Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Minister!
Ich möchte mit dem Thema Ukraine anfangen, weil ich mich doch etwas gewundert habe, dass der alljährlich wiederkehrende Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine in Europa fast dazu geführt hat, dass man so getan hat, als wäre das eine europäische Gaskrise. In einer krisenhaft zugespitzten Situation befand sich die Ukraine, befand sich danach die Republik Moldau, nicht jedoch Europa. Europa konnte nach wie vor auf stabile Geschäftsbeziehungen zu Russland vertrauen. Meiner Meinung nach hat uns diese Situation gezeigt, dass wir als Europäische Union nicht einfach nur sagen können, wir brauchen die Ukraine als sicheres Transitland. Vielmehr müssen wir gerade in der Energiepolitik der Ukraine helfen, sich aus ihrer Abhängigkeit von Russland zu lösen, damit sich das Land positiv entwickelt. Da muss sich viel verändern.
Ansonsten denke ich, dass die ganze Diskussion ein Lehrstück über die Schwächen der europäischen Energiepolitik ist. Diese Schwächen sind in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein koordiniertes Vorgehen könnte sicherlich helfen, die Lage in den Mitgliedstaaten und europaweit zu verbessern. Wir haben doch jetzt den Wert von natürlichen Ressourcen zu schätzen gelernt. Gas oder auch Öl – das wurde zu Zeiten des Irakkrieges heftiger diskutiert – sind Rohstoffe, die wir europaweit verschleudern. Wir gehen mit diesen Rohstoffen verschwenderisch um, was wir uns schon lange nicht mehr erlauben können. Wenn wir die richtigen Konsequenzen ziehen wollen, dann müssen wir meiner Meinung nach viel konsequenter den Ideen von Kommissar Piebalgs folgen, die er zu Beginn seiner Amtszeit vertreten hat. Ressourcenproduktivität und Energieeffizienz sind Ziele, die wir verfolgen müssen, dann werden unsere Abhängigkeiten geringer.
Ich wäre völlig dagegen, ein Europa anzustreben, das völlig autark wird. Das ist ein naiver Ansatz in der gesamten Diskussion. Wir müssen auf ein Europa hinarbeiten, das mit Rohstoffen tatsächlich adäquat umgeht. Seit dem Club of Rome, seit Jahrzehnten diskutieren wir das. Lassen Sie uns jetzt endlich Nägel mit Köpfen machen.
Diejenigen, die meinen, dass die Nutzung der Atomenergie die richtige Antwort auf die Verknappung bzw. die Endlichkeit des Gases ist, sollen doch bitte einmal ernsthaft darlegen, wie sie vorgehen wollen. Wie viele Reaktoren wollen Sie in den nächsten Jahren an welchen Standorten bauen? Was wollen Sie mit dem Müll machen, der in Europa seit Jahrzehnten produziert worden ist? Wir haben vor einigen Wochen den Bericht über die Stilllegung von Leistungsreaktoren diskutiert. Derzeit herrscht im Bereich der Atommüllentsorgung ein Desaster. Wenn also in diesem Bereich die Zukunft liegen soll, dann werden Sie doch bitte etwas klarer! Aber verschonen Sie uns mit der Diskussion über eine Laufzeitenverlängerung. Das fängt jetzt sogar beim Ignalina-Reaktor wieder an. Wer tatsächlich Uralt-Technologie einfach mit einer Lebenszeitverlängerung ausstatten will, der vergrößert die Risiken der Energieproduktion, anstatt uns davon zu befreien.
(Beifall)