Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atom    15 | 06 | 2011

Harms empfiehlt Grünen Ja zum Atomkonsens

- von Holger Hansen -

 

Berlin, 15. Jun (Reuters) - Bei den Grünen mehren sich die gewichtigen Stimmen, die der eigenen Partei die Zustimmung zum schwarz-gelben Zeitplan für den Atomausstieg nahelegen. "Ein Ausstieg aus fast dem gesamten deutschen Atomprogramm in elf Jahren ist etwas, dem man zustimmen kann", sagte die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Besiegelung des Ausstiegs durch - wenn möglich - alle Parteien im Bundestag bringt uns die meiste Sicherheit, dass dieser Ausstiegsplan nicht wieder aufgeschnürt wird." Anti-Atom- und Umweltbewegung sowie die Grünen müssten dies als eigenen Erfolg erkennen.

 

Bei den Grünen wird über die Haltung zu den Plänen der Bundesregierung noch kontrovers gerungen. Ein Sonderparteitag soll am 25. Juni die Position festlegen. Die Parteispitze will noch in dieser Woche den Leitantrag beschließen, der die Richtung vorgeben soll. Auf dem Parteitag dürfte der Rede von Harms eine Schlüsselrolle zukommen. Die gebürtige Niedersächsin ist Mitglied im Grünen-Parteirat und gilt in den eigenen Reihen wie keine andere als Symbolfigur der Anti-Atom-Bewegung. Ihr politisches Leben ist geprägt vom Kampf gegen ein Atom-Endlager in Gorleben. Sie gehörte einst zu den Mitbegründerinnen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg gegen Gorleben.

 

HARMS: NEIN BIRGT DIE GEFAHR DES VERLUSTS AN EINFLUSS

 

"In dieser Situation nach Fukushima ist es das erste Mal möglich, einen Konsens zu erzielen zwischen allen Parteien im Bundestag", sagte Harms. Den Grünen liege zwar das Szenario eines wissenschaftlichen Instituts vor, dass ein schnellerer Ausstieg bis zum Jahr 2017 technisch machbar sei. "Meine Erfahrung zeigt aber, dass zwischen technischer Machbarkeit und politischer Durchsetzbarkeit Unterschiede bestehen."

 

Nach den Regierungsplänen sollen acht Atomkraftwerke sofort stillgelegt werden, für die verbleibenden neun soll schrittweise spätestens 2022 Schluss sein. Die Grünen treten bisher für einen Ausstieg bis 2017 ein. Umweltorganisationen wie Greenpeace warnen die Partei vor einem Verlust an Glaubwürdigkeit, wenn die Grünen mit einem Ja zu den Regierungsplänen davon abrückten.

 

Harms warnte indes vor einem Bedeutungsverlust im Fall eines Neins: "Wenn man das nicht mehr als eigenen Erfolg erkennt bei den Grünen, in der Anti-Atom-Bewegung und in der Umweltbewegung, besteht die Gefahr, dass man auch international an Einfluss verliert." Deutschlands Entscheidung stehe neben den Beschlüssen in der Schweiz, in Italien und Belgien gegen die Atomkraft. Auch in Frankreich "bröckelt der Konsens der Pro-Atom-Parteien".

 

KOALITIONSOPTIONEN WERDEN 2013 ENTSCHIEDEN

 

"Mein Vorschlag ist, der Bundestagsfraktion die Zustimmung zum Ausstiegsfahrplan zu empfehlen", sagte Harms mit Blick auf den Parteitag. Dies solle verbunden werden mit Kritik etwa an der Begründung des Gesetzentwurfs und dem offenen Kapitel Atommüll. "Ich würde diese Kritik aber nicht mit einem Nein verbinden", betonte Harms. "Ich würde von der Bundesregierung erwarten, dass da nachgearbeitet wird, und dass wir einen Konsens über einen Neubeginn in der Endlagerdebatte herstellen." Die Ministerpräsidenten hätten einstimmig entschieden, dass sie für eine echte vergleichbare Endlagersuche einträten. "Das ist eine entscheidende Veränderung", sagte Harms.

 

Eine Verknüpfung der Atom-Entscheidung mit Überlegungen über Koalitionsoptionen der Grünen im Bund etwa mit der Union lehnte Harms entschieden ab. Es gebe unter Grünen, in der Linkspartei und in manchen SPD-Debatten eine Tendenz, dem Ausstiegsplan nun nicht zuzustimmen, in der Hoffnung, man werde nach einem Regierungswechsel 2013 alles optimal machen. "Über Regierungskoalitionen entscheidet der Wähler 2013", sagte Harms. "Was ich jetzt an Möglichkeiten habe zu regeln für ein uraltes Ziel der Anti-Atom-Bewegung, der Umweltbewegung und einer Mehrheit der Deutschen, das regele ich jetzt."


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