Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe (Elbevertiefung)
Anfrage von Rebecca Harms zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission vom 6. Dezember 2011
Um großen Containerschiffen beim Verlassen des Hamburger Hafens einen erhöhten Tiefgang zu ermöglichen, sollen Unter- und Außenelbe seewärts auf ca. 135 Kilometern bis zu 2,42 m vertieft werden. Dabei sind erhebliche morphologische, hydrologische und ökologische Beeinträchtigungen der Tideelbe, insbesondere auch bei der europäischen Schutzgebietskulisse „Natura 2000“ zu befürchten.
Aufgrund von Artikel 6 Absatz 4 der „Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen“ ist das Projekt nur zulässig, wenn es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich ist, eine Alternativlösung nicht vorhanden ist und alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen nachgewiesen wurden, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist.
Alternativen wurden bei den verschiedenen Planungsschritten offenbar jedoch nicht bzw. nicht hinreichend untersucht, obwohl verschiedene Alternativvorschläge in das Verfahren eingebracht wurden.
1. Wie beurteilt die Kommission das geplante Vorhaben?
2. Welche Beeinträchtigungen, insbesondere von Natura-2000-Gebieten, sind durch die geplante Elbvertiefung zu erwarten und wie soll der Schutz von Natura-2000-Gebieten im Bereich des geplanten Vorhabens gewährleistet werden?
3. Wie beurteilt die Kommission mögliche negative Auswirkungen auf das Grund- und Oberflächenwasser durch eine zu erwartende Verschiebung der Brackwasserzone als Folge einer Fahrrinnenvertiefung?
4. Hält die Kommission den Eingriff in das Flusssystem Elbe durch die Fahrrinnenanpassung für gerechtfertigt, wenn im gleichen Küstenabschnitt mit dem JadeWeserPort ausreichende Hafenkapazitäten zur Verfügung stehen?
5. Wie beurteilt die Kommission mögliche Alternativvorschläge?
6. Wurden alle rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Prüfung von Alternativlösungen ausreichend beachtet? Wenn ja, inwiefern, wenn nein, welche Versäumnisse liegen vor und mit welchen Konsequenzen?
7. Inwieweit sieht die Kommission in der Fahrrinnenanpassung der Elbe mit voraussichtlichen Kosten von 500-600 Mio. EUR eine unerlaubte Beihilfe für die Hafenwirtschaft und was gedenkt sie ggf. dagegen zu unternehmen?
Antwort von Herrn Potočnik im Namen der Kommission vom 20. Januar 2012
1., 2., 5. und 6. Auf Ersuchen Deutschlands nach Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates(1) nahm die Kommission am 6. Dezember 2011 ihre Stellungnahme zur Verbreiterung und Vertiefung der Fahrrinne Unter- und Außenelbe bis zum Hamburger Hafen (Deutschland) an, C(2011)9090. Diese ist abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/1_DE_ACT_part1_v4[1].pdf
3. Den von Deutschland gelieferten detaillierten Informationen zu den Modellrechnungen lässt sich entnehmen, dass mit einem zusätzlichen Zufluss von Salzwasser in die Unterelbe um höchstens 1,0-1,9 km flussaufwärts zu rechnen ist und dass ein Eindringen von Salzwasser in das Grundwasser nicht zu erwarten ist, da der Zufluss von Süßwasser aus der Geest (an den Fluss angrenzendes, sandiges Heideland) stärker als der Zufluss aus der Elbe ist.
4. Die Kommission erkennt die Bedeutung des Wettbewerbs zwischen den Häfen an und hat keinerlei Präferenzen in Bezug auf einzelne Häfen in Deutschland zum Ausdruck gebracht.
7. Aus den verfügbaren Informationen geht hervor, dass die Elbe eine öffentliche Infrastruktur im Eigentum des Staates ist und allen Nutzern offensteht. Unter diesen Bedingungen übt die für die Elbe zuständige nationale Behörde keine wirtschaftliche Tätigkeit mit Gewinnaussicht aus. Eine öffentliche Finanzierung stellt folglich keine staatliche Beihilfe dar.
(1) Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. L 206 vom 22.7.1992.