Der EU-Kommissionsvorschlag zur Minderung der CO2-Emissionen von Autos und leichten Nutzfahrzeugen für die Zeit nach 2021 ist aus Grüner Sicht absolut unzureichend. Wir erklären warum, in unserem Briefing.
1. CO2-Reduktionsziel für die europäische Neuwagenflotte
Kommissionsvorschlag
Die EU Kommission schlägt vor, den CO2-Ausstoß für Neuwagen bis 2025 um 15% und bis 2030 um 30% im Vergleich zu 2021 zu senken. Die bestehende Regulierung sieht für 2021 einen Flottendurchschnitt von 95g CO2/km (entsprechend des NEDC Testverfahrens) für PKW vor.
Grüne Position
Das von der Kommission vorgesehene Ziel ist absolut unzureichend. Rechnet man die notwendigen Reduktionen anhand eines CO2-Budgets auf Grundlage der Pariser Ziele nach (wohlgemerkt lediglich das 2-Grad-Ziel, nicht das 1,5 Grad Ziel), kommt man zu dem Ergebnis, dass der Automobilsektor sehr viel mehr beisteuern muss. So müssen die Emissionen von Neufahrzeugen bis 2030 um 75% im Vergleich zu 2021 sinken (bei einem Umrechnungsfaktor von 1,25 zwischen NEDC und dem neuen Testverfahren WLTP erreicht man so 30g CO2/km). Dementsprechend schlagen wir für 2025 ein 45% und bis 2030 ein 75% Reduktionsziel vor. Zudem führen wir ein Ziel von Nullemissionen bis 2035 ein.
Wissenschaftliche Expertise
Green Vision Scenario, Öko-Institut
Im Auftrag gegeben von der Greens/EFA-Fraktion berechnet das Szenario auf
Grundlage eines CO2-Budgets zur Erreichung des 2-Grad Ziels den notwendigen
Beitrag der verschiedenen Sektoren aus. Priorität erhalten jene Technologien,
die bereits kosteneffizient eingesetzt werden können.
ICCT
In seinem Blog und Briefing zum Kommissionsvorschlag erklärt Peter Mock, dass
eine 60%ige CO2-Reduktion notwendig ist, um das deutsche 40% Transportziel zu
erreichen. Berücksichtigung der Pariser Klimaziele würden noch tiefere
Einschnitte erfordern. Gleichzeitig stellt er dar, dass strengere CO2-Ziele
noch immer Einsparungen für die Konsumenten und deutlich ansteigende
finanzielle Vorteile für die Gesellschaft mit sich bringen.
TNO/CEDelft
TNO und CEDelft wurden von der EU-Kommission beauftragt in Vorbereitung der
neuen Gesetzgebung verschiedene Modalitäten durchzurechnen. Sie kamen in ihrer Studie unter anderem zu dem Ergebnis, dass höhere
CO2-Reduktionen als im Auftrag der Kommission überhaupt untersucht werden
sollten mit positiven Kosten umgesetzt werden könnten.
Agora
Verkehrswende
Die Agora Verkehrswende kommt in ihrer Bewertung des Kommissionsvorschlags zu dem Ergebnis, dass insbesondere für die
Erreichung des deutschen Klimaziels für den Transportsektor deutlich höhere
Einsparungen durch Verbesserungen in der Neuwagenflotte notwendig sind.
2. Anteil von Elektrofahrzeugen in der Neuwagenflotte
Kommissionsvorschlag
Die EU-Kommission sieht vor, dass Autohersteller, die bis 2025 mehr als 15% und bis 2030 mehr als 30% LEVs (Low Emission Vehicles - z.B. Elektrofahrzeuge, Plug in Hybride) verkaufen, ein abgeschwächtes CO2-Reduktionsziel erhalten.
Grüne Position
Wir halten den Vorschlag der Kommission nicht für
zielführend, da das unverbindliche Ziel wenig Anreiz für die Produktion von
Elektrofahrzeugen bietet. Zudem liegt das Ziel nicht über den ohnehin von der
Automobilindustrie angekündigten Ausbauzielen. So führt der Mechanismus
lediglich dazu, dass ein ohnehin schon schwaches CO2-Ziel noch weiter
abgeschwächt wird. Außerdem passen CO2-Reduktionsziel und LEV-Ziel nicht
zusammen. Wenn die Hersteller die anvisierten LEV-Ziele erreichen und ein
abgeschwächtes CO2-Ziel erhalten, bedeutet das, dass der konventionelle Teil
der Fahrzeugflotte 2030 mehr ausstoßen darf als 2021.
Wir sind der Auffassung, dass in erster Linie ein ehrgeiziges CO2-Ziel die
Elektrifizierung vorantreiben soll. Um aber Investitionssicherheit für die Ladeinfrastruktur
zu schaffen, schlagen wir ein verbindliches
15%-Ziel für ZEVs (Zero Emission Vehicles) für 2025 vor. Für die Erreichung
der von uns vorgeschlagenen Ziele wird allerdings ein höherer Anteil notwendig
sein.
3. Weitere grüne Änderungsvorschläge
· Um sicherzustellen, dass die CO2-Grenzwerte auch zu den vorgesehenen realen CO2-Minderungen führen, wird die EU-Kommission beauftragt die Diskrepanz zwischen Test und Realität zu beobachten und ggf. die CO2-Ziele entsprechend nach unten anzupassen.
· Masse als Grundlage zur Berechnung der spezifischen Emissionsziele für Fahrzeuge wird entfernt, um Anreize zu schaffen leichtere und kleinere Fahrzeuge zu verkaufen und dadurch den CO2-Ausstoß zu senken.
·
Die
Kommission wird beauftragt entsprechend der Ökodesign-Richtlinie
Effizienzstandards für Elektroautos zu entwickeln. Hierbei werden die
Lifecycle-Emissionen betrachtet sowie die Anwesenheit gefährlicher Stoffe.
Der EU Kommissionsvorschlag wurde im Rahmen des Pakets für saubere Mobilität im November 2017 vorgelegt. Im Oktober stimmt voraussichtlich das EP ab, anschließend beginnen die Trilogverhandlungen.