebecca Harms, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich heute bei ihren Antworten auf die großen Probleme der Zeit - auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und den Klimawandel - durch folgenschwere Halbherzigkeit ausgezeichnet. Der Gipfel drückte sich wieder einmal davor einen Betrag für den EU-Beitrag zum geplanten internationalen Klimafonds für die Entwicklungsländer zu nennen. Dabei ist seit der UN-Klimakonferenz in Bali 2007 klar, dass die EU 30 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 dafür aufbringen muss. Mit diesem Zögern werden auch die Erfolgsaussichten für den UN-Klimagipfel in Kopenhagen deutlich geschwächt.
Die Zeit wird nun knapp vor Kopenhagen und vor der vorbereitenden Klimakonferenz in Bonn im April, doch die EU weigert sich weiter, die Karten auf den Tisch zu legen. Die EU-Regierungschefs verschoben lieber jede konkrete Entscheidung auf Ende Juni. Würden andere Industriestaaten der unverantwortlichen Haltung der EU folgen und keine konkreten Finanzzusagen machen, könnte dies die Klimaverhandlungen in Kopenhagen in eine Sackgasse führen. Wissenschaftler haben bereits erklärt, dass ein beträchtlicher Teil der Milderungs- und Anpassungsmaßnahmen für den Klimawandel in den Entwicklungsländern erfolgen muß. Ohne substantielle Zusagen der Industrieländer zur Finanzierung dieser Maßnahmen werden letztlich alle einen sehr hohen Preis für die Folgen des Klimawandels zu zahlen haben.
Halbherzig waren auch die die Vorbereitungen für den G-20 Gipfel. Während die Europäische Union dort eine Führungsrolle beim dringend notwendigen Umbau des Weltfinanzsystems spielen möchte, ist sie schon beim Umgang mit den Steueroasen eingeknickt; es werden keine Sanktionen für unkooperative Steuergebiete ins Auge gefasst und es gibt nach wie vor nicht den Willen, eine automatische Auskunftspflicht über Erträge von Anlegern durchzusetzen, nicht einmal in den EU-Ländern und ihren assoziierten Territorien. Damit hat die EU auch ihre Position geschwächt, wenn sie in der G20 die Austrocknung überseeischer Steueroasen fordern will.
Zu Barrosos "Konjunkturpaket" erklärte Claude Turmes, stellvertretender Vorsitzender der Grünen/EFA- Fraktion:
"Zu unserer Enttäuschung aber nicht zu unserer Überraschung hat dieser Gipfel der Zauderer es wieder versäumt, die Weichen für Europas Wirtschaft und Umwelt richtig zu stellen.
Barrosos Konjunkturplan verdient diesen Namen nicht, er ist eher eine Beruhigungspille für die Mitgliedsstaaten als eine Kur für die Wirtschaftskrise. Der Gipfel hatte zwar Recht, als er dem Drängen der Deutschen nachgab und beschloss, dass die Investitionen der Kommission vor dem Ende des kommenden Jahres getätigt werden müssen. Dabei wurde aber übersehen, dass die meisten der vorgeschlagenen Projekte nicht so ausgereift sind, dass sie das gesamte Geld absorbieren können(1). So werden von den 3.9 Milliarden Euro, die für Energieprojekte vorgesehen sind, nicht mehr als ein Drittel wirklich ausgegeben werden können.
Dies ist die unvermeidbare Konsequenz davon, dass man eine politische Gefälligkeitsliste aufgestellt hat, deren Projekte mehr für die Kassen nationaler Energiegiganten maßgeschneidert sind als für die langfristigen Bedürfnisse der europäischen Wirtschaft.
Die Hoffnung ruht nun auf dem Europäischen Parlament, das seiner Verantwortung als Mitgesetzgeber nachkommen und dieses Konjunkturpaket noch deutlich verbessern muss."
Anmerkungen:
1)Die Off-shore-Windprojekte sind eine Ausnahme. Für Projekte zur Kohlendioxid-Abscheidung und Speicherung sind 1.25 Milliarden Euro vorgesehen, obwohl diese Projekte wenig neue Jobs schaffen und viele noch gar keine Zulassung für die Errichtung solcher Speicher haben.