Das Abtreibungsrecht in Polen ist streng. Gemeinsam mit Malta und Irland ist es eines der striktesten in Europa und führt zu Abtreibungstourismus in andere EU-Staaten oder zu heimlichen und gesundheitsgefährdenden Abtreibungsversuchen.
Die aktuelle nationalkonservativ und katholisch geprägte Regierung unter der Leitung der PiS-Partei wollte dieses jetzt noch verstärken. Abtreibungen nach Vergewaltigungen, bei schwerstbehinderten Föten oder zum Schutz der Gesundheit der Mutter sollten verboten werden. Der Gesetzesvorschlag reiht sich ein in die systematischen Versuche der polnischen Regierung, die Menschenrechte und die Prinzipien des Rechtsstaates und der Demokratie zu untergraben. Er ist ein weiterer Versuch die Zeit zurückzudrehen.
Doch der Versuch ist dank der polnischen Frauen gescheitert:
Während der liberale Gesetzentwurf der Linken und der Partia Zieloni, unserer grünen Schwesterpartei, in der ersten Lesung abgelehnt wurde, schaffte es der strenge Entwurf der PiS bis in die zweite Lesung. Spätestens zu diesem Zeitpunkt schlossen sich kleine und zersplitterte Protestbewegungen zum „Czarny Protest“, dem „Schwarzen Protest“ zusammen. Tausende Frauen allen Alters legten am 3. Oktober mit dem Black Monday das Land lahm und gingen schwarzgekleidet auf die Straße. Einen Tag später folgte die Ablehnung des Gesetzentwurfes in der zweiten Lesung – als Reaktion auf den Protest und den Zorn der polnischen Frauen.
Unterstützung erhielten die Polinnen aus der ganzen Welt: Frauen von allen Kontinenten luden Fotos von sich in schwarzer Kleidung in sozialen Netzwerken hoch, viele Männer schlossen sich dem Protest an, und das Europäische Parlament diskutierte im Plenum über die Frauenrechte in Polen. Wir Grüne luden polnische Frauen nach Straßburg ein und organisierten ein Hearing im Europaparlament.
Auch wenn Abtreibung unter Gesundheitspolitik fällt und damit die nationale Rechtsprechung und nicht die europäische betrifft, sind die körperliche Unversehrtheit und Souveränität über den eigenen Körper Menschenrechte. Archaische, patriarchalische und kirchlich geprägte Gesetzgebung darf keinen Platz in Europa haben - it´s 2016!
Trotzdem bleibt das Gesetz in Polen eines der striktesten. Die Abwehr des Entwurfes durch den Czarny Protest ist nur ein Etappensieg. Wie man den ersten Erfolg nutzen kann und wie es gemeinsam weitergehen soll, werde ich dieses Wochenende in Breslau mit den polnischen Grünen und Aktivistinnen aus der neuen polnischen Frauenbewegung diskutieren. Die starke Einmischung der Polinnen ist ein gutes Zeichen für die Demokratie Polens. Mein Eindruck bleibt, dass die Bürger und Bürgerinnen Polens dabei sind, sich in der Auseinandersetzung mit PiS die Demokratie gerade ein zweites Mal anzueignen.
