Mit dem Abkommen von Paris im letzten Dezember hat sich die Dynamik in der internationalen Klimapolitik endgültig verändert. Die EU muss sich nun deutlich mehr anstrengen, um international weiterhin eine relevante Rolle zu spielen.
Die EU wirkt in der internationalen Klimapolitik im Moment etwas überrumpelt. Nachdem bereits etliche andere Staaten – unter ihnen die global größten Emittenten USA und China – das Pariser Klimaabkommen ratifiziert hatten, drohte eine Blamage für den ehemaligen Vorreiter im Klimaschutz. Denn sobald 55 Staaten, die für 55% der globalen Emissionen verantwortlich sind, das Abkommen ratifiziert haben, kann es in Kraft treten. Bis heute haben bereits 61 Staaten ratifiziert und das 55%-Ziel ist zum Greifen nah, da die Ratifizierung durch Indien und Kanada unmittelbar bevorsteht. So könnte das Paris-Abkommen noch vor dem nächsten Klimagipfel in Marrakesch (7.-18. November) in Kraft treten. Sollte es der EU nicht rechtzeitig gelingen ebenfalls zu ratifizieren, könnte sie in Marrakesch als Zuschauer am Rand stehen, wenn die Arbeit unter dem neuen Abkommen beginnt und hätte beim Beginn der Umsetzung keinen Einfluss.
Kein Wunder also dass die EU nun alle Hebel in Bewegung setzt, um ebenfalls noch rechtzeitig das Abkommen zu ratifizieren. Nachdem die Umweltminister heute ihr Einverständnis gaben, wird das Europaparlament am nächsten Dienstag in Anwesenheit des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki Moon ebenfalls zustimmen und danach muss nochmal der Europäische Rat darüber abstimmen. Das alles soll innerhalb weniger Tage über die Bühne gehen.
Dass die EU den internationalen Entwicklungen heute hinterherhetzt liegt sicherlich zum Teil an der Komplexität des EU-Ratifizierungsprozesses. So müssen alle 28 Mitgliedsstaaten über die Ratifizierung abstimmen. Normalerweise würde die EU erst danach ratifizieren und dann die EU-Ratifizierung gemeinsam mit den 28 Mitgliedsstaaten bei der UN einreichen. Für diesen Prozess war nun aber keine Zeit mehr. Bislang haben 7 Mitgliedsstaaten ratifiziert (Deutschland, Frankreich, Slowakei, Portugal, Österreich, Ungarn, Malta). Diese können dann gemeinsam mit der EU ihre Ratifizierung bei der UN einreichen.
Die aktuelle Situation ist auch Ausdruck davon, dass es der EU erst jetzt dämmert, dass sie ihre Haltung in der internationalen Klimapolitik verändern muss. Sehr lange konnte sie sicher sein, dass sich ohne ihr Zutun auf der internationalen Klimabühne gar nichts tun würde. Dass die EU sich 2007 unilateral auf verbindliche Klimaziele festlegte war ungemein wichtig für den internationalen Klimaprozess. Und auch in den Folgejahren konnte sich die EU zu Recht als eine treibende Kraft in der internationalen Klimapolitik sehen. Doch während in anderen Ländern der Welt der Wille zum Klimaschutz zunahm, wurde die EU weniger ehrgeizig. Mit dem Abkommen von Paris im letzten Dezember hat sich die Dynamik endgültig verändert. Nicht nur gaben die USA und China im Vorfeld ihre Blockade auf. Der Erfolg von Paris war auch einem neuen Gefühl von wirklicher internationaler Kooperation und Handlungsfähigkeit zu verdanken. Die EU muss sich nun deutlich mehr anstrengen, um international weiterhin eine relevante Rolle zu spielen. Aus grüner Sicht wäre ein wichtiger Schritt die EU Klima- und Energieziele für 2030 deutlich zu erhöhen. Die aktuellen Ziele von 40% Emissionsminderung, 27% Erneuerbare und 27% Effizienzsteigerung werden dem in Paris gesteckten Ziel den Klimawandel auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen nicht gerecht. Für mich bleibt es dabei, dass es die Europäische Union weiterbringen muss und kann als es die Debatte um die Energieunion zurzeit ahnen lässt. Eine Europäische Klima und Energieunion ist das Zukunftsprojekt, mit dem wir auch wirtschaftliche positive Dynamik erreichen könnten.
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