Es gehört in der Ukraine-Diskussion in Brüssel zum Common Sense: Wir müssen gegen den Krieg im Osten, gegen die Destabilisierung mit erfolgreichen Reformen gewinnen. Ich höre mich selber noch, wie ich immer und immer wieder so argumentierte. Aber das ist ja nur die halbe Wahrheit. Nichts ist schwieriger als die Reformen, wie sie vor den Ukrainern liegen. Das wissen wir, weil wir aus EU-Ländern Erfahrungen haben mit den Problemen und Verwerfungen, und zwar nicht nur im Osten der EU sondern auch in einem auch oligarchisch geprägten Land wie Griechenland. Und ein Land , das in einen Krieg verwickelt ist, hat es noch unendlich viel schwerer.
Ein Jahr nach der Annektierung der Krim, mit Tausenden von Toten und an die zwei Millionen Flüchtlinge durch den Krieg im Donbas, um einen großen Teil ihres Territoriums zur Zeit beraubt, in schwerer Wirtschafts- und Finanzkrise braucht die Ukraine Unterstützung der eigenen Bürger und der EU Nachbarn. Wir müssen uns in der EU darauf einstellen, dass es ein Generationenprozess ist, den der Euromaidan im größten Land in unserer Nachbarschaft in Gang gesetzt hat. Der Weg aus der vertikalen Korruption braucht Druck von außen gerade von den europäischen Freunden. Es wird uns Geld und Mühe kosten. Es wird Frustrationen geben. Aber es ist alle Anstrengungen wert. Denn weiterhin bleibe ich dabei, dass die EU diejenigen unterstützen muss, die Freiheit und Recht verwirklichen wollen. Die EU scheitert, wenn sie nicht diejenigen stützt, die für unsere Werte streiten. Alles was jetzt in der Ukraine getan wird, dient auch den Interessen der anderen Länder in unserer östlichen Partnerschaft und ihrem Recht auf territoriale Integrität und auf Selbstbestimmung.
Leider gibt es nach wie vor keine Zeichen für einen Erfolg der diplomatischen Bemühungen mit dem russischen Präsidenten und der russischen Führung wieder zu einer gemeinsamen Sprache zu finden. Der Mord an Boris Nemzow hat die Eskalation im Inneren des Landes krass zu Tage gebracht. Umso wichtiger ist weiter Geschlossenheit hinter den Wirtschaftssanktionen. Umso wichtiger wäre auch eine Energieunion, die die neuen und wirklich alternativen Energiestrategien in den Mittelpunkt stellt. Angesichts der Verschlechterung des Verhältnisses zu Russland sollten wir aber auch alle unsere Möglichkeiten nutzen, mit der Zivilgesellschaft Russlands im Gespräch zu bleiben. So viel auch in den letzten Wochen über das Einsammeln russischer Erde durch die Annektierung der Krim in Moskaus Straßen gejubelt wurde, so tief ging doch auch das Erschrecken über den Mord an Boris Nemzow, dem ranghöchsten Oppositionspolitiker Russlands. Und die Zustimmung zum Krieg in der Ukraine war unter den Russen nie wirklich so stark, wie die russische Führung das erwartet. Es gibt auch aus Russland Meldungen, die eine positive Herausforderung für uns sind.
Zum Nachlesen in Gänze:
> Frieden und Krieg, Rebeccas Reisebericht, Ukraine 19.-21. Februar 2015