Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#klima    16 | 01 | 2012

EIB-Darlehen für brasilianische Entwicklungsbank BNDES

EIB-Darlehen für brasilianische Entwicklungsbank BNDES

Anfrage von Rebecca Harms zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission vom 26. Oktober 2011

 

Am 5. Oktober gewährte die Europäische Investitionsbank der brasilianischen Entwicklungsbank BNDES ein Darlehen von 500 Mio. EUR zur Finanzierung kleiner und mittlerer Wasserkraftwerke als Projekte, die zum Klimaschutz beitragen.

 

Nichtregierungsorganisationen haben erhebliche Bedenken dahingehend geäußert, dass bei Klimaschutzdarlehen für Wasserkraftprojekte internationale Umwelt- und Sozialnormen weitgehend außer Acht gelassen werden. Das gilt insbesondere auch für die halbstaatlichen Wasserkraftunternehmen in Brasilien, die unmittelbar von der BNDES zinsgünstige Kredite ohne Auflagen erhalten. So hat die BNDES beispielsweise 2010 dem Konsortium Águas de Pedra, zu dem die brasilianische halbstaatliche Eletrobras und der spanische Versorger Iberdrola gehörten, eine Finanzierung für den Bau des mittelgroßen Dardanelos-Staudamms im Fluss Aripuanã im Bundesstaat Mato Grosso gewährt. Im Juli 2010 sprengte das Konsortium wegen Nichtvornahme einer freiwilligen und in Kenntnis der Sachlage vorgenommenen vorherigen Konsultation, Fehlern bei ihren Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie eines aufgrund eines Gesetzes zur Regulierung des Stromsektors von 2004 zu engen Terminplans für den Bau eine Begräbnisstätte des indigenen Stamms der Arara. Als Reaktion auf diese Tragödie besetzten elf Stämme zwei Wochen lang das Baugelände, nahmen 100 Arbeiter des Konsortiums als Geiseln und forderten einen Baustopp. Eletrobras hatte zuvor das Dardanelos-Staudammprojekt zur Prüfung für die Gewährung von Emissionsgutschriften gemäß UNFCCC eingereicht.

 

Dieses EIB-Darlehen für die BNDES ist angesichts der bisherigen BNDES-Bilanz bei der Finanzierung halbstaatlicher Unternehmen, die im Wasserkraftsektor Brasiliens Rechte verletzt haben, sehr Besorgnis erregend.

 

Daher wird die Kommission um folgende Auskünfte gebeten:

1. Welche konkreten Projekte sollen mit diesem EIB-Darlehen für die BNDES finanziert werden?

2. Wie wird die Kommission sicherstellen, dass bei solchen Projekten die Menschenrechte indigener Bevölkerungsgruppen geachtet werden?

3. Welche Richtwerte für Sozial- und Umweltnormen werden zugrunde gelegt, wenn die EIB Darlehen für Klimaschutzprojekte gewährt?

4. Welches Klimaschutzpotenzial müssen diese Projekte aufweisen?


Antwort von Herrn Rehn im Namen der Kommission vom 13. Dezember 2011:

 

Das der Brasilianischen Nationalbank für Wirtschaftliche und Soziale Entwicklung (BNDES) von der Europäischen Investitionsbank (EIB) gewährte Darlehen ist für kleine und mittlere Investitionen des Privatsektors in die Bereiche der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz zu vergeben. Förderungswürdig im Bereich der erneuerbaren Energien sind insbesondere Wärmeenergie, Photovoltaik, Wasserkraft, Erdwärme, Bioenergie und Windkraft. Zu den Bereichen effizienter Energienutzung gehören Investitionen in Fernwärme- und Kühlung sowie in Gebäude mit effizienter Energienutzung und hoch effizienter Kraft-Wärme-Kopplung.

 

Es ist Aufgabe der EIB, sich zu vergewissern, dass im Rahmen des Darlehens an die BNDES die Teilvorhaben, die finanziert werden sollen, mit den betreffenden Regeln und Verfahren übereinstimmen und den jeweiligen Normen entsprechen. Insbesondere wird von der EIB eine umfassende Bewertung von Teilvorhaben mit einem Gesamt-Investitionsvolumen von über 50 Mio. EUR vorgenommen; bei sonstigen Teilvorhaben erfolgt die Bewertung vom Schreibtisch aus, und die im technischen und finanziellen Bereich notwendigen Sorgfaltspflichten werden größtenteils an den Darlehensnehmer delegiert. Die EIB prüft insbesondere, ob Teilvorhaben mit den Beschaffungsleitlinien und den Umwelt- und Sozialprinzipien der EIB vereinbar sind. Vorhaben mit möglicherweise signifikant negativen Auswirkungen auf autochthone Völker kommen für eine Finanzierung nicht in Frage.

 

Was Umweltstandards außerhalb der Europäischen Union anbetrifft, setzt die EIB voraus, dass sämtliche Vorhaben den nationalen Rechtsvorschriften einschließlich der vom Aufnahmestaat ratifizierten internationalen Übereinkommen genügen, so auch den EU-Standards. Sind die Normen der EU strenger als nationale Standards, gelten, soweit zweckmäßig und realisierbar, die höheren EU-Standards. Die EIB folgt in ihrem Ansatz hinsichtlich sozialer Fragen einem auf den betreffenden Rechten gestützten Konzept, das übereinstimmt mit den Maßnahmen, die von anderen multilateralen Entwicklungsbanken angewandt werden.

 

Bei den Standards zur Abschwächung des Klimawandels werden für jedes einzelne Vorhaben Berechnungen hinsichtlich der Verringerung der Treibhausgase vorgenommen. Das Reduzierungspotenzial ist von den Annahmen in Bezug auf alternative Energiequellen in Brasilien abhängig. Ergibt die Beurteilung, dass bei den betreffenden Vorhaben eine Nettozunahme der Emission von Treibhausgasen zu erwarten ist, können Wasserkraftwerke mit einer Kapazität von über 20 MW sowie Bioenergie und Biokraftstoffe möglicherweise nicht berücksichtigt werden. Für sonstige Vorhaben mit erneuerbarer Energie sind keine bestimmten Klimaschutzziele festgelegt.


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