Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#fukushima    09 | 03 | 2013
Blog

Fukushima - die Katastrophe geht weiter

Am Montag jährt sich der Tag, an dem Erdbeben, Tsunami und die atomare Katastrophe von Fukushima Japan und die Welt in Schrecken versetzte. Mit dem 11. März 2011, three-eleven wie die Japaner selber sagen, ist nicht nur in Japan der Glaube zerbrochen, dass die Folgen eines großen Atomunfalls kontrollierbar sind.

Das Ende des atomaren Zeitalters scheint seither in Sicht. Auch ehrgeizige Ankündigungen von AKW-Neubauten in China, Russland, Großbritannien oder im Iran sind mehr Propaganda als durchfinanzierte Programme. Explodierende Kosten und technische Probleme auf den wenigen nuklearen Baustellen weltweit zeigen, dass auch diese Länder den Niedergang der Atomenergie nicht aufhalten können. Wie schnell und konsequent der Ausstieg global ablaufen wird, ist offen.

Japans weiterer Umgang mit der Atomenergie wird für diese Entwicklung eine wichtige Rolle spielen. Von den vierundfünfzig Reaktoren der Zeit vor Fukushima sind nur zwei wieder in Betrieb. Die restlichen 47 japanischen Reaktoren  bewertete die Internationale Atomenergie Agentur (IAEA) kürzlich als „langfristig abgeschaltet“. Und auch wenn die seit der atomaren Katastrophe abgeschalteten AKW auf dem Papier schon wieder am Netz sind: Japan muss einen großen Teil seiner Reaktorflotte verloren geben.

Das Interesse, durch Wiederanschaltung der AKW in Japan wieder Geld zu verdienen, wächst täglich. Die Kosten der Atomkatastrophe werden zwischen 250 und 500 Milliarden Dollar geschätzt, Tendenz steigend. Der Staat bezahlt. Die Japanerinnen und Japaner zahlen schon mit ihrer Gesundheit und der ihrer Kinder für den lange unerschütterten Glauben an die atomare Sicherheit. Sie zahlen mit ihren Steuern aber auch jeden Yen an den bankrotten Atomkonzern Tepco, sie zahlen für Aufräumarbeiten, Dekontaminierungsprogramme und Evakuierungen.

Gleichzeitig geht die Verharmlosung der Folgen von Fukushima durch Regierung und Industrie in den betroffenen Regionen weiter.  Strahlenmessungen werden manipuliert, sagen Bürgermeister, die die offiziellen Werte überprüfen lassen. Die Ergebnisse sind je nach Gelände und Gebäude verschieden. Verbindliche Werte, auf die die Belastung sinken soll, fehlen. Dekontaminierungsarbeiten in Städten und Dörfern werden neuerdings mit großer Eile durchgeführt. Bau- und Atomindustrie sollen kräftig mitverdienen.

"Vorläufige Zwischenlager" für abgetragenen Boden der Felder und Gärten, für gefällte Bäume aus Parks und Wäldern, reichen nicht aus. In große Plastiksäcke verpackt wird kontaminiertes Material  in den " gesäuberten" Gärten und Höfen vergraben. Möglichst viele Menschen sollen zurückkehren, damit an den schlechten Entschädigungen für Evakuierte noch gespart werden kann. Die Ruinen der Reaktoren bei Fukushima sind nach Einschätzung der japanischen Regierung "unter Kontrolle". Aber bis heute wird mit viel Wasser gekühlt. Japanische Atomexperten, die in der Untersuchungskommission des japanischen Parlaments gezeigt haben, dass schon allein das Beben die Kenschmelzen auslöste, dürfen diese These nicht vor Ort überprüfen.

Alle Reaktoren Japans sind durch Erdbeben gefährdet. Wer die Bürger überreden will, den Weiterbetrieb eines AKW zuzulassen, hat verloren, wenn die These zum Beben belegt wird. Vor einigen Tagen alarmierte mich Juri Scherbak, Arzt, Schriftsteller und Tschernobylliquidator aus der Ukraine. Er beklagte tief bestürzt, dass in Japan aus den ukrainischen Fehlern und Erfahrungen seit dem Supergau 1986 gar nichts gelernt werde, noch nicht einmal zum Schutz der Menschen.

Aus Tschernobyl und Fukushima lernen? In Europa hängt viel an Deutschland. Scheitert die Energiewende, dann wirkt das über deutsche Grenzen hinaus. Doch statt die Energiewende zu europäisieren, mahnt der deutsche Energiekommissar Oettinger vor den Kosten. Er verschweigt, dass Deutschland heute billigen Industriestrom hat. Er malt das Horrorgemälde der Deindustrialisierung Europas durch Atomausstieg und Klimaschutz. Mit erfahrenen Nuklearhaudegen in seinen Diensten will er das atomare Zeitalter verlängern. Sein Europäischer Stresstest schafft nicht Sicherheit, sondern Alibi und Begründung für Laufzeitverlängerung von alten Atomkraftwerken.

Die versprochene Verschärfung der atomaren Sicherheitsstandards der EU wird von der Industrie blockiert. Ukrainische Stromnetze werden mit EU-Geld nachgerüstet, damit billiger Atomstrom aus alten Meilern nach Westen fließt.  Als im letzten Jahr eine Volksbefragung in Litauen mit einem klaren Nein zur Atomkraft endete, empfahl Günter Oettinger postwendend der Regierung in Vilnius, nicht auf die Bürger zu hören. Die Regierung Merkel, sonst in Brüssel sehr zielstrebig, lässt den Kommissar gewähren.

Dabei wäre die Europäische Energiewende vorteilhaft für Sicherheit, Versorgung, Wirtschaft  und Klima. Der gemeinsame Aufbruch in das Zeitalter der Erneuerbaren und der Effizienz wird von der Mehrheit der Europäer nicht erst seit Fukushima gewollt. Neues Ansehen für Europäische Politik wäre garantiert, wenn die Politik bereit wäre aus Fehlern zu lernen. Anders als nach Tschernobyl sind die notwendige Technik und das Wissen vorhanden.

Ein Tag in Fukushima - Eine Woche in Japan. Reisenotizen

Aus einer Vortrags- und Recherchereise durch verschiedene japanische Großstädte - im Gepäck eine Studie über die Mängel des Stresstests und die Neugier auf die Lage in Japan ein Jahr nach Fukushima entstand das Taschenbuch "Ein Tag in Fukushima - eine Woche in Japan" - 88 Seiten Notizen und Fotos aus einem faszinierenden Land.

Ein Tag in der Region Fukushima war der traurige Schlüsseltag der Reise. Die Stärke der neuen japanischen Anti-Atom-Bewegung begriffen wir Europäer am Ende der Tour auf der Global Conference for a Nuclear Free World in Yokohama.

"Ein Tag in Fukushima - eine Woche in Japan. Reisenotizen" (Taschenbuch, 88 Seiten mit Fotos, Verlag Die Brotsuppe) ist im Buchhandel unter der ISBN-Nr. 978-3-905689-40-2 zu bestellen - oder bei amazon.de.

 

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Accompanied by two Japanese anti-nuclear activists, her policy adviser Silke Malorny and the former head of the Bulgarian Nuclear Regulatory Agency, Gueorgui Kastchiev; Rebecca Harms went on a lecture and research tour to Tokyo, Osaka, Matsuyama City, Yokohama and Fukushima. Based on her notes from the journey and her pictures, she wrote the book "A day in Fukushima - A week in Japan. Notes from the Journey". It can be downloaded for free.


Téléchargement gratuit du livre

Accompagnée par deux japonais activistes anti-nucléaires, sa conseillère politique Silke Malorny et l'ancien chef de l'Agence bulgare de réglementation nucléaire Gueorgui Kastchiev; Rebecca Harms a participé à plusieurs conférences et a mené une recherche à Tokyo, Osaka, la ville de Matsuyama, Yokohama etFukushima. Les résultats de sa recherche, son voyage et ses photos lui ont inspiré l'idée d'écrire le livre "Un jour à Fukushima - Une semaine au Japon. Carnet de voyage". Téléchargement gratuit.


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