Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atomkraft    21 | 07 | 2008

Nichtoffenlegung von Informationen über das AKW-Projekt im bulgarischen Belene durch die Europäische Kommission

Anfrage vom 21.Juli 2008:
 
Am 7. Dezember 2007 veröffentlichte die Kommission entsprechend den Artikeln 41-44 des Euratom-Vertrags eine Stellungnahme zum AKW-Projekt im bulgarischen Belene. Im Anschluss daran baten zahlreiche NRO um den Text dieser Stellungnahme und das damit in Zusammenhang stehende Material, auf dessen Grundlage die Kommission ihre Stellungnahme verfasst hatte. Diesem Informationsersuchen schlossen sich später Mitglieder des bulgarischen Parlaments, Bürgermeister und Mitglieder der Stadträte im Umkreis des AKW Belene und auch einzelne Bürger an. Die Zustimmung (Artikel 44) der bulgarischen Behörden zur Offenlegung dieser Informationen erfolgte jedoch erst im Mai 2008.
 
In Anbetracht dessen, dass der Offenlegung der erbetenen Informationen rechtlich nichts mehr im Wege steht und der Zugang zu Informationen zu den Grundprinzipien zählt, von denen sich die Union als Ganzes leiten lässt, ergeben sich folgende Fragen an die Kommission:
 
1. Wird die Kommission den bulgarischen Abgeordneten, den lokalen Behörden, den NRO und den Bürgern sämtliche erbetenen Informationen zur Verfügung stellen?

 

2. Ist der Kommission klar, wie wichtig eine öffentliche Überwachung des AKW-Projekts in Belene ist, und würde sie ihre Einstellung gegenüber den bulgarischen Staatsangehörigen und den Unionsbürgern ändern und alle über dieses Projekt verfügbaren Informationen gemäß dem Grundsatz des überwiegenden öffentlichen Interesses weitestmöglich übermitteln?

 

3. Wird die Kommission der bulgarischen Regierung raten, sich bei ihren Vorhaben im Zusammenhang mit der Atomenergie und ihren AKW-Projekten, vor allem aber mit dem AKW Belene der Öffentlichkeit nicht zu verschließen und sich an die EU-Rechtsvorschriften über den Zugang zu Informationen zu halten?
 
Antwort von Herrn Piebalgs im Namen der Kommission:

  

1. Gemäß dem Grundsatz der Transparenz tritt die Kommission dafür ein, dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten größtmögliche Geltung zu verschaffen. Dies entspricht den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001, nach der die Bürger Anspruch auf Zugang zu Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission haben. Die Kommission ist sich über die Bedeutung einer Beteiligung der Öffentlichkeit an der Beschlussfassung über größere Investitionsvorhaben von politischer und strategischer Bedeutung auf EU-Ebene bewusst und hat im Rahmen der Prioritäten des Europäischen Kernenergieforums das Ziel formuliert, die effektivsten Verfahren für eine Verbesserung der objektiven und faktischen Unterrichtung der Öffentlichkeit über alle Aspekte der Kernenergie zu ermitteln und gleichzeitig durch Erhöhung der Transparenz im Wege des Zugangs zu nicht vertraulichen Informationen Vertrauen zu schaffen.

 

2. Bestimmte öffentliche und private Geschäftsinteressen sind durch Ausnahmen geschützt, die in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 ausdrücklich aufgeführt werden. In diesem Fall gilt außerdem Artikel 44 des Euratom-Vertrags. Danach kann zum Standpunkt der Kommission zum Bau eines neuen Kernkraftwerks nur ein beschränkter Zugang gewährt werden. Nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und Artikel 44 Euratom-Vertrag ist die Kommission gehalten, nur solche Teile ihres Standpunktes zu veröffentlichen, die keine technischen Informationen enthalten, die den Interessen des Investors oder des Mitgliedstaates schaden könnten.

 

Da der gemäß Artikel 43 Euratom-Vertrag verabschiedete Standpunkt der Kommission zu Investitionsvorhaben oft technische Informationen oder Daten zu dem betreffenden Investitionsvorhaben enthält, die vom Investor entweder in seiner ursprünglichen Mitteilung oder im späteren Verlauf der Erörterungen geliefert wurden, bleibt die Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaats und des Investors eine unumgängliche Voraussetzung für die Offenlegung solcher Informationen gegenüber Dritten.

 

3.  Im vorliegenden Fall traf die Kommission zwei Maßnahmen:

 

1) Sie veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der die wichtigsten Schritte des Verfahrens zusammengefasst wurden, und
 
2) sie empfahl den bulgarischen Behörden, der Veröffentlichung des Standpunktes der Kommission zuzustimmen.
  
An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass sich die bulgarischen Behörden und der Investor dank der Bemühungen der Kommission sehr offen dafür zeigten, den Zugang zu Informationen über das Investitionsvorhaben in Belene entsprechend der Empfehlung der Kommission auszuweiten.


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