Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#dieselgate    28 | 02 | 2017

GRÜNE BILANZ zum Endbericht des Untersuchungsausschuss im Europaparlament (EMIS)

Am 28. Februar hat der Dieselgate-Untersuchungsausschuss EMIS im Europäischen Parlament über seinen Endbericht abgestimmt.  Der Bericht macht klar, dass EU Kommission und EU-Mitgliedsstaaten dem Betrug bei den Abgasmessungen viel früher auf die Spur hätten kommen können.

Seit Beginn der Anhörungen im März 2016 wurden zahlreiche Experten, EU-Kommissionsbeamte, nationale Aufsichtsbehörden, Minister aus verschiedenen Mitgliedsstaaten und Automobilhersteller sowie Zulieferer befragt. Es wurde deutlich, dass das immer stärkere Auseinanderdriften von Emissionen im Testzyklus und im Normalbetrieb hinlänglich bekannt war. Seitens der EU-Kommission und nationaler Behörden wurde deshalb auf die Erarbeitung des neuen Testzyklus und die Überarbeitung des Typengenehmigungsverfahrens verwiesen. So wurden die Grenzwertüberschreitungen allerdings über Jahre hingenommen. Auch wurde immer wieder behauptet, dass es keinen Grund zur Annahme gegeben habe, dass illegale Abschalteinrichtungen verwendet wurden. Anders ist jedoch nach Expertenmeinung die Höhe des Unterschieds zwischen Test- und Realbetrieb kaum erklärbar. Auch gibt es in den Dokumenten, die dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wurden sehr deutliche Hinweise darauf, dass Kommissionsmitarbeiter das Abschalten der Abgasreinigung unter bestimmten Bedingungen vermuteten. Dieser Vermutung der illegalen Anwendung von Abschaltmechanismen wurde allerdings nicht nachgegangen, indem man z.B. weitere Untersuchungen in Auftrag gegeben hätte. Der ehemalige Industriekommissar Antonio Tajani wies darauf hin, dass er lediglich im Falle von konkreten Beweisen für die Anwendung illegaler Abschaltmechanismen die nationalen Behörden hätte auffordern können die Typenzulassung für bestimmte Fahrzeuge zurückzuziehen. Er hat allerdings trotz zahlreicher Hinweise auch keine Untersuchungen in Auftrag gegeben, um entsprechende Beweise zu erhalten.

Mehrere Hersteller von Abgasreinigungstechnologie trugen vor, dass es durchaus möglich sei die europäischen Grenzwerte bei Anwendung der richtigen Technologien auch im Normalbetrieb zu erreichen. Sie bestätigten zudem, dass es zum Schutz ihrer Technologie nicht notwendig sei diese bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt abzuschalten. Zudem waren die Experten der Meinung, dass es möglich sei einen Motor entsprechend einzustellen, dass er auch bei eingeschalteter Abgasreinigung bei typischen mitteleuropäischen Temperaturen keinen Schaden nimmt.

Bei den Anhörungen verschiedener Automobilhersteller wurde allerdings deutlich, dass sie die Gesetzgebung dahingehend interpretierten, dass die europäischen Grenzwerte lediglich im Testzyklus erreicht werden müssten. Die Emissionen auf der Straße spielten dagegen keine Rolle. Das widerspricht jedoch dem Ziel der Gesetzgebung, die Luftqualität zu verbessern und die Gesundheit der Menschen zu schützen.

Der Endbericht des Untersuchungsausschusses wird im März- oder im April-Plenum abgestimmt. Darin fordern die Abgeordneten u.a. auch einen regelmäßigen Bericht (alle 18 Monate) der Europäischen Kommission zum Thema.

GRÜNE FORDERUNGEN DES EUROPAPARLAMENTARIER

1. Abschalteinrichtungen aus dem Verkehr ziehen: Die Mitgliedsstaaten müssen Fahrzeuge, bei denen eine Abschalteinrichtung verwendet wird, aus dem Verkehr ziehen bzw. dafür sorgen, dass Abschalteinrichtungen entfernt werden. Bei vermuteter Anwendung von Abschalteinrichtungen müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

2. Vertragsverletzungsverfahren einleiten: Die EU-Kommission muss auch Vertragsverletzungsverfahren gegen jene Mitgliedsstaaten einleiten, die nicht angemessen auf die Erkenntnisse aus dem letzten Jahr reagieren (siehe oben).

3. Unabhängige Kontrollen auf europäische Ebene: Unabhängige Kontrollen sind notwendig, um ähnlichen Betrug in Zukunft zu verhindern. Der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments lehnte leider eine EU-Behörde zu diesem Zweck ab. Dennoch soll die EU-Kommission weitere Befugnisse zur Marktüberwachung im Falle von Betrugsverdachtsmomenten erhalten. Das darf von den Mitgliedsstaaten nicht in Frage gestellt werden.

4. Fahrzeuge müssen Abgasgrenzwerte tatsächlich einhalten: Die sogenannten Konformitätsfaktoren, die noch für unbegrenzte Zeit die Zulassung von Fahrzeugen ermöglichen, die die Emissionsgrenzwerte im Normalbetrieb deutlich überschreiten, müssen so schnell wie möglich auf 1 reduziert werden. Erst dann kann die Gesetzgebung die gewünschten Verbesserungen der Luftqualität erzielen.

Die Grüne Bilanz des EMIS-Abschlussberichts zum > DOWNLOAD.

Im letzten Treffen des Dieselgate-Untersuchungsausschusses im Europäischen Parlament hat die EU-Industrie-Kommissarin Bienkowska eingeräumt, dass außer Volkswagen noch andere Autohersteller mit möglicher Betrugssoftware gegen europäische Gesetze verstoßen haben. Sie bezieht sich dabei auf die Richtlinien zur Interpretation der Euro 5/6 Gesetzgebung bezüglich der Abschalteinrichtungen (http://rebecca-harms.de/files/1/q/1qz2p8wvba4g/attc_dhtRPUB7o6jjNZeT.pdf), die die EU Kommission kürzlich vorgelegt hat. Darin legt die EU-Kommission klare Kriterien für Betrugssoftware fest. Wir haben die Kriterien auf bereits durchgeführte Tests in EU-Mitgliedsstaaten angewendet. Danach hätten zahlreiche Autos der Hersteller Fiat, Mercedes, Audi VW, Renault, Volvo, Nissan und Peugeot Betrugssoftware verwendet (Details zum Download > HIER und > HIER).  

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