Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atom    20 | 07 | 2012

Atommüllentsorgung auf dem Meeresboden

Atommüllentsorgung auf dem Meeresboden

Anfrage von Rebecca Harms zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission vom 11. Juni 2012

 

Von den 60ern bis Anfang der 80er Jahre fanden vor der Küste Europas internationale Verklappungen von Atommüll statt. Als Ergebnis liegen heute etwa 200 000 Fässer mit Atommüll vor Europas Küsten. Ein aktueller OSPAR-Bericht über die Auswirkungen der Atommüllversenkungen stellt erhöhte Mengen von Pu238 in den Verklappungsgebieten fest. Dies deutet auf Lecks in den versenkten Fässern hin. Auch in Fischen wurde bereits Plutonium nachgewiesen. Allerdings gibt es seit 12 Jahren keine systematischen Messungen in den Verklappungsgebieten.

 

1. Wie bewertet die Kommission die Anreicherung radioaktiver Stoffe aus den Fässern über die Bioakkumulation in der Nahrungskette?

2. Hält die Kommission das gegenwärtige Monitoring-System zur Risikobewertung des versenkten Atommülls für ausreichend, insbesondere was die zeitlichen Abstände betrifft, in denen Monitorings stattfinden?

3. Bei Hurd Deep im Ärmelkanal liegen in ca. 100 m Tiefe Tausende Fässer mit radioaktiven Abfällen. Wie bewertet die Kommission speziell an diesem Standort die Gefahrenlage?

4. Welchen Handlungsbedarf sieht die Kommission an diesem Versenkungsort (Monitoring, Abdeckung, Bergung)?

 

Antwort von Herrn Oettinger im Namen der Kommission vom 17. Juli 2012

 

1. & 2. Der Kommission liegen keine Informationen vor, die eine erhebliche Anreicherung oder Akkumulation radioaktiver Stoffe in der Nahrungsmittelkette belegen.

 

Nach Artikel 35 EURATOM-Vertrag sind die Mitgliedstaaten zur Überwachung (Monitoring) des Radioaktivitätsgehalts der Luft, des Wassers, des Bodens und der Lebensmittel verpflichtet. Es liegt daher in der Verantwortung des betreffenden Mitgliedstaates, in seinen Hoheitsgewässern den Radioaktivitätsgehalt des Meeres, einschließlich der Lebensmittel marinen Ursprungs, zu überwachen. Die Kommission kann die Regelungen und Vorkehrungen der Mitgliedstaaten für diese Überwachung nachprüfen.

 

Abgesehen von auf Kernbrennstoffwiederaufarbeitungsanlagen zurückgehende Freisetzungen von Radioaktivität wurde im Rahmen der von den Mitgliedstaaten durchgeführten Programme zur langfristigen Überwachung keine signifikante Zunahme der Meeres-Radioaktivität in den letzten 30 Jahren festgestellt. Die Kommission hält die derzeitige Frequenz der Überwachungsmaßnahmen für angemessen.

 

3. Nach Angaben eines Berichts des Vereinigten Königreichs über die Radioaktivität in Lebensmitteln und der Umwelt(1) gibt es keine Anhaltspunkte für eine Kontamination der Verklappungsgebiete im Ärmelkanal. Von der Regierung des Vereinigten Königreichs 1990‑2009(2) durchgeführte Langzeitstudien kamen zu dem Schluss, dass etwaige Freisetzungen von Radioaktivität im „Hurd Deep“-Gebiet keine nachweisbaren Auswirkungen auf die Kanalinselgewässer hatten. Die Kommission ist der Auffassung, dass kein erhöhtes Gefahrenrisiko in diesem Gebiet besteht.

 

4. Die einzige gangbare Option ist, die Überwachung (Monitoring) der Verklappungsgebiete fortzuführen. Die beiden anderen von dem Herrn Abgeordneten genannten Optionen würden höchstwahrscheinlich die Freisetzung von Radionukliden beschleunigen.

 

Sollte die Kommission davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Umfang der Plutoniumfreisetzungen erheblich zugenommen hat, wird sie selbstverständlich Nachprüfungen gemäß Artikel 35 des EURATOM-Vertrages vornehmen.

 

(1) Radioactivity in Food and Environment, 2010, RIFE, vom 16.10.2011, Environment Agency, Food Standards Agency, Northern Ireland Environment Agency, Scottish Environment Protection Agency.

(2) Maritime radioactivity in the Channel Islands, 1990-2009, L.M. Hughes, S.M. Runacres und K.S. Leonard.


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