Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#anfrage    18 | 11 | 2010

Einsatz von Polizisten aus anderen EU-Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten in Deutschland

Parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission von Rebecca Harms vom 18. November 2010

 

Deutschen Presseberichten (z. B. Spiegel vom 10.11.2010; Tageszeitung vom 11.11.2010) war zu entnehmen, dass im Rahmen des Transports von hoch radioaktivem Atommüll von La Hague (Frankreich) nach Gorleben (Deutschland) im Landkreis Lüchow-Dannenberg (Deutschland) Polizisten anderer EU-Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten eingesetzt wurden. Bestätigt ist die Anwesenheit von kroatischen Beamten. Im Internet veröffentlichte Fotos zeigen auch einen französischen CRS-Beamten, der sogar bewaffnet ist und aktiv an den Zwangsmaßnahmen gegenüber den Demonstrierenden teilnimmt. Ein deutscher Rechtsanwalt, der Zeuge des aktiven Einsatzes des CRS-Beamten war, hat schon vor Ort gegen diesen Einsatz Anzeige erstattet.

 

Hierzu frage ich die Kommission:

 

1. Wie viele PolizistInnen aus EU-Mitgliedstaaten und aus Nicht-Mitgliedstaaten, die nicht der deutschen Polizei angehören, wurden bei dem Einsatz zum Schutz des Castor-Transports eingesetzt und welcher Herkunft waren sie?

 

 

2. Auf welcher Rechtsgrundlage und im Rahmen welchen Programms fand der Einsatz von PolizistInnen anderer EU-Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten in Deutschland statt?

 

 

3. Wie wurden die PolizistInnen der anderen EU-Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten am besagten Einsatz in Deutschland beteiligt?

 

 

4. Welche Rechtsgrundlage besteht generell für den Einsatz von Zwangsmitteln durch PolizistInnen in einem anderen EU-Mitgliedstaat?

 

 

5. Plant die Europäische Kommission, den Einsatz von PolizistInnen in anderen EU-Mitgliedstaaten als ihrer Herkunft auszuweiten?

 

 

6. Wie kontrolliert die Kommission, welche Tätigkeiten von den PolizistInnen in solchen Einsätzen ausgeübt werden?

 

 

7. Wie wird sichergestellt, dass die Einsätze von PolizistInnen in anderen EU-Mitgliedstaaten den jeweiligen Rechtsrahmen und die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte im Einsatzstaat wahren?

 

 

8. Wie bewertet die Kommission, dass ein französischer bewaffneter CRS-Beamter aktiv gegen Demons­tranten in Deutschland vorgegangen ist?

 

 

Antwort von Frau Malmström im Namen der Kommission

 

Die Kommission hat Kenntnis von dem kürzlich erfolgten Transport hoch radioaktiven Atommülls vom französischen La Hague nach Gorleben in Deutschland. Die grenzübergreifende polizeiliche Zusammenarbeit einschließlich der Amtshilfe von Polizeibeamten im Gebiet des anderen Mitgliedstaats fällt in die Zuständigkeit der beteiligten Mitgliedstaaten. Die Kommission verfügt bei solchen Angelegenheiten über keinerlei Befugnis und ist somit an solchen Maßnahmen weder beteiligt noch über diese informiert. Die operative polizeiliche Zusammenarbeit in Europa beruht vornehmlich auf bilateralen Abkommen, in denen sich Mitgliedstaaten auf die Bedingungen für die Entsendung von Polizeibeamten in andere Länder einigen. Diese Abkommen regeln gewöhnlich alle Aspekte einer derartigen Entsendung (wie Umfang der Pflichten, Anwendung von Zwangsmaßnahmen und Haftung) und ihr Inhalt hängt allein von den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten ab.

 

Die Kommission erlangt in Ausübung ihrer Aufgaben gemäß den Verträgen keine Informationen über die Art der zwischen Mitgliedstaaten bestehenden Abkommen oder die Anzahl der Polizeibeamten, die während des Nukleartransports aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland im Einsatz waren. Daher kann sie diese Frage nicht beantworten.

 

Die Kommission verfügt auch über keine Informationen darüber, auf welche Art und Weise Polizeibeamte an dem Einsatz beteiligt waren.

 

Kapitel 1 von Titel III des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (ABl. L 239 vom 22.9.2000) „Polizeiliche Zusammenarbeit“ enthält Bestimmungen zu Zwangsmaßnahmen, die Polizeibeamte in anderen Mitgliedstaaten ergreifen können. Artikel 17 des Rahmen­beschlusses 2008/615/JI (Prümer Beschluss) sieht gemeinsame Einsatzformen vor. Jeder Mitgliedstaat kann den Beamten des Entsendemitgliedstaats Exekutivbefugnisse übertragen. Artikel 19 des Beschlusses regelt den Einsatz von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen durch die Beamten eines Entsendemitgliedstaats.

 

Die Kommission verfügt über keine Befugnis zur Ausweitung der Einsätze von Polizeibeamten in den Mitgliedstaaten. Dies fällt gänzlich in die Zuständigkeit der betreffenden nationalen Behörden.

 

Die Kommission ist nicht befugt zu kontrollieren, welche Tätigkeiten von Polizeibeamten im Rahmen solcher Einsätze ausgeübt werden. Dafür sind einzig die betreffenden nationalen Behörden zuständig.

 

Die Kommission verfügt über keine Befugnis, bei der Entsendung von Polizeibeamten in andere Mitgliedstaaten tätig zu werden.

 

Die Kommission ist nicht befugt, bezüglich Handlungen von Polizeibeamten während Einsätzen in anderen Mitgliedstaaten tätig zu werden.

 

 

 


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