Die Europäische Kommission wird morgen ihre lange erwarteten Vorschläge zur Klima- und Energiepolitik vorstellen. Zu den bisher auf dem Tisch liegenden Vorschlägen der Kommission erklärt Rebecca Harms, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Grünen /EFA im europäischen Parlament:
"Mit diesem Klimapaket muss Europa zeigen, wie ernst die Versprechen von Bali genommen werden. Grundlegend müsste danach das Ziel sein, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 30% zu reduzieren. Dies ist das Minimum, um die Klimaerwärmung auf 2°C zu begrenzen. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich bereits auf dieses Ziel geeinigt, falls ein internationales Abkommen im Rahmen der UNO geschlossen werden kann. Alle Maßnahmen der EU müssten sich deshalb an diesem Ziel orientieren. Tatsächlich wird im vorliegenden Paket aber von nur 20% ausgegangen.
Aus den Fehlern der ersten Runde des Emissionshandelssystems muss gelernt werden. Die Emissionszertifikate für den Energiebereich, der 60% des Emissionshandelssystems ausmacht, müssen vollständig versteigert werden, damit das Handelssystem funktioniert und damit die Energiekonzerne nicht unberechtigte Zusatzgewinne in Milliardenhöhe einstreichen.
Die Erfahrungen bei der Klimaregulierung für die Automobilhersteller dürfen sich nicht wiederholen. Die EU-Kommission muss den Attacken der europäischen Industrie und einiger großer Mitgliedstaaten mehr entgegensetzen als bisher und darf keine weitere Verwässerung der Vorschläge zulassen.
Solange noch keine gleichen Wettbewerbsbedingungen durch ein Kyoto-Nachfolgeabkommen geschaffen sind, wird es notwendig sein die möglichen negativen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen energieintensiven Industrie zu mindern. Klimazölle oder die Auflage, Emissionszertifikate für importierte Produkte zu erwerben, können die Wettbewerbsnachteile in diesem Bereich ausgleichen.
Die Klimaziele der Europäischen Union drohen jedoch zu scheitern, weil bisher die entscheidende Umorientierung in der Energiepolitik ausbleibt. Noch immer orientiert sich die EU stark am alten Energiemix aus Kohle und Atom und an großtechnologischen Lösungen. CCS-Technologie für Kohle erweist sich mehr und mehr als Türöffner für mehr und mehr Kohlekraftwerke in der EU. Die wichtigste Säule einer nachhaltigen Energiepolitik - Energieeffizienz und Energiesparmaßnahmen - wird weiterhin vernachlässigt.
Bei Pflanzentreibstoffen zweifeln inzwischen selbst die Experten der Kommission am Nutzen. Die Erzeugung und Nutzung von 'Biotreibstoffen' hat ernstzunehmende soziale und ökologische Folgen. Die Grünen im Europäischen Parlament fordern, das 10% Ausbauziel für Biokraftstoffe dringend aufzugeben."
Zu den Vorschlägen für den Ausbau der erneuerbaren Energien erklärt Claude Turmes, Berichterstatter des EU-Parlaments für erneuerbare Energien:
"Das Ausbauziel für Erneuerbare (20% bis 2020) ist nicht nur eine wichtige Maßnahme zur Erreichung der Klimaziele, sondern reduziert auch unsere Abhängigkeit von Energieimporten und schafft Arbeitsplätze in Europa. Europa hat das Potenzial, um dieses Ziel bei weitem zu übertreffen.
Die garantierten Einspeisesysteme, wie in Deutschland praktiziert, müssen unbedingt geschützt werden. Sie sind das beste Mittel, um mit niedrigen Kosten den erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen. Nur dieses System wirkt auch den übermächtigen Stromkonzernen entgegen, indem es mehr Wettbewerber auf den Strommarkt bringt. Die deutsche Bundesregierung muss hier Farbe bekennen und darf nicht vor den Stromriesen einknicken."